Deutscher Verteidigungshaushalt: Mitgehangen, mitgewonnen
Wenn der Verteidigungsetat steigt, erhöhen sich die Ausgaben für Entwicklung. Umgekehrt gilt das allerdings leider auch.
Der schwarz-rote Koalitionsvertrag schien eindeutig. Den absehbaren finanziellen Spielraum der nächsten vier Jahre, so ist in dem Mitte März vereinbarten Papier zu lesen, würden Union und SPD unter anderem dazu nutzen wollen, um den Verteidigungsetat und die Ausgaben für die Entwicklungszusammenarbeit im Verhältnis eins zu eins zu erhöhen – und zwar bis 2021 um insgesamt zwei Milliarden Euro.
Inzwischen steht fest, dass diese erstaunlich niedrige Summe offenkundig nur der Rücksicht auf das damals noch bevorstehende SPD-Mitgliedervotum geschuldet war. Jedenfalls verkündete Finanzminister Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch, dass der Verteidigungsetat alleine in diesem Jahr um 1,5 Milliarden Euro steigt. In den kommenden Jahren sollen weitere Milliarden hinzukommen.
Nach den Planungen von Scholz sollen die Militärausgaben von 37 Milliarden Euro im vergangenen Jahr bis 2021 auf mehr als 42 Milliarden Euro steigen.
Nach den Vorstellungen von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) ist das aber noch viel zu wenig. Zwar sei sie mit dem aktuellen Haushalt zufrieden. Es sei jedoch „wichtig, dass im Haushaltsaufstellungsverfahren für die äußere Sicherheit eine solide Finanzperspektive auch für die nächsten Jahre geschaffen wird“, formulierte sie am Mittwoch diplomatisch.
Eine interessante Allianz
Konkret fordert von der Leyen 12 Milliarden Euro. Sonst könne mindestens eines der verabredeten großen internationalen Rüstungsprojekte nicht beginnen können. Beispielsweise könnte ein U-Boot-Projekt mit Norwegen auf der Kippe stehen, heißt es aus dem Verteidigungsministerium.
Um höhere Militärausgaben im Kabinett durchzusetzen, hat von der Leyen eine interessante Allianz mit Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) geschlossen. Dessen Etat soll zwar in diesem Jahr um 978 Millionen auf rund 9,4 Milliarden Euro steigen. Für die folgenden Jahre plant Finanzminister Scholz allerdings weniger Geld ein.
Danach würden Müller im 2021 nur noch knapp 8,7 Milliarden zur Verfügung stehen. Das wäre jedoch ein Verstoß gegen den Koalitionsvertrag. Denn dort heißt es, Deutschland werde „verbindlich“ seinen internationalen Verpflichtungen „zur weiteren Steigerung der ODA-Quote nachkommen“.
Die sogenannte ODA-Quote dokumentiert den Anteil der öffentlichen Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit am Bruttonationaleinkommen. Die Bundesrepublik hat sich bereits 1972 dem Ziel der Vereinten Nationen verpflichtet, 0,7 Prozent für Entwicklungshilfe aufzuwenden. Gegenwärtig kommt sie auf 0,58 Prozent – allerdings auch nur, weil sie die inländischen Flüchtlingskosten mitrechnet.
Mehr Entwicklung heißt mehr Militär
Real liegt Deutschland bei 0,5 Prozent. Ab dem kommenden Jahr droht die ODA-Quote zudem wieder zu sinken. „Damit können wir den Anforderungen an uns in der Welt nicht genügen“, klagt Müller.
Nicht ganz uneigennützig ist von der Leyen nun ihrem Kabinettskollegen beigesprungen. In einer gemeinsamen Protokollnotiz bekundeten die beiden in der gestrigen Kabinettssitzung, sie stimmten der Finanzplanung von Scholz für das kommende Jahr nur „in der Erwartung zu“, dass für 2019 „die noch fehlenden Mittel aufgebracht werden, um ein Absinken der ODA-Quote zu verhindern.“
Dies unterstütze „über den vereinbarten Eins-zu-Eins-Mechanismus zugleich das Ziel der Bundesregierung, die Bundeswehr und die Europäische Verteidigungsstruktur zu stärken“.
Übersetzt heißt das: Mehr Entwicklungsausgaben müssen auch einen höheren Militäretat zur Folge haben. Ob sich das die SPD-UnterhändlerInnen, die vermeintlich zur Stärkung der Entwicklungszusammenarbeit diesen „Eins-zu-Eins-Mechanismus“ in den Koalitionsvertrag verhandelt hatten, auch so vorgestellt haben? „Die internationalen Krisen nehmen zu, in denen die Bundeswehr und wir gefordert sind“, begründete Entwicklungsminister Müller das problematische Junktim.
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