Diether Dehm über Ex-RAFler: „Kein radikaler Scharfmacher“
Der Linken-Bundestagsabgeordnete Diether Dehm rechtfertigt die Beschäftigung des Ex-RAF-Terroristen Christian Klar. Dieser habe seine Strafe verbüßt.
Er habe Klar vor vier oder fünf Jahren auf einer Friedensdemonstration kennengelernt. Weil er gehört habe, dass der Ex-Terrorist als Webdesigner Arbeit suchte, habe er ihm eine Mitarbeit für seinen Verlag und sein Bundestagsbüro angeboten.
Klar sei „ein hervorragender Techniker, den ich nur empfehlen kann“, sagte Dehm weiter. Er habe ihn mehrfach mit in den Bundestag genommen und viele Gespräche mit ihm geführt. Auf Inhalte des Bundestagsnetzwerks habe er keinen Zugriff.
„Klar hat seine Strafe vollständig verbüßt“, sagte der Linken-Abgeordnete. „Ich halte den Gedanken eines ‚Berufsverbots‘ auch für sogenannte Ex-Terroristen mit dem Gedanken der Resozialisierung in einem Rechtsstaat für inkompatibel.“
Schuld abgetragen
Zuvor hatten auch andere Linken-Politiker Klars Tätigkeit bei Dehm mit dem Argument verteidigt, der Ex-Terrorist habe mit der Verbüßung einer 26-jährigen Freiheitsstrafe seine strafrechtliche Schuld abgetragen. Klar war Ende 2008 aus der Haft entlassen worden.
Empört über die Beschäftigung Klars äußerte sich am Wochenende erneut der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Stephan Mayer. Der CSU-Politiker sagte der Passauer Neuen Presse vom Samstag: „Die Beschäftigung eines der schlimmsten Terroristen, die unser Land je erlebt hat, ist eine Verhöhnung der Opfer, aber auch des Deutschen Bundestags und damit unseres Staates insgesamt.“ Mayer hatte den Vorfall bereits am Freitag als „Skandal“ bezeichnet.
Der heute 63-jährige Klar war in den 1970er Jahren einer der führenden Köpfe der zweiten Generation der RAF. 1985 wurde er vom Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart wegen neunfachen Mordes und elffachen Mordversuchs zu sechsmal lebenslanger Haft plus 15 Jahren verurteilt.
Dabei befand ihn das Gericht aller Taten der RAF seit 1977 für schuldig, darunter die Morde an dem damaligen Generalbundesanwalt Siegfried Buback, dem Dresdner-Bank-Vorstandssprecher Jürgen Ponto und an Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Kohleausstieg 2030 in Gefahr
Aus für neue Kraftwerkspläne
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Russlands Nachschub im Ukraine-Krieg
Zu viele Vaterlandshelden