Deutschlands größte Demo seit Jahren: Hunderttausende gegen TTIP
Die Organisatoren sprechen von 250.000 Menschen, die Polizei schätzt 150.000. So oder so war die Anti-TTIP-Demonstration in Berlin die größte seit Jahren.

Menschenmassen demonstrieren gegen Freihandelsabkommen mit den USA. Foto: rtr
BERLIN afp/taz | Eine Viertelmillion Menschen hat nach Angaben der Organisatoren in Berlin gegen die umstrittenen EU-Freihandelsabkommen mit den USA und Kanada demonstriert. „Nie zuvor sind in Europa mehr Menschen zu diesem Thema auf die Straße gegangen“, teilte das Veranstalterbündnis der Demonstration unter dem Motto „TTIP und Ceta stoppen!“ am Samstag mit. Die Polizei sprach hingegen von knapp 150.000 Demonstranten.
Bei Sonnenschein und blauem Himmel versammelten sich mehrere zehntausend Demonstranten bereits am frühen Vormittag vor dem Berliner Hauptbahnhof. Die TTIP-Gegner waren unter anderem mit fünf Sonderzügen sowie mehr als 600 Bussen angereist. Die Banner, Fahnen und Plakate auf dem Demonstrationszug spiegelten die Vielfalt der teilnehmenden Verbände wieder: Gewerkschaften, Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen, Globalisierungskritiker sowie Anhänger der Grünen und der Linken unterstützten die Proteste.
Die Organisatoren hatten im Vorfeld mit 50.000 bis 100.000 Teilnehmern gerechnet. Wegen des großen Andrangs war aber am Bahnhofsvorplatz gegen Mittag kein Durchkommen mehr. Die S-Bahnen konnten nach Angaben der Deutschen Bahn den Hauptbahnhof zeitweise nicht mehr anfahren. Auch U-Bahn-Stationen entlang der Route zur Siegessäule mussten nach Polizeiangaben zeitweise gesperrt werden.
Die Polizei sei mit rund 1000 Beamten im Einsatz, sagte Berlins Polizeisprecher Stefan Redlich. Die Demonstration bezeichnete er als „störungsfrei“. Die Polizei änderte die Marschroute wegen der hohen Teilnehmerzahl jedoch kurzfristig. Als im Tiergarten bereits die Abschlusskundgebung lief, harrten noch immer 50.000 Demonstranten am Hauptbahnhof aus. Insgesamt bezifferten die Veranstalter die Zahl der Demonstranten auf 250.000. Redlich sprach zunächst von knapp 100.000 Teilnehmern, bald gab die Polizei aber die Zahl von 150.000 an.
20 Protestwagen begleiten die Demo
„Wir sind hier weil wir die Zukunft nicht den Märkten überlassen, sondern die Demokratie retten wollen“, sagte Michael Müller, Bundesvorsitzender der Naturfreunde Deutschlands, in einer Ansprache. Zu den weiteren Rednern gehörten der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann, die SPD-Politikerin Gesine Schwan, der Grünen-Vorsitzende Anton Hofreiter sowie Linken-Chef Bernd Riexinger.
Die Demonstranten wurden unter anderem von 20 Protestwagen begleitet. Trommlergruppen und andere Musiker säumten die Straßen. Immer wieder erschallte der Ruf „Stopp TTIP!“ aus der Menge, die sich in ihrer Ablehnung gegenüber den Freihandelsabkommen durchaus uneinig ist. Der DGB lehnt das TTIP-Abkommen zwischen EU und USA sowie den Ceta-Vertrag zwischen der EU und Kanada in seiner derzeit geplanten Form ab. Globalisierungskritiker wie Attac plädieren hingegen für ein gänzlich anderes Wirtschaftssystem.
Die Kritiker der Abkommen befürchten unter anderem sinkende Sozial-, Umwelt- und Verbraucherstandards sowie eine Schwächung demokratischer Institutionen. Zu den umstrittensten Aspekten gehört die Einrichtung sogenannter Investor-Staats-Schiedsgerichte sowie die Geheimhaltung der Verhandlungen, von denen auch Europa- und Bundestagsabgeordnete weitestgehend ausgeschlossen sind. „Schluss mit der Geheimdiplomatie“, forderte deshalb DGB-Chef Hoffmann auf der Abschlusskundgebung.
Die Fürsprecher von TTIP und Ceta warben ebenfalls für ihre Position. Im Rahmen einer vom Bund der Deutschen Industrie (BDI) finanzierten Kampagne fuhren Lastwagen und ein Schiff mit Plakaten durch die Straßen Berlins und über die Spree. Auch der SPD-Vorsitzende und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel sprach sich in einem am Samstag in mehreren Zeitungsanzeigen veröffentlichten offenen Brief für die Abkommen aus.
Leser*innenkommentare
Christiana
Wir werden es bekommen. Ich will Volksentscheide. Ich komme mir verarscht vor. Das ist doch keine Herrschaft des Volkes.
Lowandorder
Zitieren ist das neue Parodieren:
Ge nau:
" .. . .Mit ambitionierten Umwelt- und Verbraucherstandards
undmit fairen Bedingungen für Investitionen und Arbeitnehmer. Das muss unser Ziel sein.“
Fabelhaft - Siggi Plopp - at his best!
Sein! Ziel - Arbeitnehmer - ah ja?! -
Klar für die Galerie - & - nochens ->
"Investitionen"- ah ja! -> Wer? - öh ->
KrypthoKraten lassen grüßen! ->
"Die Investionen sind so geheim - die kann selbst ich hier nicht nennen!
(frei nach Woody Allen:
" Was ich hier mache? -
Das ist so geheim - daß ich das selber nicht weiß!";)
kurz - Alter! - Ver Kohlen -
Können wir uns selber! Ehrenwort!
Besser is das.
lichtgestalt
Zitieren ist das neue Parodieren:
»TTIP: Eine Absenkung der erreichten Standards wird es nicht geben.«
„Deshalb:
Bangemachen gilt nicht! Europa muss selbstbewusst und mutig seine Ideen von Freiheit im Handel und Verantwortung für die Menschen voranbringen. Wir haben die Chance, weltweit einen neuen und guten Standard für den wachsenden globalen Handel zu setzen. Mit ambitionierten Umwelt- und Verbraucherstandards
undmit fairen Bedingungen für Investitionen und Arbeitnehmer. Das muss
unser Ziel sein.“
So fabuliert der BuWiMi Siggi am Samstag in einer ganzseitigen Anzeige in der print-taz.
Läufer
Ein deutliches Zeichen, was "das Volk" will. Daran wird unsere Politik jetzt wohl kaum noch vorbeikommen. Das Lager der TTIP-Gegner ist kein unbedeutendes Häuflein schlecht informierter Spinner, wie es uns so gerne weisgemacht wird, sondern eine breite Masse. Wegsehen und Unter-den-Tisch-Kehren funktioniert nicht. Tja...da muss sich Frau Merkel halt doch mal entscheiden, wem sie näher steht, der Supermacht USA samt Wirtschaftslobby - oder den eigenen Wählern.
Lowandorder
@GABRIEL RENOIR
Wenn Sie auch an den Weihnachtsmann glauben?! - ok
Ansonsten - & agähn!
Es geht - verfassungsrechtlich-abstrakt gesprochen -
Um den konsequenten Ausbau -
Weiterer - demokratisch nicht verantwortlicher Entscheidungsorganisationen in &
Zwischen den beteiligten Staaten auf Vertragsbasis.
(vgl u.a. Joseph Vogl -
Der Souveränitätseffekt http://www.taz.de/Joseph-Vogl-ueber-sein-neues-Buch/!5017253/ )
Konkret ->
Installation eines Conseil - aus
Der Lobbyinggroups des WirtschftsIndustriellen Komplex -
Der jeweiligen Exekutive - &
evtl. der Reg.Fraktionsspitze -
Vorgeschaltet den verfassungsrechtlich vorgesehenen,
demokratisch - also durch die Bürger per Wahl legitimierten Organen der
Gesetzgebungsverfahrenen!
Eine derartige Orga - Conseil - ist also weder verfassungsrechtlich vorgesehen - oder legitimiert - noch demokratisch kontrollierbar oder verantwortlich - also dem
Souverän der Verfassungen der beteiligten Länder -
Den wahlberechtigten Bürgern dieser Staaten!
Joseph Vogl - spricht deswegen auch zu recht von - Putsch - durch derartige - ausschließlich im Wirtschafts- & Kapitalinteressen liegender Orgas - wie sie nach den -
bereits auf der Ebene unser Republik liegenden Organisationen -
(vgl Helmuth Schulze-Fielitz Der informale Verfasdungsstaat) - &
Bereits auf EU-Ebene - Eurogroup et al. - bestehen - & Nunmehr in
TTIP CETA TISA angestrebt sind.
Thats it! Das ist des Pudels Kern.
Deswegen die Geheimniskrämerei - &
Der bisher recht erfolgreiche Aufbau von "Pappkameraden."
"Uber Schraubenlängen können die sich auch so einigen!"
Thilo Bode TTIP
Lowandorder
Die verbliebenen/verbleibenden
Krümel - fehen dann die
Hier auch a taz so heiß
Umkämpften - Schieds- öh
Handels'gerichte' -
Vom Tisch bzw in die
Taschen der Beauty&Rich -
kurz - Happy Few.
Der Rest - 'Macht Neese!'
So geht das.
Lowandorder
Vgl auch zu -> Was tun?
Pierre Bourdieu - Gegenfeuer 1 & 2
Worin er auch den/die weitere(n)
Ausbau & Installation derartiger
Demokratisch nichtlegitimierter, Nichtverantwortlicher und Nichtkontrollierbarer
Orgas und Gremien a EU & global -
Mit dem Ziel der
Verfeuerung des Sozialstaats
Vorausgesagt hat.
aufhebend
ETWAS Realität:
https://www.youtube.com/watch?v=4uWE6w9RweA
SPD? Sie bleibt sich seit 1914 treu.
1914, 1918, 1933 ... 2015
" Nach einem halben Jahrhundert des Wartens schien die deutsche Sozialdemokratie im No-vember 1918 endlich am Ziel.
Und dann geschah das Unglaubliche. Die sozialdemokratischen Führer, widerwillig von den sozialdemokratischen Massen auf den leeren Thron gehoben, mobilisieren unverzüglich die alten ... Palastwachen und ließen ihre eigenen Anhänger wieder hinaustreiben. Ein Jahr später saßen sie selber wieder draußen vor der Tür - für immer." (Haffner, Der Verrat, Berlin 1995, S. 5f)
Dies hat" ... bis heute nicht voll überwundene Folgen gehabt, z. B. auch die, daß die SPD auf-gehört, eine klare Partei mit einem klaren Wollen zu sein." (ebenda, S. 217)
"Selbst im Fall einer Revolution würden die Deutschen sich nur Steuerfreiheit, nie Gedanken-freiheit erkämpfen."
Friedrich Hebbel, Tagebücher, 1. Band. 140 (1836). Hist.-krit. Ausgabe besorgt von Richard Maria Werner. Zweite Abteilung. Neue Subskriptions-Ausgabe, 3. unv. Auflage. Berlin: Behr, 1905. S. 30.
Urmel
@aufhebend Es ist doch schön, dass man sich in der heutigen Zeit als Arbeitnehmer oder Rentner noch auf irgendetwas verlassen kann: "Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten!" trifft auch noch nach über 100 Jahren zu.
Lowandorder
Der Verrat
Sebastian Haffner -
Immer wieder gern genommen!
(…auch wenn Hans-Jochen Vogel -
sich Richtung Herzkaschperl
verfärbte; Sorry - aber das ließ sich halt nicht vermeiden! - it's the truth!
Max Mutzke
"Auch der SPD-Vorsitzende und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel sprach sich in einem am Samstag in mehreren Zeitungsanzeigen veröffentlichten offenen Brief für die Abkommen aus."
Ja, taz, das war peinlich!
Lowandorder
Chapeau nach Berlin - &
"…Auch der SPD-Vorsitzende und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel sprach sich in einem am Samstag in mehreren Zeitungsanzeigen veröffentlichten offenen Brief für die Abkommen aus."
Übergeraschung ->
Siggi Plopp - bastelt weiter - an seiner
Anschlußverwendung.
Dafür alles Schlechte.
Aber - bitte - Bald!
Danke.
Konrad Ohneland
"Auch der SPD-Vorsitzende und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel sprach sich in einem am Samstag in mehreren Zeitungsanzeigen veröffentlichten offenen Brief für die Abkommen aus." Jepp, da hat die taz auch mal ganz gern das Geld genommen, gell?
Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
@Konrad Ohneland Ja. Sehen Sie ein Problem darin, dass wir unsere Arbeit auch mit Anzeigen finanzieren, solange das keinen Einfluss auf die Berichterstattung hat?
Max Mutzke
@Malte Kreutzfeldt Wenn Sie Ihre Berichterstattung mit diesen Anzeigen quasi konterkarieren und der Leserschaft per Berichterstattung das eine und per Anzeige das andere vermitteln, dann ist das schon sehr fragwürdig. Warum keine Werbung von Monsanto oder Bild?
1714 (Profil gelöscht)
Gast
Wenn die Befürworter der Abkommen recht haben, warum werden die Texte dann so streng geheim gehalten? Und es gibt keine ernstzunehmende Untersuchung vorhandener Abkommen -etwa mit Mexico- die den Optimismus der Befürworter teilen. Im Gegenteil, alle Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Kritiker vollkommen richtig liegen.
3784 (Profil gelöscht)
Gast
@1714 (Profil gelöscht) Die Treffen werden aus zwei Gründen geheimgehalten: Die Sache stinkt bestialisch zum Himmel, und Verhandlungsführer wie Auftraggeber halten sich für Sonnenkönige, wenn sie sich gegenseitig vorstellen: "L'etat c'est moi!"
Urmel
Müssen wir uns nicht auch bei diesem Thema voller Begeisterung hinter Frau Merkel scharen? Diese Dame zelebriert doch derzeit soviel Humanität, dass einem fast schwindlig wird. Es kann doch also gar nichts Schlimmes in den angestrebeten Vereinbarungen mit den USA stecken, wenn sich Frau Merkel so dafür einsetzt.
Läufer
@Urmel Ja natürlich. Und wenn die großen Konzerne schön verdienen, dann dürfen sie halt auch ansagen, wo es lang geht in der Welt. So ist die gottgewollte Ordnung, Oben und Unten, Herr und Knecht.
Gabriel Renoir
@Urmel Es geht um Zollabbau und einheitliche Standards. Im Grunde geht es gegen China mit seinen niedrigen Standards, siehe Luftverschmutzung. China hat die USA schon als größte Volkswirtschaft der Welt überholt, wenn man das Bruttoinlandsprodukt nach Kaufkraftparität nimmt.
anteater
@Gabriel Renoir Falsch! Im Grunde geht es gegen Sozial-, Verbraucherschutz- und Umweltstandards in der EU. Und natürlich um die Umverteilung unser aller Kohle an Großkonzerne.
DR. ALFRED SCHWEINSTEIN
"China hat die USA schon als größte Volkswirtschaft der Welt überholt..."
Ja, und?
ShieTar
Zölle und Standards können die betroffenen Staaten jederzeit auch ohne Freihandelsabkommen abbauen und vereinheitlichen, diese Gründe fallen also bei genauer Betrachtung aus.
Es geht in erster Linie darum das Anrecht der Konzerne auf maximale Gewinne ungeachtet der Interessen des Volkes als Quasi-Gesetz zu verankern, und eine parallele Gerichtsbarkeit mit der Durchsetzung dieses Gesetzes zu beauftragen.
Urmel
@Gabriel Renoir Ist ja gut. Ich knie sofort nieder und neige mein Haupt angesichts der unermesslichen Weitsicht der Kanzlerin und ihrem beständigen Streben, dem Wohlergehen des deutschen Volkes zu dienen.