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Disneys Weihnachtsprinzessin VaianaNichtweißer Problemcharakter

Nora Belghaus
Kommentar von Nora Belghaus

Disney hat sich bei der Hauptfigur des Weihnachtsfilms 2016 um politische Korrektheit bemüht. Und ist doch wieder in diverse Fettnäpfchen getreten.

Vaiana ist zwar eine nichtweiße Disney-Prinzessin, aber dennoch nicht polynesisch korrekt Foto: Disney

D ie Titelfigur des diesjährigen Disney-Weihnachtsfilms ist etwas Besonderes – sie ist eine nichtweiße Prinzessin. Vaiana ist 16 Jahre alt und kommt aus der pazifischen Inselregion Polynesien. Selbstbewusst begibt sie sich in einem Boot auf eine Reise über den Ozean, um ihre von ökologischen Gefahren bedrohte Inselgemeinschaft zu retten. Dazu muss sie den Halbgott Maui aufspüren, der einst ein magisches Artefakt stahl, welches neue Inseln und Meere erschaffen kann.

Diesmal wollte Disney alles richtig machen und hat viele Rollen von Schauspieler_innen mit polynesisch kulturellem Hintergrund sprechen lassen. Ein Expertenteam habe sich zudem intensiv mit der Weltanschauung und Mythologie des Archipels auseinandergesetzt, um die Kultur möglichst authentisch abzubilden.

Ein tongaischer Kulturanthropologe ist trotzdem unzufrieden mit dem Ergebnis. Laut Tēvita O. Ka’ili basiere die Kultur auf Dualismen. Das Gegenstück zum Gott Maui, der zweiten Hauptrolle, sei die heroische Göttin Hina und keine kleine Prinzessin namens Vaiana. Die „Disneyfizierung“ polynesischer Sagen finde in dieser Asymmetrie Ausdruck und sei ein kolonialer Akt, in dem kulturelle Narrative und Symbole ihrer ursprünglichen Bedeutung beraubt und simplifiziert würden.

Über den Film und seine Handlung hinaus tappte Disney in ein weiteres Fettnäpfchen. Der Konzern brachte ein Kostüm der Figur Maui auf den US-amerikanischen Markt. Kinder konnten sich damit die tätowierte braune Haut des Gottes überstreifen. Sofort hagelte es Kritik in den sozialen Netzwerken. Disney wurde des „blackfacing“ bezichtigt. Dies geht auf eine im 19. Jahrhundert verbreitete rassistische Darstellungsform im Theater zurück, in der mit schwarzer Farbe angemalte weiße Akteure die Rollen von schwarzen Menschen spielten.

Immerhin eins ist Disney mit Vaiana gelungen. Anders als ihre Vorgängerinnen ist sie keine von Liebeskummer geplagte, schlafende Schönheit, sondern eine sich selbst verwirklichende Kämpfernatur.

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Nora Belghaus
Redakteurin und Reporterin für die wochentaz. Jahrgang 1988, Studium der Sozial- und Kulturanthropologie, Ausbildung an der Reportageschule Zeitenspiegel. Im Ressort der wochentaz zuständig für lange Lesestücke zu Gesellschaft und Politik.
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5 Kommentare

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  • Wer suchet, der findet!

     

    Ich werde das Gefühl nicht los, dass händeringend nach Fehlern gesucht wird.

    Der erste Satz, " Die Titelfigur des diesjährigen Disney-Weihnachtsfilms ist etwas Besonderes – sie ist eine nichtweiße Prinzessin.", impliziert bereits, dass man zwischen schwarz und weiß zu unterscheiden hat.

    Abgesehen davon, dass eine nichtweiße Hautfarbe bei Disney keine Premiere ist (siehe Pocahontas oder Mulan), schafft dieser Satz Raum für Differenzierungen, die den Augen eines Kindes gar nicht ersichtlich gewesen wären.

     

    Wer der Hautfarbe der Protagonistin mehr Beachtung schenkt, als der eigentlichen Handlung, sollte sich an die eigene Nase packen und fragen: Wer ist hier eigentlich der Rassist?

     

    Ich verstehe, dass Feministen wichtig ist, dass Vaiana, die Hauptfigur des Films, eine unabhängige starke Frau verkörpert – und das ist auch richtig so! Aber es wird mal wieder kein Wort über das Bild des Mannes verloren. Maui, die männliche Figur des Films, ist groß und muskelbepackt. Das Kostüm, welches von ihm angefertigt wurde steht zur Diskussion, weil man die Hautfarbe des Charakters übernommen hat und nicht etwa weil das Kostüm mit mit falschen Muskeln aus Schaumstoff versehen ist. Über beides sollte man sich nicht echauffieren, doch letzteres wird mit keinem Wort erwähnt.

    Dieses Kostüm ist mit einem Barbiekleid gleich zu setzen, in dem ein fest verschnürtes Korsett verbaut ist.

     

    Ein Film, über den sich Niemand auf dieser Welt aufregt, wird es hoffentlich nie geben.

  • Herr Tēvita O. Ka’ili hat in einem Anfall von Erleuchtung erkannt: Geschichten werden für Filme angepasst. Genauso wie sie für Bücher angepasst werden. Und wie im Laufe der Zeit Geschichten für Geschichten angepasst wurden.

     

    Das hat nichts mit Kolonialismus zu tun, sondern mit Anpassung an das Publikum. Und sowas hat auch nicht Disney erfunden, das wurde schon vor Jahrtausenden gemacht, siehe die Sintflut in all ihren Adaptionen.

     

    Und ich würde wetten, dass auch die Geschichten um Maui und Hina nicht in Stein gemeißelt vom Himmel fielen.

  • Ich hatte mir neulich das Gesicht schwarz angemalt, um in einer schwarzen Kulisse nicht gesehen zu werden. Mir wurde dann auch Blackfacing vorgeworfen. m(

  • Um korrekte Kritik anzubringen, ist es angebracht die Zielgruppe des Films zu identifizieren. Und die, sind wir ehrlich, ist wohl eher nicht polynesisch.

     

    Das ist simple Unterhaltung, gemischt mit einem Schuss Mythologie anderer Kulturen.

     

    Nichts besonderes und auch nichts, dass einen vom Glauben abfallen lassen müsste. Und nun Kolonialismus ist es schon 2 mal nicht. Und beim Blackfacing wird es völlig absurd. Aber Shitstorms bei Facebook sind so gewöhnlich wie Sonnenschein im Sommer.

  • Nicht das ich den Disneyfilm gucken würde oder jemals einen Weihnachtsfilm gesehen habe. Aber die im Artikel ausgedrückte Meinung zeigt, dass es unmöglich ist allen gerecht zu werden. Ist die Figur weiss, werden andere nicht berücksichtigt. Soll sie eine andere Kultur darstellen, ist es angeeignet. Schläft sie, kämpft sie zu wenig. Kämpft sie, wird sie anderen zu wenig schlafen.

    Ich bin sicher, dass in keinem dieser Filme jemals die Komplexität der Symbole in der Tiefe behandelt wurde. Es wird immer eine Simplifikation sein, sonst wäre es wohl auch kein mehr oder weniger leicht verdaulicher Weihnachtsfilm.