piwik no script img

Die CIA und ihre Foltermethoden„Auch in Deutschland strafbar“

Anwalt Wolfgang Kaleck über seine Anzeigen gegen US-Agenten, den vom CIA entführten Khaled el-Masri und vorauseilenden Gehorsam der Bundesregierung.

Unschuldig in den Fängen der CIA: der Ulmer Deutschlibanese Khaled el-Masri. Bild: dpa
Christian Rath
Interview von Christian Rath

taz: Herr Kaleck, kann der Folter-Bericht des US-Senats auch strafrechtliche Relevanz in Deutschland haben?

Wolfgang Kaleck: Was der Senatsbericht beschreibt, sind Verbrechen, die auch nach deutschem Recht strafbar sind. Hier wurden Menschen gefoltert, die teilweise in Afghanistan im Kontext eines bewaffneten Konflikts festgenommen wurden. Es geht also um Kriegsverbrechen. Nach dem deutschen Völkerstrafgesetzbuch sind Völkermord und Kriegsverbrechen auch dann in Deutschland strafbar, wenn kein Deutscher als Täter oder Opfer beteiligt war.

Sie haben bereits zweimal in Deutschland Strafanzeige gegen US-Politiker und -Militärs erstattet, die für die Folter in Guantánamo und im Irak verantwortlich waren. Wird es nun eine dritte Strafanzeige geben?

Derzeit liegt das nicht nahe. Unsere Strafanzeigen gegen Exverteidigungsminister Donald Rumsfeld und andere sind ja nicht daran gescheitert, dass die Bundesanwaltschaft die Foltervorwürfe nicht geglaubt hat.

Woran sonst?

Die Bundesanwaltschaft hat 2005 erklärt, dass Deutschland nur subsidiär zuständig ist, wenn in den USA keine Strafverfolgung stattfindet. Wir sollten also erst einmal warten, wie die US-Justiz mit den Vorwürfen umgeht.

In den USA mussten Rumsfeld und Co. nichts befürchten …

Genau, das hat sich schnell abgezeichnet. Deshalb haben wir 2006 eine neue Strafanzeige eingereicht. 2007 hat die Bundesanwaltschaft aber erneut Ermittlungen abgelehnt, nun mit einer neuen Begründung: die von uns beschuldigten Amerikaner hielten sich nicht in Deutschland auf und es sei auch nicht konkret zu erwarten, dass sie nach Deutschland kommen. Ähnliches würde Generalbundesanwalt Range wohl auch heute sagen. Man nimmt hier offensichtlich Rücksicht.

Bild: dpa
Im Interview: Wolfgang Kaleck

ist Rechtsanwalt. 2004 und 2006 hat der 54-Jährige in Deutschland Strafanzeigen gegen US-Folter-Veranwortliche erstattet. Derzeit vertritt er Edward Snowden als Anwalt.

Was gilt im Fall des CIA-Entführungsopfers Khaled el-Masri? Er ist ja Deutscher.

Genau deshalb ist es eindeutig ein Fall für die deutsche Strafjustiz, hier kann sie sich nicht drücken. Die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt auch schon lange. Und das Amtsgericht München hat 2007 Haftbefehl gegen zehn namentlich bekannte CIA-Agenten erlassen, die an der Verschleppung el-Masris beteiligt waren.

Was wurde daraus?

Die CIA-Agenten sind über Interpol international zur Festnahme ausgeschrieben. Die Agenten verzichten deshalb auf internationale Reisen und sind praktisch nicht mehr einsetzbar, wie auch viele andere der 500 CIA-Agenten, die an ähnlichen Entführungen beteiligt waren.

Wenn die Agenten bekannt sind, könnte Deutschland nicht ihre Auslieferung beantragen?

Doch, natürlich. Die Bundesregierung hat allerdings in vorauseilendem Gehorsam auf einen solchen Antrag verzichtet, weil die USA ihre Agenten eh nicht ausliefern würden. Ob diese Zurückhaltung angebracht ist, sollte sie sich nun vielleicht noch einmal überlegen.

Laut dem Bericht war el-Masris Entführung ein Fehler. Hat das Folgen für die Ermittlungen?

Das prüfen wir gerade. Entführung und Folter sind aber immer strafbar, egal ob sie einen Terrorverdächtigen treffen oder einen Unschuldigen. Die CIA hat Khaled el-Masris Leben zerstört. Wenn sie sich nun der Strafverfolgung verweigert, sollten die USA zumindest eine Entschädigung zahlen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

11 Kommentare

 / 
  • Vielleicht könnte dieser Geschichtsteil der CIA und einiger republikanischen Regierungsmitglieder / republikanischen Regierungsverantwortlichen seit 2000 mal zum Anlaß genommen werden, in der EU in Brüssel eine Art öffentliche "Erinnerungstafel" aufzustellen, auf denen die Namen und Berufe von prominenten "Unrechtsmenschen" stehen, seit dem Jahre 2000! Als Lehre und Mahnung an die Vergangenheit seit 2000 für zukünftige Generationen der Welt, zur Erinnerung an die "Jugend der Welt"? Nicht den Weg von "Unrechtsmenschen" zu gehen, die keine Vorbilder für die Jugend sind.

  • Die Moderation: Kommentar entfernt.

    • @GarbageCollector:

      In diesem Fall würde mich ja schon mal interessieren, weshalb der Kommentar gelöscht worden ist, nachdem er mehrere Stunden unbehelligt gelesen werden konnte. Zumal ich vermehrt den Eindruck habe, dass die Regeln der Netiquette mal so und mal so ausgelegt werden. Wenn deren Anwendung aber von der jeweiligen Tagesform der Moderation abhängig ist, dann verfehlt jede Netiquette ihre Wirkung, weil sie nach außen hin nur noch willkürlich erscheint.

       

      Was ich im übrigen zum Kommentar von @Garbagecollector zu sagen habe, habe ich gesagt, und er/sie hat darauf geantwort. Alles im grünen Bereich.

    • @GarbageCollector:

      jaja, selber Nazi

       

      wie abgestumpft muss man sein, um diese Verbindung herzustellen? Und wie verdreht, um diese eigene Assoziation anderen als Grundlage ihres Denkens und Handelns zu unterstellen?

       

      Ihr Post ist unter aller Kanone. Sie müssen wissen, jedeR der/die das liest, muss Sie für menschenverachtend halten - wollten Sie das?

    • @GarbageCollector:

      "... dem großen Bruder am Zeug zu flicken, sich für Nürnberg zu rächen."

       

      Geht's auch ein paar Nummern kleiner? Mich nervt ja auch der gerade auf den Forums-Seiten der taz grassierende tumbe Antiamerikanismus. Aber die Verfolgung offenkundig Unrechts unter "formaljuristisch" abzuqualifizieren, geht mindestens ebenso daneben.

      Hier ist ein völlig Unschuldiger entführt, misshandelt und mehrere Jahre grundlos inhaftiert worden - ohne jegliche rechtliche Grundlage und in flagranter Mißachtung elementarer rechtsstaatlicher Grundsätze. Es sollte eigentlich dem Selbstverständnis eines jeden Rechtsstaates entsprechen, die dafür Schuldigen zur Verantwortung zu ziehen. Das ist bisher aber noch nicht geschehen und wird aller Voraussicht nach auch nicht geschehen; ebensowenig wird el-Masri eine - auch in den USA ja ansonsten vorgesehene - Haftentschädigung erhalten.

      Und dass sich die USA "mit ihrer kritischen Diskussion auf einem guten Weg" befinden möchte ich nur zu gerne glauben. Allerdings ist der jetzt vorgelegte Report des Senats gegen das Votum der meisten Republikaner angenommen worden, und wenn man sich die Äußerungen eines Dick Cheney http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/amerika/amerikas-ex-vizepraesident-cheney-verreisst-senatsbericht-zu-cia-folter-13315261.html anschaut, kann man Ihren Optimismus nur schwer teilen. Dass auch die USA die Antifolterkonvention der UN unterzeichnet und ratifiziert haben, scheint den ehemaligen Vizepräsidenten jedenfalls nicht wirklich zu stören.

      • @Schalamow:

        OK, ich gebe Ihnen sachlich ja recht. Das wir natürlich der große Holzhammer von mir und sollte unterschwellige Affekte beleuchten. Die USA mit Klagen zu überziehen, hat trotzdem etwas Wutbürgerhaftes.

  • Wolfgang Kaleck:

     

    ". . Die Bundesanwaltschaft hat 2005 erklärt, dass Deutschland nur subsidiär zuständig ist, wenn in den USA keine Strafverfolgung stattfindet. Wir sollten also erst einmal warten, wie die US-Justiz mit den Vorwürfen umgeht.. .

    ff "

     

    Wie sagt man im Ruhrgebiet:

    " . . das´issen Guter!"

    So isset;)

  • "Wenn sie sich nun der Strafverfolgung verweigert, sollten die USA zumindest eine Entschädigung zahlen."

     

    Diese "Rogue-State", USA hat sich nicht mal entschuldigt, schweige dann eine Entschädigung angeboten. Die USA ist eine Gefahr für uns alle. Deshalb: Rammstein schliessen, USA Atomwaffen raus aus der Eifel!

    • @Ninetto:

      "Rammstein" ist die Band, der Ort heißt Ramstein!

    • @Ninetto:

      Ich habe gestern nochmal Strafanzeige gestellt. Zumindest sollten die Verantwortlichen Deutschland nicht mehr besuchen dürfen. Da ich aber mittlerweile den deutschen Staat als US-unterwandert ansehe, rechne ich mir keine großen Chancen aus.

      • @Handschweiß:

        Sag uns doch bitte was und wie du gemacht hast. Wenn viele es dir gleichtuen würden dann sähe die Sache ganz anders aus.

        Demos gegen Linke und Ausländer , aber keine gegen TTIP,Folter, Überwachung, etc.