Die Hauptstadt wächst: Berliner werden ist angesagt
Die Befürworter einer Tempelhof-Bebauung erhalten Unterstützung von den Statistikern: 2013 lebten rund 50.000 Menschen mehr in der Stadt als noch im Vorjahr.
Berlin lockt: Auch 2013 ist die Stadt deutlich gewachsen. Nach Angaben des Amts für Statistik Berlin-Brandenburg vom Dienstag waren zum 31. Dezember rund 48.000 Menschen mehr mit Hauptwohnsitz hier gemeldet als ein Jahr zuvor. Damit setzt sich der positive Trend fort, der 2010 begonnen hat. Insgesamt hat Berlin laut dem der Statistik zugrunde liegenden Einwohnermelderegister nun 3,517 Millionen Einwohner – sehr wahrscheinlich ist diese Zahl jedoch zu hoch gegriffen (siehe Kasten).
Die Meldung vom fortdauernden Wachstum kommt für den Senat gerade recht: Der Wahlkampf vor der Abstimmung über den Tempelhof-Volksentscheid am 25. Mai läuft an. Richard Meng, Sprecher des Regierenden Bürgermeisters, stellte am Dienstag einen direkten Zusammenhang zwischen Abstimmung und Zuzug her: „Beim Volksentscheid wird es auch darum gehen, ob die Stadt bereit und offen dafür ist, die Konsequenzen aus dieser Entwicklung zu ziehen.“ Der Senat will die Ränder des früheren Flughafengeländes für den Bau von rund 5.000 Wohnungen nutzen, die Bürgerinitiative „100 % Tempelhof“ will das Feld komplett frei halten. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit und Stadtentwicklungssenator Michael Müller (beide SPD) mühen sich seit Wochen, die Abstimmung über das Feld als Grundsatzentscheidung über die Zukunft Berlins darzustellen.
Bei den Grünen stößt diese Taktik auf Kritik. „5.000 Wohnungen sind – gemessen am Bedarf – überhaupt nichts“, sagte Fraktionschefin Antje Kapek der taz und warf dem Senat Populismus vor. Vielmehr gehe es bei der Entwicklung von Tempelhof darum, ob und wie man das Areal „gestalten“ solle. Die Partei strebt einen Mittelweg an zwischen den Zielen des Senats und denen der Initiative: Dieser soll „deutlich sozialer und ökologischer“ sein, sieht aber ebenfalls eine Bebauung vor.
Die Initiative 100 % Tempelhof hingegen ist sicher: „Es gibt genügend andere versiegelte Flächen, die für Wohnungen genutzt werden können“, sagte Vorstand Felix Herzog. Möglichkeiten sieht er vor allem bei aufgegebenen Gewerbegebieten. Herzog betont zudem, dass gerade eine wachsende Stadt Freiräume brauche: Das Feld sei wichtig als Kaltluftentstehungsgebiet.
Der Senat geht davon aus, dass Berlin bis 2030 um rund eine Viertelmillion Menschen wachsen wird. Trotz des aktuellen Booms halten es aber weder Senat noch Opposition für nötig, diese Zahl nach oben zu korrigieren. Das eine sei eine mittelfristige Prognose, sagte Meng; die jetzt bekannt gewordenen Zahlen gäben die jüngste Entwicklung wieder. Senator Müller solle „das Signal ernst nehmen“, forderte Kapek. Allerdings bestehe erst Handlungsbedarf, wenn sich die Tendenz über einen längeren Zeitraum bestätige. Und Herzog geht davon aus, dass es mit dem Zuzug bald vorbei sei: weil die Wohnungen zu teuer werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Verfassungsrechtler für AfD-Verbot
„Den Staat vor Unterminierung schützen“