Die Wahrheit: Mit dem Bergdoktor im Bett
Der Februar ist der Monat der Krankheiten und des Fernsehens und der Paarwettbewerbe auf dem Sofa, wer schöner leidet in Vollendung.
E inen Kalender brauche ich nicht mehr, um zu wissen, wann Februar ist: Der Monat ist angebrochen, wenn der Hals kratzt und das Fieber steigt. Eine gute Strategie für Paare ist, abwechselnd zu erkranken. So kann ich den Liebsten samt seiner Männergrippe erst verhöhnen und dabei unter großem Getöse alle Haushaltspflichten allein übernehmen, bevor ich mich mit einem leichten Schnupfen tagelang ins Bett zurückziehe, um mich rund um die Uhr verwöhnen zu lassen. Wobei ich mir alle Kommentare verbitte.
Diesmal kam es anders; ich glaube, es liegt an der Weltlage. Kaum stimmt die CDU mit der AfD, schon synchronisieren sich daheim ebenfalls die Mächte des Bösen, in diesem Fall die Schwächen unserer Immunsysteme. Statt dass Friedrich Merz die Pestilenz, die er im Kopf hat, zur Strafe am ganzen Körper verspürt, bricht hier irgendwas aus, das den Liebsten und mich gleichzeitig ans Lager fesselt.
Im Stil der neuen Zeit lieben wir den Konkurrenzkampf und zanken uns um die beste Sofaposition und den letzten Schluck Hustensaft. Nichts davon bringt uns weiter. Spaß an der Arbeit, wie von führenden CDU-Hanseln empfohlen, haben wir auch nicht mehr. Am Anfang werfe ich mich zwar noch in die Schlacht gegen Berge von Bügelwäsche, um ein paar Gewissenspunkte abzuzocken und in die Sofa-Challenge einzubringen, aber bald gucke ich vor Schwäche doch nur „Bergdoktor“ im Bett wie in jedem Februar. In dieser Serie geht es stets um abwegige Krankheiten mit dramatischen Verläufen, bei denen der Doktor stiekum zum Hausbesuch erscheint, ohne nach der Privat- oder Wahlversicherung zu fragen. Sehr tröstlich.
In der aktuellen Staffel kommt eine Patientin namens „Frau Fischer“ und tatsächlich eine Malaise vor, die ich habe. Ein Zeichen! Aber dann höre ich in den Outtakes, dass der eigentlich recht erfahrene Schauspieler – die Serie läuft seit 100 Jahren – sie leider nicht richtig aussprechen kann. Hashimoto Thyreoiditis! Wo ist das Problem? Wir Betroffenen nennen das übrigens zärtlich Hashi.
Eines Tages werde ich dem Bergdoktor gegenübersitzen, leidend, und er wird sagen: „Sie haben Hashi … Hishi … oder so was.“ Allerdings bin ich wegen dieser Erkrankung noch nie ins Koma gefallen, wie die Patientin in der Serie. Stattdessen schaffe ich es sogar, recht alert auf das Sofa zuzusteuern, während der Liebste sich einen Tee holt.
„Guck mal, Deine Jeanstaschen haben sich schon im Stoff abgedrückt; fast wie beim Grabtuch Christi!“, flüstere ich. „Soll ich den Abdruck küssen? Heilt das?“ – „Das wird von führenden Influenza-Influencern empfohlen“, antwortet der Liebste. Dann kichern wir hysterisch, weil unsere Viren nicht nur schädlich für die Atemwege sind, sondern auch für den Verstand. Neuere Studien belegen, dass Wortspiele ein Hashi-Koma nach sich ziehen. Ich hoffe, es hält bis nach der Bundestagswahl an – oder gleich die nächsten vier Jahre.
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