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Die Kunst der WocheSich selbst im Bauch

Angespülte Fische, verschmolzene Architekturen und knallende Skulpturen: die Installationskünstlerin Elisa Duca zieht Räume und Welten zusammen.

Was konserviert ist, kann wieder schmelzen: Arbeiten von Elisa Duca Foto: Nihad Nino Pušija

Es ist, als sei eine Gruppe Tiefseefische aus dem Meer empor gestiegen und bis in die Galerie im Saalbau hinaufgeschwommen. Nur einige von ihnen haben es in die Nähe der zwei dekonstruierten Teichbecken geschafft, die jedoch anstelle von Wasser Videoscreens beherbergen. Manche der Fische gelangten nur noch bis zum Sand, der hier ausgeschüttet ist. Über den Teichwannen hängen durchsichtige Klarsichtbeutel, aus denen vielleicht noch eine rettende Flüssigkeit tropfen könnte, doch dann ist der bunte Schleim, der langsam aus kleinen Öffnungen tritt, scheinbar in der Luft zum Erstarren gekommen. Wie ein im Moment festgehaltener Faden aus Motoröl.

Zwischen Schwarzlichtröhren, die die Künstlerin Elisa Duca ihrer Rauminstallation hinzugefügt hat, geben die aquatischen Tiere ein schimmerndes Neonlicht in den Raum ab. Ähnlich den Leuchtorganen der Tiere der Tiefsee, tragen die abgegossenen Silikonfische, um die es sich hier handelt, Leuchtendes im Innern. Wobei es hier Kabel, Wolle, Datenträger und etwas Moos sind, die sie sich einverleibt haben.

Die leuchtenden Farben und Schnüre sind die Potenzierung der netzartigen Elemente, mit denen Elisa Duca 2017 als Goldrausch-Stipendiatin in ihrer immer weiter wachsenden performativen Installation „Netz“ das Kunstquartier Bethanien in Berlin-Kreuzberg bespielt hatte. Mal großmaschig, mal dicht wie bei einem Gemüsestrumpf aus dem Supermarkt, fing sie mit diesem Netz Elemente der Umwelt ein und entließ sie zurück in den Raum. Einer der Fische im Saalbau in Neukölln trägt sich nun selbst tausendfach umher – in seinem Bauch tummeln sich die kleinen Plastikfläschchen für Sojasauce, die der Künstlerin in der Vergrößerung für ihre Abgüsse dienten.

Elisa Duca: Soy Dreams, Galerie im Saalbau, bis 11. 2., Mo.–So. 10–20 Uhr, Karl-Marx-Str. 141; So., 28. 1., 15 Uhr: Führung in einfacher Sprache auf Deutsch

Verschmelzen, bei gleichzeitigem Herauslösen. Dieses Thema zieht sich durch die Ausstellung, deren Titel „Soy Dreams“ auf die Träume besagter Fische hinweist, aus ihrer Perspektive wohl eher Albträume, sind wir als Menschen doch zu allen Impulsen gleichzeitig fähig: sie einfangen, in Aquarien halten, tiefkühlen, essen und freilassen zu wollen. Und so erinnert das kleine fischförmige Sojafläschchen an die Werbeschilder von Metzgereien, in denen ein Schwein schon Messer und Gabel bereit hält, um gleich gegessen zu werden. Oder sich sogar selbst zu essen, so klar ist das nie.

Wo Architektur aus der Achse kippt

Die Miniatur und das Puppenhaus, sie sind eng verwandt. In der weiteren Ausstellung verschmelzen in Videosequenzen („Sweet Cosmic City“, 2023) dann sogar ganze Puppenstädte zu animierten Architekturfragmenten. Die Künstlerin, die sich schon länger für große Städte und ihre Kieze interessiert, hat 3-D-Scans von Gebäuden angefertigt und diese in die Arbeit gespeist. Spätifronten, Schriftzüge von Imbissbuden und Werbeflächen an Hauswänden aus den Metropolen Hong Kong und Berlin kreisen umeinander und drehen sich um die eigene Achse: gestapelte Waffeln, Uhren, ein kleiner pinker Antiheld, geschichtete Brezeln, Logos von 7- Elevens. Alles fällt durch den Raum, dreht sich, beschleunigt, bis sich das Konglomerat zusammenzieht und schließlich im Nichts verschwindet. Nur um sofort wieder Fahrt aufzunehmen. Kurz sind wir scheinbar am Alexanderplatz in Berlin: Ein U-Bahn-Eingang mit den Schildern U2, U5, U8 rauscht vorbei, bevor er in der Spirale mit anderen Architekturfetzen verschwimmt.

Alles überschlägt sich in „Sweet Cosmic City“ Foto: Visual von Stefanie Messner; Courtesy the artist

An den Seiten zerbröckelt alles, die Spur führt zu bedruckten Samt- und Gazebahnen, auf denen die gleichen Bruchstücke einmal durchs Kaleidoskop gejagt schließlich im vorderen Raum der kommunalen Galerie als Mosaike zur Ruhe kommen. Daneben summt schon der Kühlschrank aus dem nächsten Kiosk. Im Innern wachsen blaue Haarsträhnen aus bunten Epoxidharzskulpturen heraus, die von einer minimalistischhen Wasserflasche abgegossen wurden. Zwischen Eisblöcken aus dem gleichen Guss wird sie konserviert, diese abstrahierte Armee von aus der Haut gefahrenen, sich selbst überschlagenden My Little Ponies. Fast meint man, den künstlichen Erdbeergeruch zu riechen, dazu eine Brise aus Salzersatz.

Unweit sind wir fast gänzlich im virtuellen Raum: Die aufblasbaren, überdimensionalen Skulpturen auf Straßen und Gehwegen, die hier auf einem Bildschirm gezeigt werden, sind auch als Miniabzüge über den Boden verteilt. Sie entstammen einem Programm, das die Künstlerin mit Bildern ihrer Objekte gefüttert und um Vorlagen für neue Skulpturen gebeten hat. Die luftgespeisten Objekte, sie verschlucken Handys, auf denen Bilder von Pflanzen und anderen organischen Gewächsen zu sehen sind.

Ist die Abbildung – von einem Tiefseefisch oder einer Meerespflanze – irgendwann das einzige, was nach dem Anthropozän bleibt? Einige der Fische haben hier jedenfalls schon mal gelernt, sich in Regalen, zwischen Pflastersteinen und in Treppenhäusern zurechtzufinden.

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