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Die Rolle der Türkei in AfghanistanErdoğans Pokerspiele

Vieles deutet darauf hin, dass die Türkei den Flughafen von Kabul übernehmen könnte. Welche Gegenleistung muss der Westen bringen?

Junge afghanische Geflüchtete in der türkischen Provinz Bitlis Foto: ap

Berlin taz | Der katastrophale Rückzug des Westens aus Afghanistan könnte zu einer weiteren politischen Verwicklung führen, die politisch und finanziell für Deutschland und die USA teuer werden würde. Nach Angaben von Außenminister Heiko Maas und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer soll weiterhin intensiv versucht werden, AfghanInnen, die für die Bundeswehr oder andere deutsche Institutionen gearbeitet haben, die Ausreise zu ermöglichen. Entweder über den Landweg oder den zivilen Flughafen von Kabul, wie Heiko Maas am Samstag sagte.

Zu diesem Zweck brach Maas am Sonntag zu einer Reise in fünf Länder auf, die dafür ihre Unterstützung anbieten müssten. Das sind Usbekistan, Tadschikistan und Pakistan sowie die Türkei und Katar. Als Erstes traf Maas am Sonntagnachmittag zu einem Treffen mit seinem Amtskollegen Mevlüt Çavuşoğlu in der Türkei ein.

Die Türkei könnte in der Afghanistanfrage in doppelter Hinsicht wichtig werden. Einmal als Zwischenstation für Flüchtlinge, die über den Iran Afghanistan verlassen haben und durch die Türkei weiter nach Europa wollen. Nach Vorstellung vieler europäischer Politiker soll die Türkei für die meisten AfghanInnen sogar zur Endstation werden. Es gibt Gerüchte, europäische Länder wollten Flüchtlingslager für Afghanen in der Türkei unterhalten und finanzieren. Dieses Ansinnen wird aber in der türkischen Öffentlichkeit und auch von der Regierung bislang strikt abgelehnt.

Wichtiger ist die zweite mögliche Rolle der Türkei. Sie soll den zivilen Flughafen von Kabul nach dem Abzug der USA übernehmen und dafür sorgen, dass wieder ein normaler Flugbetrieb in Gang kommt. Das wäre der einfachste Weg für die Ortskräfte, möglichst schnell aus dem Land herauszukommen, vorausgesetzt, die Taliban akzeptieren ihre Ausreise.

Entscheidung noch nicht gefallen

Die ursprüngliche Vorstellung, die US-Präsident Joe Biden mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan diskutiert hatte, war durch den Vormarsch der Taliban obsolet geworden. Sie lautete, dass das türkische Militär die Sicherung des Flughafens nach dem Abzug der Amerikaner übernehmen soll. Die Türkei hat wie alle anderen Nato-Staaten auch ihre Truppen aus Afghanistan abgezogen.

Dennoch sollen nach Berichten türkischer Medien, die Erdoğan bestätigte, die Taliban die Türkei und Katar angefragt haben, ob eines der beiden Länder oder beide gemeinsam nicht vorerst den zivilen Flughafen betreiben könnten. Erdoğan sagte, eine Entscheidung darüber sei noch nicht gefallen.

Für Deutschland wäre dies wohl die einzige Chance, doch noch eine relevante Zahl ehemaliger afghanischer MitarbeiterInnen aus Kabul herauszuholen. Entsprechend großzügig dürfte sich Berlin gegenüber Erdoğan zeigen, sollte er bereit sein, ein solches Himmelfahrtskommando zu übernehmen.

Für Erdoğan wäre ein solcher Schritt nicht nur in Kabul äußerst gefährlich, sondern käme auch innenpolitisch nicht gut an. Ein ehemaliger hochrangiger Diplomat, Faruk Loğoğlu, sagte, ohne eigene militärische Absicherung halte er es für nahezu unmöglich, den Flughafen zu betreiben. Der bekannte türkische Kriegsreporter, Coşkun Aral, sagte in sozialen Medien, der zivile Flughafen in Kabul sei in der Vergangenheit hauptsächlich für den Opium-Schmuggel genutzt worden. Damit müsste sich die Türkei dann auch auseinandersetzen.

Erdoğan als letzte Hoffnung

Das News-Portal „Middle East Eye“ berichtete am Samstag, trotz dieser Bedenken sei ein Deal mit den Taliban unterschriftsreif. In der Vereinbarung enthalten wäre die Anerkennung einer Taliban-Regierung durch die Türkei. Die Türkei und Katar würden den Flughafen gemeinsam betreiben.

Erdoğan hat diesem Deal noch nicht zugestimmt. Er will erst ausloten, was die Nato-Verbündeten dafür anbieten. Es sieht so aus, als würde Erdoğan zur letzten Hoffnung der USA und der Europäer, ihre Versprechen in Afghanistan wenigstens teilweise einhalten zu können.

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1 Kommentar

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  • Hätten die Deutschen mal schon vor Monaten Ihre Leute rausgeholt, als einzelne Politiker und Organisationen dies forderten, dann stünden wir jetzt nicht vor diesem Problem.



    Man kann es nicht oft genug wiederholen und ich hoffe, dass CDU/SPD ihre Quittung dafür bekommen.