Deutschlands größte Demo seit Jahren: Hunderttausende gegen TTIP
Die Organisatoren sprechen von 250.000 Menschen, die Polizei schätzt 150.000. So oder so war die Anti-TTIP-Demonstration in Berlin die größte seit Jahren.
Bei Sonnenschein und blauem Himmel versammelten sich mehrere zehntausend Demonstranten bereits am frühen Vormittag vor dem Berliner Hauptbahnhof. Die TTIP-Gegner waren unter anderem mit fünf Sonderzügen sowie mehr als 600 Bussen angereist. Die Banner, Fahnen und Plakate auf dem Demonstrationszug spiegelten die Vielfalt der teilnehmenden Verbände wieder: Gewerkschaften, Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen, Globalisierungskritiker sowie Anhänger der Grünen und der Linken unterstützten die Proteste.
Die Organisatoren hatten im Vorfeld mit 50.000 bis 100.000 Teilnehmern gerechnet. Wegen des großen Andrangs war aber am Bahnhofsvorplatz gegen Mittag kein Durchkommen mehr. Die S-Bahnen konnten nach Angaben der Deutschen Bahn den Hauptbahnhof zeitweise nicht mehr anfahren. Auch U-Bahn-Stationen entlang der Route zur Siegessäule mussten nach Polizeiangaben zeitweise gesperrt werden.
Die Polizei sei mit rund 1000 Beamten im Einsatz, sagte Berlins Polizeisprecher Stefan Redlich. Die Demonstration bezeichnete er als „störungsfrei“. Die Polizei änderte die Marschroute wegen der hohen Teilnehmerzahl jedoch kurzfristig. Als im Tiergarten bereits die Abschlusskundgebung lief, harrten noch immer 50.000 Demonstranten am Hauptbahnhof aus. Insgesamt bezifferten die Veranstalter die Zahl der Demonstranten auf 250.000. Redlich sprach zunächst von knapp 100.000 Teilnehmern, bald gab die Polizei aber die Zahl von 150.000 an.
20 Protestwagen begleiten die Demo
„Wir sind hier weil wir die Zukunft nicht den Märkten überlassen, sondern die Demokratie retten wollen“, sagte Michael Müller, Bundesvorsitzender der Naturfreunde Deutschlands, in einer Ansprache. Zu den weiteren Rednern gehörten der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann, die SPD-Politikerin Gesine Schwan, der Grünen-Vorsitzende Anton Hofreiter sowie Linken-Chef Bernd Riexinger.
Die Demonstranten wurden unter anderem von 20 Protestwagen begleitet. Trommlergruppen und andere Musiker säumten die Straßen. Immer wieder erschallte der Ruf „Stopp TTIP!“ aus der Menge, die sich in ihrer Ablehnung gegenüber den Freihandelsabkommen durchaus uneinig ist. Der DGB lehnt das TTIP-Abkommen zwischen EU und USA sowie den Ceta-Vertrag zwischen der EU und Kanada in seiner derzeit geplanten Form ab. Globalisierungskritiker wie Attac plädieren hingegen für ein gänzlich anderes Wirtschaftssystem.
Die Kritiker der Abkommen befürchten unter anderem sinkende Sozial-, Umwelt- und Verbraucherstandards sowie eine Schwächung demokratischer Institutionen. Zu den umstrittensten Aspekten gehört die Einrichtung sogenannter Investor-Staats-Schiedsgerichte sowie die Geheimhaltung der Verhandlungen, von denen auch Europa- und Bundestagsabgeordnete weitestgehend ausgeschlossen sind. „Schluss mit der Geheimdiplomatie“, forderte deshalb DGB-Chef Hoffmann auf der Abschlusskundgebung.
Die Fürsprecher von TTIP und Ceta warben ebenfalls für ihre Position. Im Rahmen einer vom Bund der Deutschen Industrie (BDI) finanzierten Kampagne fuhren Lastwagen und ein Schiff mit Plakaten durch die Straßen Berlins und über die Spree. Auch der SPD-Vorsitzende und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel sprach sich in einem am Samstag in mehreren Zeitungsanzeigen veröffentlichten offenen Brief für die Abkommen aus.
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