Deutscher Friedensaktivist über Biden: „Alle Kriegseinsätze mitgetragen“
Achim Müller engagiert sich gegen Krieg im Allgemeinen und die US-Airbase Ramstein im Speziellen. Auf den neuen US-Präsidenten gibt er nicht viel.
taz: Herr Müller, was bedeutet der Regierungsantritt von US-Präsident Joe Biden für die Friedensbewegung?
Achim Müller: Ich gehe davon aus, dass unsere Protestbedingungen unter Biden nicht besser werden. Er hat schon angekündigt, an der Forderung festzuhalten, dass die Nato-Staaten zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für das Militär ausgeben sollen. Das bedeutet ja in Wahrheit, dass sie rund 20 Prozent ihres Haushaltes dafür aufwenden sollen. Er will die Nato stärken und die USA wieder – so sagt er – als verlässlichen militärischen Partner etablieren. Der noch von Präsident Trump angekündigte teilweise Truppenabzug aus Deutschland ist ja leider schon wieder rückgängig gemacht worden. Und Biden sieht sogar eine Verschärfung von Sanktionen gegen Firmen vor, die sich am russisch-deutschen Gaspipeline-Projekt Nord Stream 2 beteiligen. Bidens Kritik an Trump ist eine innerimperialistische, keine antimilitärische Kritik.
55, ist Berufsschullehrer in Landstuhl, Friedensaktivist und Sprecher der „Pfälzer Initiative Entrüstet Euch!“.
Erwarten sie von Biden nicht doch auch Signale in Richtung Entspannung?
Trump hat zum Beispiel in Richtung Kuba politischen und völkerrechtswidrig wirtschaftlichen Druck wieder aufgebaut, um einen „Regime-Change“ zu erzwingen und sogar als letzte Aktion Kuba wieder auf die Liste der „terrorunterstützenden Staaten“ gesetzt. An dem Ziel, die kubanische Regierung zu stürzen, wird auch Biden festhalten. Doch er setzt auf „sanftere“ Methoden. Er hat bisher aber alle Kriegseinsätze der USA mitgetragen, im Irak, in Jugoslawien, Syrien, Libyen und im Jemen. Er ist nicht gegen den Drohnenkrieg. Allerdings hat er immerhin die extralegale Hinrichtung des iranischen Generals Qasem Soleimani im Irak kritisiert und vielleicht korrigiert er Trumps Kurs zum Atomvertrag mit dem Iran. Doch eine große Veränderung erwarte ich nicht.
Was bedeutet das für die Friedensbewegung und ihre Aktionen?
Im Frühjahr wollen wir von der Pfälzer Initiative „Entrüstet Euch“ gemeinsam mit der Kampagne Stop AirBase Ramstein das Thema sozial-ökologische Konversionskonzepte der Militärregion Kaiserslautern vertiefen. Dazu wurde eine Konversionsbroschüre entwickelt. Schwerpunkt unserer Arbeit ist die weitere Vernetzung mit umweltpolitisch aktiven Gruppen, um die schlimmen ökologischen Folgen der militärischen Nutzung der Westpfalz auf die Tagesordnung zu setzen. Für die zweite Juliwoche planen wir außerdem die Aktionstage gegen die AirBase Ramstein, mit einem Friedenscamp, Demonstrationen und einer Info-Veranstaltung in Kaiserslautern mit prominenten FriedenspolitikerInnen. Für unsere Agenda ändert sich durch den Amtswechsel in den USA wenig. Es bleibt viel zu tun.
Was erwarten Sie von Biden innenpolitisch?
Ich erwarte von ihm keine progressiven Reformen. Er hat in den 80er Jahren Reagens Sozialabbau und Steuersenkungen für die Reichen zugestimmt. Er ist ein neoliberaler Demokrat. In den 90er Jahren hat er sich für die Verschärfung der Strafgesetze und die Aufrüstung der Polizei eingesetzt. Das hat vor allem die afroamerikanische und hispanische Bevölkerung getroffen. Anders als von Trump ist von ihm aber keine offen rassistische Rhetorik zu erwarten; das mag ein kleiner Fortschritt sein.
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