piwik no script img

Die WahrheitSchnorcheln im Duett

Wie schnarcht es sich eigentlich auf Westfälisch? Jedenfalls ist es nicht leicht zu Zweit im Bett, wenn es unter Westfalen laut und lauter zugeht.

E in Lob dem Schlaf. Es gibt nichts Schöneres. Jedenfalls für mich. Und ich kann das gut. Ich kann super schlafen. Wenn man schlafen hauptberuflich machen könnte, ich hätte mir da was gesucht. Heutige Jugendliche nennt man ja gern „IMM“, weil sie immer „Irgendwas mit Medien“ machen möchten. Ich wäre dann ein „IMS“. Beruf: „Irgendwas mit Schlafen.“

Ich kann eigentlich überall, im Grunde auch jederzeit, einpennen. Ein Talent, das nicht viele haben und das auch nicht immer geschätzt wird. Meine Freundin zum Beispiel möchte am liebsten, dass ich nach ihr einschlafe. Damit sie mein Schnarchen nicht hört und selbst einschlafen kann. Angeblich schnarche ich sogar laut. Sie schnarcht übrigens auch, aber erstens sage ich ihr das nicht oder fast nie, und dann schnarcht sie auch sehr leise.

Ich weiß auch gar nicht, warum und wie ich das mache. Es schnarcht in mir ohne mein Zutun. Wenn ich abnehmen würde, sagt sie, würde ich vielleicht weniger schnarchen. Wenn ich abnehmen soll, muss ich aber mehr Sport machen, dann bin ich erschöpft und schlafe noch schneller ein.

Jedenfalls finde ich es total süß, wenn sie schnarcht und dass ich so tolerant sein kann, bei ihrem Schnarchen. Auch wenn sie nun nach zwölf Jahren mitunter etwas verzweifelt ist, wenn ich sie schon wieder eine komplette Nacht gekostet habe. Zum Glück hält sie Schnarchmasken für genauso grauenhaft wie ich. Mit dieser Maske und ihrem Rüssel sieht jeder aus wie Benjamin Blümchen. Zwar bekommt man dann genug Sauerstoff, schnarcht aber trotzdem.

Auf die Seite legen hilft allerdings auch nicht. Mein Körper hat den Trick bemerkt und schnarcht auch auf der Seite. Und ich ratze weiter, weil eben nur wenige so gut schlafen wie ich. Außer sie weckt mich, weil ich zu laut vor mich hin schnorchle.

Man selber hört das ja nicht. Oder nur selten. Obwohl ich mich auch schon mal dabei gehört habe. Ich war dann aber sehr durcheinander, denn wenn man sein eigenes Schnarchen hört, ist das doch eigentlich der Beweis, dass man noch gar nicht richtig geschlafen hat, oder?

Sie ist Niedersächsin, das macht es noch mal schwerer. Ostwestfalen reden wenig. Wenn aber jemand anderes quasselt, hören wir auch weniger hin als andere. Eine Ostwestfälin würde von meinem Schnarchen viel weniger hören.

Wenn sie schlafen will, ich aber noch wach bleiben soll, müsste ich noch etwas lesen. Wenn ich aber noch etwas lese, kann sie nicht einschlafen, das ist ihr zu hell. Aber wenn ich nicht lese, damit sie einschlafen kann, schlafe ich meistens viel schneller ein als sie, weil ich ja nichts lese. Es kann außerdem sein, dass ich auch mit einem Buch schneller einschlafe. Manchmal ratze ich sogar mit dem Buch in den Händen über mir weg.

Es gibt nicht viel, bei dem ich derartige Kompetenzen und so wenig Defizite habe. Besonders schwierig ist es aber, ein Talent, das man hat, nicht einzusetzen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Bernd Gieseking
Der Kabarettist und Autor Bernd Gieseking steht seit über zwanzig Jahren auf der Bühne. Er schreibt Kolumnen für die »Wahrheit«-Seite der »taz«, Kinderhörspiele für den WDR Hörfunk sowie Bücher – und die am liebsten über Finnland: »Finne Dich Selbst!« und »Das kuriose Finnland-Buch«, alle erschienen im Fischer Verlag. Wenn er nicht schreibt, dann tourt er mit seinen Kabarettprogrammen »Gefühlte Dreißig«, »Finne Dich Selbst!« sowie - jeweils in den Wintermonaten - mit seinem alljährlichen satirischen Jahresrückblick »Ab dafür!« durch die Republik.
Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Eine feine Geschichte über die Liebe die Grenzen überwindet und ein wahrlich beneidenswertes Talent. Fein.

  • Oh, Herr Gieseking - Bruder im Schlaf 💤💤💤

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

      Wo alles anfing: www.youtube.com/watch?v=Q8KMgybCMKI