Diskriminierung an Schulen in Berlin: Idealismus trifft Realität

Die meisten Diskriminierungen gehen von LehrerInnen aus. Ein Fachgespräch zur Diskriminierung an Schulen zeigt, dass es an Ressourcen fehlt.

Schüler melden sich in einer Klasse

Diskriminierung an Berliner Schulen geschieht häufig durch LehrerInnen. Derzeit fehlen Ressourcen, um PädagogInnen stärker zu sensibilieren Foto: dpa

Was tun gegen Diskriminierung an Berliner Schulen? Das war die Ausgangsfrage, die am Montagabend auf Einladung der Grünen-Abgeordneten Bettina Jaresch, Sprecherin für Integration und Flucht, und des stellvertretende Fraktionsvorsitzende Sebastian Walter bei einem Fachgespräch verhandelt wurde. Zur Diskussion stand das im Januar publik gemachte Positionspapier für eine Gesamtstrategie gegen Diskriminierung an Berliner Schulen. Unter dem Motto „Empörung reicht nicht“ wird angestrebt, den Schutz gegen Diskriminierung auch an Schulen zu verankern, interne und externe Beschwerdestellen einzurichten und Strukturen zur Prävention zu installieren.

Grundsätzlich begrüßten alle TeilnehmerInnen das Bestreben der Abgeordneten, Dissens herrschte allerdings bei den Vorstellungen zur konkreten Umsetzung: Bildungsstaatssekretär Mark Rackles (SPD) widersprach der Notwendigkeit einer unabhängigen Beratungsstelle, wie sie im Positionspapier gefordert wird: Externe hätten keine Durchgriffsrechte und würden auch nicht die Logik der Schule kennen. Ebenso kritisch äußerte er sich zur angestrebten Melde- und Dokumentationspflicht. Diese könne einen „Naming-, Shaming- und Blaming“-Prozess lostreten und zur Stigmatisierung von Schulen führen.

Marina Chernivsky, Mitglied des Vereins Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland, wies darauf hin, dass „systemische Fehler nur durch systemische Einflüsse behoben werden können“, wofür sie Zustimmung aus der Runde bekam. Das GEW-Vorstandsmitglied Doreen Siebernik wies im Zusammenhang auf einen entscheidenden Schwerpunkt für Diskriminierung an Schulen hin: PädagogInnen seien selbst oftmals diskriminierend, wie auch eine Studie zeige, nach der 67 Prozent der Ungleichbehandlungen im Schuljahr 2016/2017 durch Schulpersonal verübt wurden.

Nur wie kann man LehrerInnen für Diskriminierung besser sensibilisieren? Die Frage legte den neuralgischen Punkt des gesamten Anliegens offen: „Im Moment gibt es keine Ressourcen“, stellte Siebernik nüchtern fest. Es könne auch nicht noch mehr „on top“ auf das ohnehin hohe Pensum der PädagogInnen geschaufelt werden.

Zu wenig Zeit und Personal fürMaßnahmen gegen Diskriminierung

Das kann Schülerausschuss-Mitglied Willy Hanewald selbst bezeugen. Allein in der Einhaltung des normalen Rahmenlehrplans gebe es Engpässe, wie soll da noch Diversity- und Menschenrechtsbildung unterkommen? Rackles findet, die Thematik der Antidiskriminierung gehöre ohnehin in die Ausbildung. Doch auch in den Inhalten des Didaktik-Studiums gibt es derzeit keinen Platz für die Sensibilisierung von diskriminierendem Verhalten.

Das Fachgespräch über wirksamen Strategien gegen Diskriminierung demonstrierte primär die Tragweite der strukturellen Probleme an Berliner Schulen. Sinnvolle Vorschläge wie die Supervision für PädagogInnen zur kritischen Selbstbetrachtung und langfristige Maßnahmen zur Sensibilierung sind in der herben Realität von LehrerInnen-Mangels und Unterfinanzierung schwer umzusetzen.

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