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Deutsches TV und die FrauenquoteArbeitstitel „Sender sucht Frau“

Am 28. April ist wieder Girls`Day. Bei den Öffentlich-Rechtlichen tut sich was bei Frauen in Führungspositionen. Bei den Privaten sieht es mies aus.

Beim ZDF in Führungsposition (l-r): Anne Gellinek, Nadine Bilke, Bettina Schausten und Frank Zervos Foto: Tim Thiel/ZDF/dpa

A m 28. April ist ja wieder Girls’ Day. In Berufe reinzuschnuppern, die weniger nach alter Mutter- oder Vätersitte riechen, ist das Ziel. Und so finden sich auch 2022 Angebote wie „Hier auf’n Putz hauen: Ein Tag im Baucamp als Malerin/Lackiererin und Trockenbaumonteurin“ der VDI Garage Leipzig.

Schön wäre, wenn auch die öffentlich-rechtlichen Sender ihre Girls’-Day-Angebote ergänzten. Also wenn es neben einem Tag bei der Redaktion Wissen und Bildung wie beim MDR Fernsehen auch „Ein Tag als Intendantin, Programmdirektorin, Chefredakteurin“ usw. gäbe. Schließlich haben die von ARD bis ZDF derzeit ganz prinzipiell ihre liebe Not mit dem kreativen Nachwuchs, weil die heute lieber bei Netflix coole Serien schauen. Und später vielleicht auch lieber dort ihr Ding machen.

Damit oben wer ankommt, muss unten angefangen werden. In den höheren Etagen der Sender sah es bislang allerdings mit Führungsfrauen eher mau aus. ProQuote wurde und wird nicht müde, darauf hinzuweisen. Und siehe da, es tut sich was. Nach dem aktuellen Monitoring Rundfunk, das ProQuote gerade vorgestellt hat, machen sie vor allen bei den Öffentlich-Rechtlichen ihre Hausaufgaben.

Die Spitzenplätze belegen der RBB mit 57,4 Prozent und die Deutsche Welle mit 50,8 Prozent Frauen in redaktionellen Führungspositionen. Sie erfüllen damit sogar die Forderung nach der Quote. Bis auf den HR (29,4 Prozent) und den SR (36,1 Prozent) erreichen alle Sender immerhin einen „Frauenmachtanteil“ von mindestens 40 Prozent. Und bei (fast) allen Sendern zeigt sich im Vergleich zur Erhebung 2017/18 ein klarer Trend zur hierarchischen Umverteilung von männlich zu weiblich.

Mieser sieht es bei den Privaten aus

Nur der WDR hat es hinbekommen, in den letzten fünf Jahren bei den Männern sogar nochmal zuzulegen. Mit dem Zweiten sieht’s bald aber besser aus. Denn hier treten zum 1. Mai Nadine Bilke als neue Programmdirektorin und im Herbst Bettina Schausten als neue Chefredakteurin an, was in der aktuellen Statistik noch gar nicht auftaucht.

„Da freu ich mich für alle Frauen in redaktionellen Führungspositionen. Doch bei den weiblich besetzen technischen Führungsrollen hinken alle Sender sehr hinterher“, trauert die Mitbewohnerin. Noch mieser sieht es bei den Privaten aus. Bei ProSieben, Sat.1 und RTL dümpelt der Frauenanteil bei Führungspositionen weiter bei unter 30 Prozent. Seitdem die RTL-Sendergruppe mit dem männlich dominierten Verlagsriesen Gruner + Jahr fusioniert wurde, ist’s dort ganz duster. Wo früher eine Anke Schäferkordt den Privat-TV-Riesen führte, weist ProQuote aktuell nur noch 13,8 Prozent „Führungsfrauen“ aus. Da wäre also mal ganz klar ein neues Girl’s-Day-Format angesagt, Arbeitstitel „Sender sucht Frau“.

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Steffen Grimberg
Medienjournalist
2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"
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1 Kommentar

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  • Offiziell nennt es sich "Girls and Boys Day". Ein Geschlecht weg zu lassen ist sexistisch.

    Allerdings frage ich mich warum das Geschlecht in den Medien wichtig ist. Solange gut moderiert wird, ist das Geschlecht völlig egal. Man guckt wegen der Show, inkl. der Moderation. Ich glaube niemand sucht sich eine Sendung nach "Ich möchte jetzt eine Frau sehen" aus.