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Die WahrheitNur ein winziger Schluck Whiskey

Das größte Geschäft aller Zeiten verspricht die Idee, teure Artikel in kleinen Portionen zu maßlos überteuerten Preisen anzubieten.

I ch habe eine neue Geschäftsidee. Ich werde Zigaretten in Großpackungen kaufen, sie in hübsche, bunte Schächtelchen à vier Kippen umpacken und sie überteuert verkaufen.

Auf die Idee bin ich durch die irische Webseite „Tiny Tipple“ gekommen, die auf Facebook Werbung geschaltet hatte. Dieser Versandladen für alkoholhaltige Getränke existiert seit 1965. Neuerdings geben sie sich als Wohltäter: „Wollten Sie schon einmal eine teure Flasche Whiskey probieren, konnten aber den Preis nicht rechtfertigen? Bei Tiny Tipple haben Sie die Möglichkeit, Premium-Spirituosen aus aller Welt zu einem Bruchteil des Preises zu probieren.“

Für diesen Bruchteil bekommt man aber nur den Bruchteil einer Flasche. „Genießen Sie eine 50-Milliliter-Miniaturflasche“, heißt es in der Reklame, „die sorgfältig von Hand abgefüllt und mit Wachs versiegelt wurde, ganz bequem bei sich zu Hause.“ So kostet ein Schlückchen der „Gold Spot 13 Year Old Generation Edition“ 19 Euro. Rechnet man das auf eine Normalflasche um, so kommen 266 Euro zusammen. Im Laden kostet die Flasche aber nur 150 Euro. Macht mehr als 110 Euro Gewinn, wenn man die Kosten für die Winzflasche und das Wachs abzieht.

Dann kommen noch die Versandkosten hinzu. Wer das Pech hat, in England zu wohnen, muss 20 Euro Porto drauflegen. In Länder der Europäischen Union kostet es 30, in die USA sogar 50 Euro. Dafür wird das Fläschchen aber diskret verpackt, obwohl man bei der Menge kaum in den Verdacht gerät, ein Alkoholiker zu sein.

Was mit Whiskey funktioniert, klappt auch mit Zigaretten. Früher gab es P4, es war die erste Filterzigarette, die 1956 auf den deutschen Markt kam, und sie wurde in Pappschachteln mit vier Zigaretten verkauft. Gegenüber dem Haus, in dem ich in Berlin-Wilmersdorf aufgewachsen bin, gab es einen Posthof, wo Kabeltrommeln gelagert wurden. Manchmal baten die Arbeiter uns Kinder, zum Tabakladen zu laufen und eine Schachtel P4 zu kaufen. Dafür bekamen wir einen Pfennig oder auch zwei Pfennige, für die wir ein oder zwei Zündplätzchen kauften.

Es war damals kein Problem für Achtjährige, Kippen zu kaufen. Inzwischen ist das anders. In Irland ist gerade ein Gesetz verabschiedet worden, das den Zigarettenverkauf an unter 21-Jährige verbietet. Und in England dürfen Menschen, die nach 2009 geboren sind, nie in ihrem Leben Tabakwaren erwerben – auch später nicht, wenn sie erwachsen sind.

Das ist meine Chance. Eine Schachtel mit 20 Zigaretten kostet in Irland zurzeit 16,35 Euro. Das macht rund 82 Cent pro Kippe. Wenn ich vier Stück in eine hübsche Schachtel packe und sie für fünf Euro verkaufe, mache ich nach Abzug der Kosten acht Euro Gewinn. Theoretisch. Wahrscheinlich verliere ich eher Geld, denn sind Kippen im Haus, rauche ich sie in Nullkommanix weg. Wohl doch keine so gute Geschäftsidee, wenn ich es recht überlege.

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Ralf Sotscheck
Korrespondent Irland/GB
Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net
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4 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Mich wundert, daß sich der Autor wundert. Kleine Mengen sind immer teurer, selbst 1 Liter Wandfarbe ist unverhältnismäßig teuer, wenn Sie ihn nachkaufen müssen weil der 20-Liter-Kübel doch nicht ganz gereicht hat.

    Auch die Whiskybrennereien selbst langen bei Miniaturen ganz schön hin, vergleichen Sie z.B. für Ardbeg 10 den Preis einer 0,7-Liter-Flasche mit dem eines 0,05er Fläschchens. Das ist nichts Neues, das ist seit Jahrzehnten so.

    Eine gute Gelegenheit mal Teures zu probieren bietet sich auf Whiskymessen. Dort gibt es häufig Kleinportionen zu anständigen Preisen, manchmal fast zum anteiligen Flaschenpreis. Beispiel: 0,02 Bowmore 25Years für 8,--€ bei einem damaligen Flaschenpreis von ca. 300,--€. Aufgeteilt auf mehrere Proben amortisiert sich auch der Eintrittspreis recht schnell. Berücksichtigen muss man natürlich, daß gerade kleinere Händler ihre Unkosten mit einrechnen müssen (Standgebühr, Personalkosten), trotzdem ist der Preis meist auch da noch günstig.

    Bei Kleinanfüllungen durch unabhängige Versender (wie im Text genannt) ist neben dem Preis für das Material (Fläschchen etc.) auch ein gewisser Zeitaufwand zu berücksichtigen. Niemand arbeitet umsonst.

  • Es gibt im Internet eine sehr lebendige Subkultur von Whiskyfreunden, die zum Selbstkostenpreis Flaschen teilen.

  • Wir sind durch (c) TOM auf dem rauchenden Laufenden.

    Noch "besser": Kippen an die weiterverkaufen, die es selbst nicht dürfen.

    Bei Whisky verstehe ich es insofern, dass man mal probieren will und dafür aber keine Buddel runterkippen muss oder will (oder auch keinen riesigen ähnlich interessierten Freundeskreis hat).



    Solche Margen müssen dabei natürlich nicht sein.

  • Tiny Tipple - Bruchteile einer Flasche rechtfertigen für so ein Schlückchen nicht mal ein ehrliches



    PRÖSTERCHEN...

    Na und der Qualm in der Bude - da schweigt des Sängers Höflichkeit...