Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Kriegsverweigerer, Zauberlehrlinge im Verfassungsschutz und in Berlin gab es den ersten Ebola-Verdacht. Und dazu noch eine viel zu lange Frage.
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?
Friedrich Küpperbusch: Vor genau neun Monaten schlug die Ukraine vor, eine Dreierkommission mit der EU und der Russischen Föderation zu bilden, um gemeinsame Wege für die Zukunft zu finden.
Und was wird besser in dieser?
Irgendein Putzmensch im Außenamt findet das Dekret und legt es wem auf den Tisch.
Ein Berlin gab es den ersten vermuteten Ebola-Fall, der sich jedoch „nur“ als Malaria erwiesen hat. Glück gehabt, oder?
Das DRK beziffert die Zahl der Malaria-Todesopfer auf „fast eine Million jährlich“ und bittet um Spenden für Moskitonetze. Klingt nicht besser als Ebola.
Die Waffenlieferung an die Kurden bricht mit der bisherigen deutschen Außenpolitik. Wie lange dauert es noch, bis Deutschland regelmäßig Soldaten in Krisengebiete schickt?
Es war ein langer Weg – von den machtvollen Kriegsdemos der 80er, wo wir Ostschleimer Brandt ausgebuht haben und die Nato-Nachrüstung forderten – bis heute, da unser Kampfruf endlich Regierungspolitik wird: „Deutsche Waffen, deutsches Geld morden mit in aller Welt!“ Millionen unterschrieben den „Krefelder Appell“ der IG Metall („Panzer schaffen Arbeitsplätze“). Kurz: Wir erklären dies bescheidene, untergegangene Bundesdeutschland für beendet. Und wer die Nachkriegslehren der Friedfertigkeit nicht aufgeben mag, bildet das Personal für die Heimatvertriebenenverbände der Zukunft.
Wir Älteren fremdeln mit diesem neuen Deutschland. Die Nation hat sich in eine permanente Kriegsdienstverweigerungsverhandlung manövriert. Wer nicht schießt, riskiert Gräuel und ist ein bigotter Moralapostel. Klar, Notwehr kann moralisch geboten sein. Notfrieden dann allerdings auch und vorher und umso mehr. Doch davor haben die Neudeutschen noch mehr Angst als vor Waffenexport: „Es geht jetzt nicht darum, Flüchtlinge aus dem Irak nach Deutschland zu holen.“ Innenminister de Maizière, BamS.
Der NSU-Untersuchungsbericht aus Thüringen ist da. Fazit: Die Behörden haben versagt, die Mordserie hätte verhindert werden können. Und nun?
Liegt als vierter der Hessische Untersuchungsausschuss an; er bringt als besonderen Leckerbissen den Mord im Kasseler Internetcafé in persönlicher Anwesenheit eines Verfassungsschützers. Dahinter mag die „Zauberlehrling“- Befürchtung ahnbar werden: Verfassungsschützer hielten rechte Mörder für „führbar“ und glitten von Mitwissen in Mittäterschaft. Das brächte Aufschluss für die Arbeit der Dienste: Rechter Terror wird nicht besser, wenn Dienststellen sich an dem Irrtum besaufen, sie hätten die Szene im Griff. Die Untersuchungsberichte können herausarbeiten, dass es keine Alternative zur Nulltoleranz gibt. Könnten.
Beim Spiegel ist die Hölle los. Wolfgang Büchner droht, alle Ressortleiterstellen neu zu besetzen. Bleibt so was Chefredakteur?
Beim Stern nicht, beim Spiegel: Mal sehen. Büchners Plan, die Ressortleitungen mit gleichberechtigten Print- und Online-Chefs zu besetzen, respektiert die Erfahrung, dass Beideskönner oft beides schlechter können. In den letzten dreißig Jahren gab es ein Dutzend Wellen von „Bi“- und später „Trimedialität“ auch in Rundfunkhäusern. Man sollte Radio-O-Töne machen, das Gleiche fürs Fernsehen drehen und dann noch fürs Netz aufbereiten. Es endete jedes Mal mit Experten für je ein Medium. Nun steht Print in so einem Wandel, und gerade wenn es um Qualität geht, gewinnt die Leidenschaft des Fachmenschen vor dem Halbwissen der Generalisten. Also, jenseits von arbeitsrechtlichen und Stilfragen: Klingt plausibel.
Die Lage in Ferguson scheint sich zu beruhigen, die Nationalgarde wurde abgezogen. Wie findet man dort jetzt zur Normalität zurück?
Die Normalität: eine für HipHopper, Schönheitsköniginnen und Baseballstars überwindbare Kastengesellschaft. Wer will dahin zurück? Ferguson ist lediglich ein Problem für die, die sich mal einen farbigen Präsidenten gönnen, damit nicht ständig von Rassismus geredet wird.
Twitter wird „facebookisiert“. Die Timeline listet nun für den Nutzer vermeintlich relevante Inhalte automatisch und dauerhaft ohne die Zustimmung des Nutzers. Schießt sich die Kommunikationsplattform damit nicht ins eigene Bein?
Diese Frage hat 229 Zeichen! Das versteht doch wieder keine Sau!
Und was machen die Borussen?
Das „Nullneun“ im Namen hat seit Samstag einen durchaus gastfreundlichen Beiklang. Ich erwäge, aus Protest gegen das 9-Sekunden-Tor der Leverkusener kein Aspirin zu nehmen.
(FRAGEN: DG, MLA)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen