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Die US-Post und der WahlkampfTrump, postfaktisch

Immer wieder erstaunlich, mit welchen Mitteln der Präsident um die Wiederwahl kämpft. Vertrauen in die Pünktlichkeit des Zustelldienstes hat er nicht.

Das Bildnis des Herrschers, gepresst auf Ansteckbuttons Foto: Nati Harnik/ap

W er ganz naiv auf den Streit da­rüber schaut, ob die US-Post fähig ist, die pünktliche Zustellung von Briefwahlstimmen zu gewährleisten, muss fassungslos sein: Wieso ist das im mächtigsten Land der Welt überhaupt eine Überlegung? Wie ist es möglich, dass in den Vereinigten Staaten offen darüber diskutiert wird, ob ein zuverlässiger Postdienst garantiert werden kann – eine Dienstleistung, die selbst in vielen armen, sogar in korrupten Ländern selbstverständlich ist?

Wer nicht naiv ist und die Hintergründe des Streits kennt, landet bei genau denselben Fragen.

US-Präsident Donald Trump warnt im Zusammenhang mit Briefwahl vor möglichem Wahlbetrug. Ohne belastbare Hinweise darauf, aber durchaus in Übereinstimmung mit seiner Linie, eine mögliche Niederlage nicht anerkennen zu wollen und alle Argumente für Widerstand schon im Vorfeld zu sammeln.

Demokraten neigen eher als Republikaner dazu, ihre Stimmen per Post abzugeben, auch deshalb, weil sie Corona ernster nehmen und deshalb ungern in Schlangen vor Wahllokalen stehen. Wenn die Post ihre Aufgabe im Hinblick auf Briefwahl also nicht erfüllen kann, dann nutzt das dem Präsidenten und schadet seinem Herausforderer. So einfach ist das.

Zahlreiche Briefkästen und Briefsortiermaschinen wurden in den letzten Tagen und Wochen aussortiert und abmontiert – ein schöner Fall von sich selbst erfüllender Prophezeiung. Wenn es derlei Geräte nicht gibt, dann wird es natürlich schwierig, massenhaft Briefe termingerecht zu befördern.

taz am wochenende

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Seit Jahren steckt der US-Postdienst in finan­ziel­len Nöten. Das Internet hat dafür gesorgt, dass viele Nachrichten, die früher per Brief zugestellt wurden, inzwischen als Mail versandt werden. Und im boomenden Onlinehandel muss die gute alte Post mit privaten Unternehmen konkurrieren. Auf Pakete hat sie kein Monopol.

Eine grundlegende Reform ist unvermeidlich. Aber wenn ein republikanischer Großspender die Post leitet und der veranlasst, dass kurz vor den Wahlen die Voraussetzungen für eine geordnete Briefwahl entfallen, dann stecken dahinter sicherlich nicht nur wirtschaftliche Überlegungen.

Wie derlei im Detail aussieht, hat sich die Lokalreporterin Maritsa Georgiou genau angeschaut. Sie listete sorgfältig auf, welche Briefkästen in der Kleinstadt Missoula, Bundesstaat Montana, abgebaut wurden oder abgebaut werden sollten. Etwa 40 Prozent. In der Stadt Billings sogar die Hälfte. Die Folge: ein Aufschrei, über Parteigrenzen hinweg.

Inzwischen hat der oberste US-Postmeister Louis DeJoy versprochen, er werde mit der weiteren Zerstörung der Infrastruktur bis nach den Wahlen warten. Tja. Soll das nun begeistern? Und: Reicht das noch – oder ist schon genug kaputt, um eine Briefwahl nicht mehr abhalten zu können?

Wer kann das wissen? Was man wissen kann: Donald Trump betrachtet auch die Post nur unter dem Gesichtspunkt, ob sie seinen Interessen nutzt oder schadet – genau wie viele andere Dienste, die die Öffentlichkeit braucht. Kurz nach ­Amtsantritt drohte er damit, aus dem Weltpostvertrag auszutreten. Dem Weltpostvertrag! Der den Kalten Krieg und viele andere Konflikte überstanden hat.

Trump forderte bessere Bedingungen für die USA, und, ja: Er hat sie bekommen. Das Abkommen begünstigt ärmere Staaten, das gefiel dem US-Präsidenten nicht. Der Schulhof-Bully hat gewonnen. Und nun? Nun probiert er halt, ob die Methode auch auf nationaler Ebene funktioniert. Bisher fährt er damit ganz gut, leider.

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Bettina Gaus
Politische Korrespondentin
Jahrgang 1956, ist politische Korrespondentin der taz. Von 1996 bis 1999 leitete sie das Parlamentsbüro der Zeitung, vorher war sie sechs Jahre lang deren Korrespondentin für Ost-und Zentralafrika mit Sitz in Nairobi. Bettina Gaus hat mehrere Bücher veröffentlicht, zuletzt 2011 „Der unterschätzte Kontinent – Reise zur Mittelschicht Afrikas“ (Eichborn).
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16 Kommentare

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  • Fakten und Politik

    Auf Fakten kommt es in der Politik nicht an,



    sondern auf Wirkung!



    Das wussten schon die alten Griechen. Siehe dazu Thukydides: Der peloponnesische Krieg. Der Mann war General, Redner und Politiker.



    Der erfolgreiche Politiker ist immer auch Schauspieler wie z. B. Schwarzenegger, Reagan, von und zu Guttenberg. Politik ist ihrem Wesen nach populistisch - in allen Parteien.

  • "Das Abkommen begünstigt ärmere Staaten, ..." Auch China zählt dabei als ärmeres Land!



    Um sich gegen die extrem niedrigen Gebühren zu wehren, die China den USA beim Onlinehandel für den Posttransport bezahlt, wurde der Ausritt angedroht. Kann man erwähnen, muss man aber nicht.

    Jeder, der bei Ebay mal einen USB-Stick für einen Euro und kostenlosem Versand aus China bestellt hat, sollte sich darüber klar sein. Auch Deutschland hatte sich über diese Praxis beschwert.

  • "Wieso ist das im mächtigsten Land der Welt überhaupt eine Überlegung?"

    Weil die Post eben nicht zuverlässig und püntlich ist.



    Hat Frau Gaus die U-Bahn in "business capital of the world" im selben mächtigsten Land der Welt schon gesehen? Deswegen.

  • "Zahlreiche Briefkästen und Briefsortiermaschinen wurden in den letzten Tagen und Wochen aussortiert und abmontiert – ein schöner Fall von sich selbst erfüllender Prophezeiung."

    Naja, die Prophezeihung war ja nicht der Auslöser der Demontage. Tatsächlich wurde mit ihr einer Propagandalüge nachträglich der falsche Schein der Berechtigung verpasst.

    Es sollte übrgens nicht unerwähnt bleiben, dass das Repräsentantenhaus bereits im Mai ein Corona-Hilfspacket verabschiedet hat, das unter anderem auch eine Finanzierung des zusätzlichen Briefaufkommens während der Wahlen vorsieht - und dass das Gesetz nicht in Kraft treten kann, weil der von den Republikanern dominierte Senat das Gesetz nicht einmal verhandeln will.

    Noch ein übrigens. Luis de Joys Behauptungen, dass die abmontierten Briefkästen und Briefsortiermaschinen wieder installiert und der Überstundenstopp beendet seien, haben sich auch inzwischen als Lügen entpuppt.

    www.msnbc.com/dead...tional-90443845699

  • Einige kleine Fragen - ganz nebenbei - an Sie als Trump-Kenner(in?): Woher kommt diese zweite Variante? Wer hat sie eingeführt und warum? Und woher hat der amerikanische Präsident die Erkenntnis, dass offenbar möglicherweise gar haufenweise Briefwahlunterlagen an Verstorbene oder Haustiere wie Hunde oder Katzen verschickt werden würden, was selbstverständlich zu verhindern sein müsse?



    Ach ja - und wer verschickt sie?

    • @noevil:

      So gut kenne ich mich damit auch nicht aus, ich habe auf Facebook lediglich die einschlägigen amerikanischen Medien aboniert. Aber wenn Sie mal selbst recherchieren wollen:

      Variante 1 heißt: "absentee voting"



      Variante 2 heißt: "mail-in voting"

      Einfach googlen.

    • @noevil:

      Nehme mal an @Mira Dora ist gemeint, antworte dennoch mal. Hier alles was man zum Thema wissen muss: en.wikipedia.org/w..._the_United_States

      Besonders interessant ist der Abschnitt mit den "Past Problems".

  • Trump ist nicht generell gegen die Briefwahl, sondern gegen eine spezielle Variante davon. Es gibt nämlich zwei Arten von Briefwahlen in den USA.

    Die eine funktioniert so wie die deutsche Briefwahl. Wenn man weiß, dass man am Tag X nicht persönlich zur Stimmabgabe erscheinen kann, stellt man einen Antrag auf Briefwahl und die Unterlagen werden einen zugeschickt. Die wiederum schickt man ausgefüllt ans Wahlbüro. Dagegen hat Trump noch nie irgendwas gesagt.

    Er hat etwas gegen die flächendeckende Einführung der zweiten Variante der Briefwahl, die es bisher noch gar nicht überall gibt. Und die funktioniert so, dass die Briefwahlunterlagen von vornherein an alle Einwohner in einem Ort verschickt werden, ohne dass die das beantragt haben oder überhaupt wollen. Wer doch will, kann sie dann ausfüllen und zurückschicken. Da es ein Einwohnermeldewesen wie in Deutschland in den USA nicht gibt, sollen die Adressdaten den Wahlregistern der Parteien entnommen werden. Ob diese Daten stimmen, hängt ganz allein davon ab, ob der Bürger sie nach dem letzten Umzug auch aktualisiert hat. Wenn nicht, landet der Wahlschein mitunter in einem Briefkasten, der schon längst einen anderen gehört. Oder sie landen im Briefkasten von Opa Norman, 89 Jahre, der schon längst nicht mehr an den Briefkasten geht und dort werden sie gestohlen und jemand anders schickt sie im Namen von Norman zurück mit dem Kreuz bei der Partei seiner Wahl.

    Es gibt meiner Ansicht nach gute Gründe dafür, diese Art der Briefwahl abzulehnen.

    • @Mira Dora:

      Selbst wenn dem so wäre, dass es Wahlbetrug in großem Stil gäbe, wofür es keinerlei Belege gibt, dann ist Trumps Lösung dafür, nämlich die Post systematisch herunterzuwirtschaften, mal wieder die typische Bulldozer Methode. Es gibt Schwarzfahrer in Zügen? Reißt die Gleise heraus!

    • @Mira Dora:

      Es gibt diese zweite Form bereits in einigen Staaten und Wahlbetrug wird zwar regelmäßig von Trump als Gegenargument aufgeführt, wird aber sehr selten beobachtet oder nachgewiesen. Der Bezirk, in dem Trump selbst als Wähler registriert ist, plant, Anträge für Briefwahlunterlagen an alle registrierten Wähler zu verschicken. Trump selbst wählt regelmäßig auf diese Art.

      Viel häufiger als Wahlbetrug ist das "Purging" von Wahlregistern und da gibt es immer wieder Klagen von Wählern, deren Namen ohne ersichtlichen Grund aus dem Wahlregister gestrichen wurden.

      • @Gärtnerin:

        Entweder Trump wählt selbst regelmäßig auf diese Weise, oder sein Wahlbezirk plant erst die Einführung dieser Wahl-Weise. Beides geht nicht ;-)

        Um es aufzulösen: Trump wählt regelmäßig per "normaler" Briefwahl, also Variante 1. Ich schrieb ja selbst, Variante zwei gibt es noch nicht überall.

        Aber danke für den Hinweis auf das purging, das war mir noch nicht bekannt.

    • @Mira Dora:

      Bereits 21 Prozent der Wähler und Wählerinnen in den US werden die Wahlzettel ohne Anfrage zugeschickt.

      An die Behörde zurückgeschickte Wahlzettel mit gefäschten Unterschriften werde NICHT gezählt. Wahlbetrug ist eher mit Wahlmaschinen möglich, die von Putins Maannen gehäckt werden. Des Trumputinchens Schauermärchen dienen nur der Verängstigung und Rechtfertigung, die absehbare Wahlniederlage nicht anzuerkennen falls die Hilfe der rissischen Geheimdienste dieses Mal nicht reichen für einen "Wahlsieg".

      Dazu muss man wissen, dass in vielen Gegenden, in denen Republikaner das Sagen haben die Zahl der Wahllokale insbesondere in Vierteln mit überdurchschnittlich hohem Bevölkerungsanteil solcher Wählerinnen und Wähler, von denen zu vermuten ist, dass sie NICHT Trump wählen, in absurdem Maß reduziert werden so dass bis zu 8 Stunden Wartezeit in Schlangen einkalkuliert werden muss, was sich viele nicht leisten können und in Pandemiezeiten lebensgefährlich ist.

      Im Übrigen hat des Trumputinchens Postchef die bisher demontierten Briefkästen und Briefsortiermaschinen nicht wieder installiert und das dutzend Entlassungen höherer Angestellter nicht zurück genommen. Auch der Überstundenstopp bleibt in Kraft

      www.nytimes.com/in...ail-us-states.html

    • 8G
      82286 (Profil gelöscht)
      @Mira Dora:

      Und so ein Detail, sollte es größenordnungsmäßig von Belang sein, kennt Frau GAUS nicht?

  • Es gibt da auch noch den Postal Accountability and Enhancement Act, der wesentlich zu den Schulden des USPS beiträgt. en.wikipedia.org/w...nd_Enhancement_Act

  • Aus der U-RsA Presse ein Witz dazu !



    USPS soll/wird die Portraits von Südstaaten-Generalen auf die Briefkästen & Sortiermaschinen drucken.



    Da the trump ja jedes "Denkmal" mit diesen "Helden" schützen will, kann dem USPS dann nichts mehr passieren. Eine schlüssige Idee, mMn. :-)



    The Trump scheint aber auch auf anderer Ebene "weise & geläutert" zu werden, wenn man seine letzten Reden verfolgt:



    "Nur ich stehe zwischen dem amerikanischen Traum und totaler Anarchie und Chaos“



    Ja, wenn er jetzt noch die Antwort auf die Frage liefert:



    "Wer schuf Chaos & Anarchie!"



    Ist die U-RsA ja wieder OK!



    UND



    „Es geht um das Überleben der Nation“ auch da schimmert "Selbsterkenntnis" durch.



    Eine weitere Amtszeit des 45. wird für die U-RsA wohl vergleichbar mit 1945 hier in DE. Das wird diesen Land nicht aushalten!



    Erstaunlich, das the trump, der Häuptling "falsche, gespaltene Zunge" so auf den "letzten Drücker" so "Grundehrlich" wird!



    .



    Gr Sikasuu

    • 9G
      91491 (Profil gelöscht)
      @Sikasuu:

      Chaos & Anarchie?



      Klingt doch gut!