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Verkaufseinschränkung für LachgasDie Partydroge von der Kiosktheke

Die Bundesregierung will den Verkauf von Lachgas einschränken. Ein kurzer Spaziergang durch Berlin zeigt: Bisher haben Kun­d*in­nen es nicht weit.

Lachgas ist besonders bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen als Partydroge verbreitet Foto: Funke Foto Services/imago

Berlin taz | Im ersten Späti gibt es sie nicht. Die Zylinder mit Neonfarben, deren Inhalt in den letzten Jahren zur Partydroge für viele, besonders junge Menschen geworden ist. Auf die Frage, warum ihr Späti kein Lachgas verkauft, sagt die Besitzerin leicht verwirrt, sie dachte, das wäre verboten. Dass das Teilverbot erst noch kommen soll, ist ihr neu, aber „gut so“.

Am Mittwoch hat das Bundeskabinett ein Gesetz auf den Weg gebracht, das die Verbreitung von Lachgas als Partydroge einschränken soll. Demnach darf das Gas nicht mehr an Jugendliche unter 18 verkauft werden, der Verkauf in Kiosken und Automaten wird verboten, und auch der Onlinehandel wird eingeschränkt. Lediglich für medizinische Zwecke sowie in sehr geringen Mengen darf Lachgas noch verkauft werden.

Lachgas ist besonders bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen als Partydroge verbreitet. 2022 hatte jeder 6. Jugendliche zwischen 15 und 18 die Droge schon probiert. Heute ist die Quote wahrscheinlich noch höher. Das Gas wird aus dem Behälter in einen Luftballon gefüllt und dann eingeatmet, was zu einem kurzen High führt. Die Folgen des Konsums können verheerend sein.

Schon kleine Mengen führen zu Nervenschäden, nach größeren Mengen kann es auch zu schweren Lähmungen bis zu Querschnittslähmungen kommen. Deshalb ist Lachgas in den Niederlanden und in Großbritannien für den persönlichen Gebrauch schon seit 2023 größtenteils verboten.

Drogen aus dem Automaten

Dass Lachgas in Deutschland noch nicht verboten ist, sieht man eine Straße weiter schon im Schaufenster. In einem Shisha-Shop in Gesundbrunnen stehen gleich neben der Eingangstür zwei schwarzgrüne Zylinder mit Palmenblättern und neongelber Schrift „Exotik Whip“. 27 Euro kostet der kleinere Behälter mit Lachgas, knapp 50 der doppelt so große. Und auch wenn dieser Shop sie nicht hat, gibt es beide Formate auch in zwei weiteren Geschmacksrichtungen: Kokosnuss und Erdbeere.

Mit jeder Flasche wird ein Ventil und ein 10er-Pack Luftballons verkauft. Die braucht man, um das Gas irgendwie in die Lungen und damit ins Gehirn zu bekommen. Benutzt man sie nicht, kann das Gas, das bei der Ausdehnung auf bis zu –55 Grad runterkühlt, noch stärkere Schäden anrichten.

Aufgereiht in vier Etagen des Regals, steht die Partydroge prominent in der Mitte des Shops. Sie verkaufen das Lachgas erst seit ungefähr einem Jahr, erzählt der Verkäufer, der zwar selbst noch jung ist, aber Lachgas „niemals“ probieren würde. Seine Namen will er nicht verraten. Gekauft werde das Lachgas von ganz verschiedenen Menschen: von Anzugträgern, von Rentnern und auch von jungen Menschen, aber eher „so ab 20“, behauptet er. Was Rentner mit dieser vermeintlichen Party­droge wollen, ist ihm nicht klar. „Wahrscheinlich auch eine gute Zeit haben“, sagt er.

Andere Spätis wollten nicht über ihren Verkauf von Lachgas reden. Klar ist aber: Lachgas zu bekommen, ist besonders in größeren Städten kein Problem und oft noch ohne Altersbeschränkung möglich. Neben den Spätis und Shisha-Shops bieten auch Snackautomaten zwischen Fanta, Cola und Schokolade die Zylinder an. Das führte schon im Mai 2024 in Gifhorn in Niedersachsen zu aufgebrachten Eltern, die sich mit einem Brief an den damaligen SPD-Gesundheitsminister Karl Lauterbach gewendet haben.

In Kreuzberg haben es Jugendliche noch einfacher. Sie müssen nicht mal zu einem Automaten oder überhaupt das Haus verlassen. Auf Instagram wirbt ein Späti mit „LachTaxi, in Minuten geliefert“.

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