Die AfD und der Verfassungsschutz: Fehlstart mit Folgen
Der Sicherheitsapparat verstolpert die Einstufung der AfD. Das unterstreicht einmal mehr, dass man sich auf ihn allein nicht verlassen sollte.
E s hätte ein Signal werden können. Wohl noch diese Woche wollte das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD als rechtsextremen Verdachtsfall einstufen. Die Botschaft: Der Staat ist wachsam, er lässt auch Angriffe des Rechtsextremismus, die über die Parlamente geführt werden, nicht unbeachtet. Doch aus dem Signal wird vorerst nichts. Und das hat sich der Sicherheitsapparat selbst eingebrockt.
Denn vergangene Woche hielten es einige für opportun (zitiert wurde ein namenloser Landesinnenminister), in Medien bereits über die baldige Einstufung zu plaudern. Die AfD reichte prompt Eilklagen gegen den Verfassungsschutz ein, um genau das zu verhindern. Nun ist das Verfahren zumindest verzögert.
Dabei war von Vornherein klar: Eine Einstufung der AfD wird juristisch heikel. Die Partei hat früh angekündigt, sofort dagegen zu klagen. Und rechtlich ist sie ein Grenzfall: Funktionäre rudern nach Provokationen immer wieder zurück, Parteichef Meuthen forderte zuletzt Mäßigung. Neben klaren Rechtsextremen gibt es immer noch Akteure, die zumindest nach außen beteuern, keinen radikalen Weg einschlagen zu wollen. Zuletzt verfasste die Partei eine Erklärung, in der sie Migranten nun doch als deutsche Staatsbürger akzeptiert (was auch schon einiges sagt).
Kommt die Einstufung, sollte diese also rechtssicher sein. Eine Niederlage des Staates vor Gericht wäre fatal – deren Ausschlachten durch Rechtsextreme, gerade im Wahljahr, wäre gewiss. Dabei ist es richtig, die AfD einzustufen. Bis hoch in die Parteispitze ziehen sich dort Islamfeindlichkeit und Rassismus. Alexander Gauland nennt NS-Verbrechen einen „Vogelschiss“, andere werten Zuwanderung als „Zersetzung“ des Landes, erklären dem Islam den Kampf. Alles klar rechtsextreme Narrative.
Unbenommen bleibt, dass es mehr braucht als nur den Verfassungsschutz. Es sind Gesellschaft und Politik, die im Gesamten Paroli bieten müssen. Dass der Sicherheitsapparat bereits die Einstufung der AfD verstolpert, unterstreicht einmal mehr, dass man sich auf ihn allein nicht verlassen sollte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Rauchverbot in der Europäischen Union
Die EU qualmt weiter
Antisemitismus in Berlin
Höchststand gemessen
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich