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Die WocheWie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Auf dem Kirchentag in Dortmund wurden Vulven gemalt. Und Polizei und Bundeswehr sind laut Friedrich Merz schon zu Teilen bei der AfD.

Kanzlerin Merkel sagte schon 2013, mit ihr werde es die „Ausländermaut“ nicht geben Foto: dpa

t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?

Friedrich Küppersbusch: Die 150-jährige Buche hinterm Haus ist kahl. Dürrestress, das Alter, womöglich Schädlinge.

Und was wird besser in dieser?

Johannistrieb.

Am Sonntag ging der Kirchentag in Dortmund zu Ende. Was bleibt, abgesehen von der wunderbaren Vulven-Malerei?

Scheiden tut weh, doch immerhin konnte man so auch die Bild-Zeitung („Zwischen Gender-Gaga und Gott-Partei“) in die Arche holen. Unsere nicht besonders gut betuchte Stadt war paar Tage besonders gut betucht, die Frömmelkohorten durch allerlei bunte Bänder, Lanyards und hilflose Blicke in Stadtpläne ausreichend kenntlich. Sie hausten wie die Sandalen und wirkten wie die umgängliche Version eines bisher unbekannten, lindgrünen Heimspielgegners des BVB.

In Sachsen-Anhalt denken CDU-Politiker über eine Koalition mit der AfD nach. Ist das nun diese bürgerliche Kraft gegen die AfD, über die AKK sich nach den Bürgermeisterwahlen in Görlitz so gefreut hat?

Ist „denken nach“ nicht ein wenig euphemistisch dafür? „Zunahme brutaler Kriminalität“ und „ungesteuerte Migration“ sind Schemen aus dem entfakteten AfD-Jargon. Der Wunsch, „das Soziale mit dem Nationalen zu versöhnen“, ist inhaltlich unlogisch, Sozialpolitik ist beklagenswert national in Europa. Und rhetorisch klassisch: Erfinde einen Missstand und verkaufe eine Lösung, die niemand braucht. Na ja, oder man liest „national und sozial versöhnen“ in einem CDU-Papier und kotzt direkt. Ob Union und AfD je koalieren, steht dahin. Sicher jedoch: Es perforiert jetzt schon die Autorität der Parteivorsitzenden, die doch eigentlich erst nach drei Klatschen im Osten gefeuert werden soll.

Der Berliner Senat hat vergangenen Dienstag einen Mietendeckel beschlossen und die ganze Stadt war in Schampuslaune. Haben die jetzt tatsächlich mal was richtig gemacht?

Pardauz: die Politik kann handeln! Berliner Mieter können sich als Arbeitsgruppe der Vertriebenenverbände organisieren – da kommt R2G und haut einen raus, der eben noch als undenkbar galt. Ob Landes- und Verfassungsgerichte das durchwinken, ist der Müllergang weniger wichtig als die Geste: Wir tun was. Enthalten das Geständnis, dass Mietpreisbremse und anhängende Bestimmungen nicht wirken und eh keiner versteht, seit Stephen Hawking tot ist. Kompliment von der Börse – die Aktien von Immobilienkonzernen gaben ein paar Prozentpunkte nach. Also Konzerne wie Vonovia, Deutsche Wohnen und ADO, die in diesem Jahrzehnt zwischen 300 und 600 % Kursanstieg mampften.

Der Europäische Gerichtshof hat der Pkw-Maut für Ausländer in Deutschland eine Absage erteilt. Was könnte nun das neue Lieblingsprojekt der CSU werden?

Üben? Ausländerfeindlichkeit ist schlimm; schlimmer ist, wenn man zum Ausländerfeindlichsein auch noch zu blöd ist. Das Monstrum entstand im Landtagswahlkampf 2013 als „Ausländermaut“ und war auch so gemeint. Kanzlerin Merkel beschied im TV-Duell Stefan Raab, mit ihr werde es das nicht geben – im stillen Vertrauen auf die EU-Gesetzgebung, die nun greift. Die CSU-Verkehrsminister Ramsauer, Dobrindt, Schmidt und Scheuer parkten ihr Haus auf der Standspur, während Dieselaffäre, Abgasbetrug, Bahndesaster, marode-Straßen-Ärger, Fluglinienpleiten und Elektromobilität an ihnen vorbeirauschten. Nun ist ihre als Gesetz getarnte Strohhütte abgefackelt, und mehr noch: der schlafende Hund ist wach. Die EU sagt: Maut für alle – gute Idee. Und plant die europaweite Einführung. Die CSU trennt nur noch ein Vollrausch vom neuen Claim – „Maut? Mit uns nicht!“.

Der im Mordfall Lübcke Tatverdächtige Stephan E. war laut Spiegel Online offenbar auf jener Versammlung, auf der Walter Lübcke seinen berühmten Satz sagte. Danach hat er ihn in Chats mit Gleichgesinnten als Volksverräter bezeichnet – sieht so ein Einzeltäter aus?

Bin ich Kripo? Zum Glück nicht, denn Polizei und Bundeswehr sind laut Friedrich Merz schon zu Teilen bei der AfD. Weswegen die Ordnungsmacht „eindeutigen Rückhalt aus der Politik“ brauche. Merz’ Hinweis, dass Ermittler der zu ermittelnden Tat unterdistanziert begegnen, beruhigt nun auch nicht. Andere Frage: Wo steht man, wenn ein hessischer CDU-Amtsträger todgeweiht weit links erscheint?

Und was machen die Borussen?

Verkauften Weltmeister Mats Hummels 2016 für 35 Millionen an Bayern München, holen ihn nun – aus der Nationalelf aussortiert und „für Bayern zu langsam“ – für gerüchtelte 38 Millionen zurück. Ist ja nicht mein Geld.

Fragen: LIY, HDL

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Friedrich Küppersbusch
Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".
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21 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Ein Kueppersbusch ist immer wieder eine gelungene Analyse von Wirtschaft und Politik.



    Hier im Absatz zur Maut.

  • Als FC Bayern-Anhänger möchte man den schwarzgelben Vizefan ob des Dreimillionenfrusts a bisserl trösten: Bei Götze war's umgekehrt...

  • "Frömmelkohorten"



    Was soll die Respektlosigkeit gegenüber Menschen, die in vielen Punkten dieselben Anliegen vertreten wie er, lediglich anders motiviert? Will Herr Küppersbusch sich über "Dummerles" erhaben fühlen? Oder ist es gar (uneingestandener) Neid auf eine Hoffnung, die ihm selber abgeht, weil er für "Gutes" streitet und Kritik an Misständen übt, obwohl seiner Überzeugung nach, letzlich doch alles im "schwarzen Loch" endet und seine Kommentare vergebens sind?

    • @Joba:

      küppwesbusch redet vom anderem anliegen jaja. die renten werden aber auch in zukunft nicht mehr allein von deutschen getragen werden können.

    • @Joba:

      Gegenüber evangelikalen Trumpanhänger*innen könnte mir diese Bezeichnung selber in den Sinn kommen, hilfreich in der theologischen Auseinandersetzung, bei der es auf hermeneutische Argumente ankommt, wäre er dennoch nicht.



      Evangelikale setzen abweichende Ansichten oft mit Unglauben gleich, Herr Küppersbusch anscheinend jeglichen Glauben als Angriff auf seinen Verstand.

      • @Joba:

        wo mensch oder vater zu gott wird gibt es keine religionsfreiheit mehr. sollte privatsache bleiben.

      • @Joba:

        Glauben hat ja auch in der Tat nichts mit Verstand zu tun, kann daher unter gewissen Umständen (glaub ich) durchaus als Angriff eingestuft werden.

        • @Popanek:

          Wie schön lebt sich's mit Pauschalierungen. Glaube ist mit aber auch ohne oder gegen Verstand möglich.



          Verstand wurzelt aber immer in einer Form von Glauben (nicht im christlichen Sinne!)und sei es, dass weiteres Fragen für sinnlos erklärt wird.



          Kleine Lektüreempfehlung:



          Georg Picht, Glauben und Wissen, Einführung Christian Link, [1991], 2. Aufl. 1994



          Das ist der mit der Bildungskrise.

          • @Joba:

            Mist, ich glaube dann habe ich wohl ein Defizit?

          • @Joba:

            glaube bedarf wenigstens mehrerer menschen.

      • @Joba:

        Na Servus - Geht’s noch.^?^ Fein.

        Faß ehrens mal z‘samme:

        Rein tonn katolsch warrn.

        Na Mahlzeit - aber dess kann der Neid -



        Ehna mühelos lassen. Newahr.



        Normal Schonn.

        kurz - Selbst Herr würd sagen:



        ”Wirf 🧠 vom 🌌

        unterm—-klar - Si’cher dat - Is sicher.



        images.app.goo.gl/8gegQhZaiQcoU1uC7

        • @Lowandorder:

          Rein tonn katolsch warrn.

          In gewisser Weise sind Sie das schon, weil Sie Ihre Ansichten (nicht nur bezogen auf Religion) für alleinseligmachend halten.

          • @Joba:

            Ich stimme Ihnen zwar nicht zu, bin aber begeistert, dass Sie den Kommentar Lowandorders verstanden haben. ich grübele immer noch, was das wohl bedeuten mag ... "rein tonn katolsch warrn". Keinen Schimmer. Auch keinen Schimmer, für wen Lowandorder schreibt. Gibt es eine Bezeichnung für seine/ihre Sprache? Und wo kann man sie lernen? Und ist das überhaupt sinnvoll?

            • @Stechpalme:

              Versuch einer Lowandorderanalyse, die eigentlich nur scheitern und weitere Tiraden nach sich ziehen kann:



              Na Servus - Geht’s noch.^?^ Fein.



              Vermutlich regt er sich darüber auf, dass ich Evangelikale und Küppersbusch in einem Satz nenne. Die Gemeinsamkeit besteht lediglich darin, von der eigenen Überzeugung Abweichendes nieder oder lächerlich zu machen, ungeachtet der Tatsache, dass Küppersbusch reflektierter ist als die meisten Evangelikalen.



              Rein tonn katolsch warrn. Rein zum katholisch werden ist in Norddeutschland ein Ausruf, wenn man etwas für "total unterirdisch" ider idiotisch hält, so dass das eigentlich Undenkbare noch besser ist.



              Na Mahlzeit - aber dess kann der Neid -

              Ehna mühelos lassen. Newahr.

              Normal Schonn.

              kurz - Selbst Herr würd sagen:

              ”Wirf 🧠 vom 🌌

              unterm—-klar - Si’cher dat - Is sicher.



              Hiermit wird mir intellektuelle Minderbemittlung attestiert, an deren Besserung er nicht wirklich glaubt.



              Der Link ist allerdings auch mir "zu hoch".



              Der ganze Beitrag ist, wie meistens bei Lowandorder, sehr päpstlich.



              Jetzt habe ich Angst vor der kommeneden "Klatsche" des Meisters, weil ich es gewagt habe......

              • @Joba:

                Vorschlag zur Güte -

                der beigefügte link sagt Ihnen sicher mehr als tausend Worte.

                unterm—-btw & not only -



                Katolen wurden aus gegebenem Anlaß -



                Durchaus auch mal mit dem bleiernen Handtuch abgetrocknet - ok - was her.



                &



                Hera - die Göttermutter - expedierte mal - einen dieser Pfaffen durch die Tür* - der zur Kondelenz etwas von Konkubinat zum Besten gab - aber den sattsam bekannten Deal: Studienkosten



                gegen Kinder katolsch offerierte.

                —*



                Wie genau diese bekannt resolute Dame - die bei eiserner Gesundheit mal locker fast die 102 vollmachte - …



                Darüber schwieg sie wg Details.



                Habe aber mal um die Türzarge gebangt - als ein Vertreter leichtsinnig den Fuß in die Tür gestellt hatte.

                ps Was Sie nun ausgerechnet mit -



                Mr. Bildungskatastrophe vand'erPicht aus Hinterzarten reißen wollen - erschließt sich sicher nicht nur mir nicht. 👺



                Fehlt ja nur dem Ratze sei Fummel.

                kurz - Peinlich & …soweit mal

                • @Lowandorder:

                  Im genannten Buch von Picht geht es um ganz was anderes, es ist nebenbe auch nur eines von vielen zu Glaube versus Wissen/Verstand/Vernunft. Bildungskatastrophe ist nur das, wofür Picht bekannt ist, und nur als Hinweis gedacht.



                  Was die genannte Dame angeht, muss ich noch recherchieren, um Ihr Rätsel zu lösen.

                  • @Joba:

                    Helfe gerne - * 1876 - “…die hat immer Herzelchen zu mir gesagt!“ - ming Dochter & gut 70 - als ich “noch bei Adolf“ - aber schon (vorübergehend) unter den Amerikanern - das saukalte 'knissenhaus' beschallte '…nur Gusche!'

                    • @Lowandorder:

                      Lieber Lowandorder, ich lese ihre Kommentare schon lange nicht mehr. Ab und zu guck ich mal, verstehe sie dann immer noch nicht, und dann ist wieder Ruh' für ein paar Wochen. Meine Frage: Warum geben Sie sich nur dauernd so viel Mühe, die Kommentarspalte zu füllen und gleichzeitig so wenig, die Mitforisten an Ihren Ideen teilhaben zu lassen? Das ist doch irgendwie ein Widerspruch in sich, oder nicht?

                      • @Stechpalme:

                        Mühe? Ach was!

                        “Allen zu gefallen - ist unmöglich“ *

                        unterm—an miin Wech to Schaul - 🎭



                        images.app.goo.gl/KbWLUPREKe3X6vQCA



                        &



                        tazelwurm.de/avant-propos/ 👺

                        • @Lowandorder:

                          Kijk, man, ik begrijp gewoon niet wat je wilt zeggen. Jij ook niet? Waarom leer je dan geen nederlands, zo simpel is het? Ju hoeft me ook niet te bevallen, alleen uitdrukken zodat ik begrijp wat je zegt dat zal al een duidelijke verbetering zijn. Of ben je zo verliefd op jezelf dat je ervan uitgaat dat iedereen jouw eenmanstaal gat leren? Denk niet dat dat gaat gebeuren. Althans temnisten niet voor je begint mijn taal te leren.

                          • @Stechpalme:

                            Kanitverstan* - but - ik snakk platt -

                            unterm—-* that‘s a lie - & uit 😈



                            (mei name is in nederlands historisch häufiger as hii. Liggers.)