piwik no script img

Die WocheWie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Verteidigungsminister Thomas de Maizière steckt in der Pubertätskrise und Steuersünder Uli Hoeneß bleibt uns erhalten.

Macht eine späte Pubertät durch: Thomas de Maizière. Bild: dpa

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?

Friedrich Küppersbusch: Angela Merkel möchte keinen Mindestlohn. Na ja, wer möchte den schon.

Was wird besser in dieser?

Hoeneß wollte nicht vor dem CL-Finale zurücktreten. Die Woche fängt gut an.

Thomas de Maizière erlebt mit der Drohne „Euro Hawk“ sein politisches Waterloo. Braucht Deutschland die Dinger überhaupt?

Ja klar, für verfassungswidrige Angriffskriege sind die Dinger doch wie gemacht. Technisch taugen sie zur Kernaufgabe der Bundeswehr – Landesverteidigung – genau gar nicht. Es sei denn, Merkel wollte Baden-Baden unauffällig von einzelnen Russen befreien. Wogegen man damit gut Leute am Arsch der Welt umbringen kann, ohne ihnen vorher den Krieg zu erklären oder überhaupt sich als Angreifer erkennen zu geben. So was wie Terror ohne Bekennervideo.

taz
Im Interview: Friedrich Küppersbusch

ist Journalist und Fernsehproduzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt.

Das allerdings liegt vor – de Maiziere erklärte im Januar im Parlament, die Deutschen seien noch mit der Postkutsche unterwegs, während die anderen Züge bauten. Und: Wer die Drohne nicht wolle, erhöhe zynisch das Risiko für die eigenen Soldaten. Genau das – Soldaten, die im Ernstfall ein unmoralisches Kriegshandeln ablehnen – hieß bei uns mal „Konzept des Bürgers in Uniform“. Miterfunden von de Maizières Vater Ulrich. Nun haut der Sohn es um. Pubertätskrisen sind grausam, auch mit 59.

Die SPD ist 150 Jahre alt geworden. Die Vergangenheit wurde ausgiebig beleuchtet. Wie steht es aber um die Zukunft der Partei?

Hängt von der Vergangenheit ab. Und da hat die SPD ja die große Auswahl. Der Bebel-Kurs, die Industrialisierung sozialer zu gestalten, hängt ein bisschen davon ab, ob auch noch genug Industrie da ist. An die glauben die Sozis wie sonst keiner mehr in Deutschland. Die Lassallianer hingegen suchten nach Formen wie Genossenschaften, Großmanufakturen – Produktionsmittel in Arbeiterhand.

Start-upper, Gründer, Unternehmer aus Not und Netzwerke mit ohne Hierarchie finden heute eher Gehör bei der CDU, produzieren oft im grünen Milieu, sind der FDP Ausrede für keine Sozialpolitik. Das Angebot der SPD an Kapitalbeteiligung für Belegschaften, Selbstorganisation von Belegschaften hingegen ist ein Fiasko. Die Erde ist eine Kugel, und wenn man sehr weit nach vorne guckt, muss man keine Angst haben: Man sieht seinen eigenen Rücken. Hingucken.

In London töteten zwei Männer einen Soldaten. Die Bilder der Handykameras gingen um die Welt. Was ist so faszinierend an diesem Material?

Der nach unten eskalierende Wettlauf, wer der erste Depp ist, der auch das noch herzeigt. Da ist das WWW der finale Dammbruch, und natürlich jeder Kampf dagegen Don Quichotte gegen den mechanischen Webstuhl, Maschinensturm. Ein Teil des Thrills ist also die Tabuverletzung, es neuerdings unredigiert sehen zu können oder zu müssen.

Am Freitag ist die erste deutsche Flipperweltmeisterschaft. Bruce Springsteen und Neil Young kommen auf Tour. Ist so viel Retro noch gesund?

Mir fehlt heute das harte Metall-auf-Holz-Klackgeräusch, mit dem ein Freispiel gegeben wurde – wenn ich die durchschnittliche Lebenserwartung überschreiten sollte, möchte ich das jeden morgen beim Wachwerden hören. Und natürlich „tilt“ wenn irgendwo die Hackfresse von Franck Ribery auftaucht.

Am Mittwoch heiraten in Frankreich erstmals zwei Männer, ein Rechtsnationaler erschoss sich wegen der Homo-Ehe, Hunderttausende demonstrieren gegen die Homo-Ehe. Woher diese Intoleranz?

Erst mal Respekt vor der Süddeutschen: Sie bringt den Selbstmord nur mit einem Hinweis auf eine Hotline für Suizidgefährdete, weil sie durch Berichterstattung nicht Nachahmer stimulieren will. Und damit ist das Thema da, wo es hingehört: psychische Katastrophe, das hat nichts mit Politik zu tun.

Der WDR wählt am Dienstag einen neuen Intendanten. Ein Kandidat ist Tom Buhrow. Das war’s dann endgültig für den „Rotfunk“, oder?

Das war schon ’ne Schimäre, als ich da war, und das ist 20 Jahre her. War doof, von außen und rechts immer als „Rotfunk“ bepöbelt zu werde und drinnen zu sitzen und zu denken „Schön wär’s“.

Was machen die Borussen?

Philipp Lahm fiebert von „klar besseren Bayern“, Hoeness bepöbelt die Schiedsrichter, und nächstes Jahr kaufen sie den Stadionsprecher und Dortmund-Hörde. Das alles hat uns diese wunderbare, herzliche Dortmunder Mannschaft erspart. So geht Gewinnen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • FD
    Frank Dietz

    Ziemlich unzweideutig daneben, das mit der "Hackfresse".

     

    Halbwegs sicher wäre Ribery auch ohne den Autounfall in seiner Kindheit keine Schönheit geworden, und am allerwenigsten kann man was dagegen haben, dass ein teuer bezahlter Bayernspieler sich auch Hohn und Spott aussetzt, aber es darf nicht in diese Richtung gehen.

     

    Glaube auch nicht, dass es Absicht war, aber die Narben gehören nicht in den noch so weit gefassten Kreis Satire, sondern sind eine dumpfbackige persönliche Degradierung, zu welcher sich Küppersbusch definitiv erklärend einlassen muss.

     

    Glaube und hoffe, er macht das auch bald. Kann mal passieren, ist man rundum überall von "political correctness" eingekreist. Mit der Hackfresse von Mario Mandžukić gäbe es aus meiner Sicht z.B. gar kein Problem. Oder Robben? Oder kommt bei diesem doch die Solidarität unter Glatzköpfen zum tragen?

  • I
    inflexible

    Früher war Küppersbusch witzig. Unterm Strich wirken seine etwas wirren Ausführungen aber wie ein permanenter Strömungsabriss für die dünne Luft unter seinen Aussageschwingen. Ribery ist für mich seit seiner Heulsuseneinlage im Pokal-Viertelfinale 2008 der Bräbäbrää, er hätte rot kriegen dürfen, aber er ist keine "Hackfresse." Drohnen - warum nicht? Bisher hat mich kein Gegenargument wirklich überzeugt. @ Sire: wie Sie "Lokalblättchen" schreiben, klingt das nach Muff und Dorf. Keine Unterstellung, aber urbane Arroganz ist auch kein Allheilmittel.

  • S
    Sire

    Mir hat's gefallen, scharfsinnig und auf den Punkt gebracht. Im Lokalblättchen konnte ein Leserbriefschreiber die Diskussion um die Drohnen nicht verstehen, die Dinger würden doch ohnehin im Ausland eingesetzt. Na dann...

  • R
    Rainer

    Ganz schwach, Herr Küppersbusch, ganz schwach. Nach all dem Gut-gegen-Böse-Vorspiel der vergangenen Wochen musste man ja damit rechnen, dass der einzige börsennotierte "Arbeiterverein" (Klopp im Guardian) kein guter Verlierer sein würde, doch was Sie hier auspacken, ist primitiv und niveaulos.

     

    Aber Sie schaffen´s tatsächlich in die unterste Schublade, indem Sie freien und unabhängigen Journalismus dergestalt ausleben, dass Sie die Gegenseite beleidigen. Das ist Borussenstil, wie man ihn kennt, dass diesem auch in der taz ein prominentes Forum geboten wird, enttäuscht. Aber sollte das Schule machen, warum eigentlich nur bei Menschen mit Narben im Gesicht? ("Hackfresse") - Prima eignen sich doch z. B. auch Kriterien wie Hautfarbe, Geschlecht oder Religion. Dann dürfen Sie bei der nächsten Auswärtsfahrt sicher auch im Bus der Borussenfront mitfahren.

  • J
    JoHnny

    25.05.13: "1:2"

     

    werter bvb-infizierter küppersbusch,

     

    oben der amtsaffine steuerhinterzieher

    und unten dürfen regelwidrig 11 statt 9 bayern

    das spiel beenden;

    und dann gratuliert die "enttäuschte" kanzlerin

    dem präsidialen steuerstraftäter!

    unfaßbar... m f g

     

    p.s.: warum darf herr hoeneß trotz fluchtgefahr

    ins ausland? situatives privileg?

  • D
    drui

    Hätte Herr Küppersbusch es gerne, wenn er in seiner Jugend einen schweren Unfall mit heftigen Gesichtsverletzungen gehabt hätte und ihn nun sein Leben lang irgendwelche Arschlöcher in aller Öffentlichkeit Hackfresse nennen? Manchmal könnte man auch nachdenken, um keine Scheiße zu labern und womöglich mit einem Rechtsradikalen aus der Borussenfront verwechselt zu werden.

  • R
    ridicule

    Ge-nau

     

    Drohnen-Thomas umtaufen in

    Noch-schöner-Töten-Thomas

     

    That's it

     

    Und Hackfresse Ribery?

    Jeder, der mal Straßenfußball gespielt hat, hätte nicht nur ihn, sondern auch

    Dante vom Platz gestellt;

    Sprung in den Mann mit Tritt in den Unterleib - und die Feinmotorik ist für den Rest des Spiels im Eimer.

    Unverständlich immer wieder zu beobachten, grad bei arrivierten Spielern wird kontraproduktiv dem fairen Spiel ein Bärendienst erwiesen

    und nicht vom Platz gestellt.

    Würde auch bei spielentscheidenden Spielern konsequent der rote Karton gezogen, wäre schnell Ende im Gelände mit solchen Fouls.

  • G
    Gamrith

    Ich höre mir normalerweise die Kommentare von Küppersbusch gerne an oder lese sie und kann über die launigen Quips auch durchaus schmunzeln, aber das Geseire zum Thema Drohne war leider massiv unterirdisch.

     

    Man hatte das Gefühl, dass er aus billigen Versatzstückchen aus der uninformierten Gutmenschen-Mottenkiste zusammengekliert worden war, um so ein wenig zu übertünchen, dass man sich mit dem Ausgangsstoff nun wirklich garnicht auseinandergesetzt hat und das man seine Recherchearbeit zugunsten allfälliger, herumwabernder Klischees garnicht erst aufgenommen hat.

     

    Drohnen gibt es in der Bundeswehr seit den 70er Jahren und keine von ihnen war ein "Killerwerkzeug", wie händeringend beschworen.

     

    Euro Hawk und Global Hawk sind keine Waffenplattformen, ihre Rolle ist im weitesten Sinne mit der des Aufklärungsflugzeugs U2 zu vergleichen. Ob die Bundeswehr im Rahmen der Asymmetrischen Kriegsführung sowas braucht, kann diskutiert werden. Der Kommentar hat haber damit überhaupt nichts zur tun gehabt.

     

    Der wahre Skandal dieser Affäre steckt vielmehr darin, dass wieder einmal die Bundeswehr gezeigt hat, dass sie nicht beschaffen kann, dass sie unfähig ist, Projekte durchzuführen und dass sie auch noch die Frechheit hat, die parlamentarischen und verwaltungsrechtlichen Aufsichtsinstanzen fehlzuinformieren.

     

    Aber "verfassungswidrige Angriffskriege", "Pubertätskrisen", "Terror ohne Bekennervideo" und was der gleichen noch mehr sind, boshemoi! Geht es vielleicht ein wenig kleiner und weniger bemüht und künstlich aufgeregt? Und vielleicht ein wenig informierter?