Dieselkompromiss und Parteispenden: Kauft die Autolobby die Regierung?
Linken-Chef Riexinger kritisiert hohe Parteispenden der Autobauer. Und er sieht einen Zusammenhang zur laschen Dieselpolitik.
Nach Angaben der Linkspartei und laut des Parteispendenregisters des Bundestags haben die Autohersteller seit 2015 1,1 Millionen Euro an die Bundestagsparteien – mit Ausnahme der Linkspartei – gespendet. Dazu kommen 2,4 Millionen Euro von Branchen-Arbeitgeberverbänden wie Südwestmetall und den beiden BMW-Großaktionären Susanne Klatten und Stefan Quandt.
Allein im Juli 2018 haben die BMW-Erben 250.000 Euro an die CDU gespendet. Im Mai schenkte die Daimler AG CDU und SPD jeweils 100.000 Euro. Quandt und Klatten halten fast die Hälfte der Aktien von BMW. Zusammen mit dem Unternehmen gehören sie zu den größten Parteispendern in Deutschland. Seit 2000 flossen von BMW und Erben über 9,6 Millionen Euro an Union, FDP, SPD und Grüne.
Beim Dieselkompromiss der Koalition vor einer Woche kamen die Autohersteller um verpflichtende Nachrüstungen herum – das Angebot ist nur freiwillig und gilt nur für Euro-5-Dieselautos. Zuvor hatten die Auto-Konzerne umfassende Nachrüstungen abgelehnt oder an Bedingungen geknüpft.
Machtkartell bei Volkswagen
Beweisen lässt sich indes nicht, dass sich die Autoindustrie politisches Wohlverhalten durch Spenden direkt erkauft; Spenden dürften nur ein Teil der politischen Einflussnahme sein. Als großer Arbeitgeber können die Auto-Hersteller gegenüber der Politik mit dem Verlust von Arbeitsplätzen drohen, um ihre Interessen durchzusetzen. Sogar VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh spielte jüngst via Bild diese Karte.
Auffallend ist auch, dass VW als Hauptverantwortlicher des Diesel-Skandals nicht an Parteien spendet; das Unternehmen konzentriert sich auf Sponsoring. Einfluss hat Volkswagen ohnehin: Bei den Wolfsburgern herrscht eine Art Machtkartell aus Unternehmen, dem Land Niedersachsen als Anteilseigner und der mächtigen IG Metall.
Generell fordert Riexinger ein Verbot von Unternehmensgroßspenden an Parteien, um allein schon den Verdacht der Einflussnahme auszuräumen. Der Linken-Vorsitzende weist auf die ungleiche Finanzkraft zwischen Unternehmen und Umweltverbänden hin: „Wie sähe eine Umweltpolitik aus, die Jahr um Jahr Millionen Spenden von Umwelt- und Klimaschutzverbänden erhält? Die rückwärtsgerichtete Haltung der Regierung in Sachen Verbrennungsmotor und alternativer Mobilitätskonzepte wäre sicher eine andere.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit