Die Wahrheit: Sisis Ritzenschlüpper
Unser Autorin ist die bedeutendste Edelfrauenwäschesammlerin. Über ihre Fetischsammlung und die Unterwäsche der Kaiserin.
F alls Sie sich gefragt haben, wer vorgestern im bayerischen Auktionshaus „Hermann Historica“ die Unterwäsche von Kaiserin Sisi ersteigert hat („3.800 Euro für ein Unterleibchen samt Wickelbeinkleid aus feinem weißen Leinen sowie ein Paar lange Baumwollstrümpfe, zum ersten, zum zweiten und – verkauft! An die Dame mit dem triumphierenden Grinsen!“): Das war ich.
Ich versuche gerade, mir einen Edelfrauen-Wäschefetisch zu züchten. Und da ich bereits ein zerlumptes blaues Stück Stoff besitze, von dem ich sicher bin, dass es einst zum Hosenbandorden („The Most Noble Order of the Garter“) von Philippa d’Avesnes, der Gräfin von Holland-Hennegau gehörte, jedenfalls behauptete das der Kauf’s-im-Kilo-Händler, lag es nahe, die Sammlung zu erweitern.
Für adlige Frauen habe ich eine echte Schwäche, seit ich gehört habe, wie Sisi in den Ernst-Marischka-Sissi-Filmen zu Franzl betrübt Dinge sagt wie: „Immer sitzt du da an deinem Schreibtisch und … regierst; ich weiß schon gar nicht mehr, wie du aussiehst.“ Ein großartiger Satz. Ob ihn je jemand zu mir sagt?
Da es bekanntlich kaum weibliche Fetischistinnen gibt, denn keine Frau sammelt Fremder-Menschen-Unterwäsche und schon gar nicht Fremder-Adliger-Unterwäsche, bin ich mit meinen beiden Prunkstücken bereits die bedeutendste Edelfrauenwäschesammlerin der Welt. Ich zögere momentan noch etwas, mich in einschlägigen Fetischforen anzumelden, als Neuling auf dem Gebiet weiß ich eh gar nicht so genau, was man mit diesen alten Fetzen anfängt.
Ich will es mir nicht zu leicht machen
Zunächst habe ich dran gerochen, das blaue Stück Hosenbandorden müffelt etwas nach Mottenpulver, und Sisis ärmelloses Leibchen riecht nach Diät und Cotillon. Angemacht hat mich das alles bislang nicht, aber ich bewahre Geduld. Und ich hoffe doch sehr, dass ein Fetisch nicht etwa mit der Mode geht, so dass man heutzutage gar nicht mehr auf Unterleibchen stehen kann, sondern nur noch auf Shapewear.
Jedenfalls hatte ich bereits einen Brief mit einer dementsprechenden Bitte um die Zusendung ihrer Unterwäsche an Fergie, die rothaarige Duchess of York, aufgesetzt, ihn dann aber wieder gelöscht: Meine kleine, aber feine Sammlung soll blaublütig bleiben. Meghan, Duchess of Sussex ist damit auch leider raus, genau wie Mette-Marit, Kronprinzessin von Norwegen. Letztere ist sooo nett, sie hätte mir garantiert ein paar abgelegte Merinohemden im Scandi-Style geschickt. Aber ich will es mir nicht zu leicht machen.
Eine zwielichtige Reportage habe ich so verstanden, dass einige Fetischisten die gesammelte Secondhandunterwäsche selbst tragen. Das kann ich mir mit dem Hosenbandordenstoff noch vorstellen, obwohl ich nicht sicher bin, wo es hingehört – in den Hosenbund? Oder als Poschette zum Anzug? Bei Sisis Leibchen würde ich jedoch die Perlmuttknöpfe sprengen: Es hat die Größe 32. Da bräuchte ich einen Kummerbund. Vielleicht ist der Kummerbund eh die bessere Fetischidee.
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