piwik no script img

Deutsche Umwelthilfe gegen WerbungReklame beschleunigt Klimakrise

Ungewollte Werbepost im Briefkasten stört nicht nur, sie verursacht auch Tausende Tonnen CO2. Die Deutsche Umwelthilfe kritisiert dafür die Deutsche Post.

Einige nervt sie – und klimaschädlich ist Werbung auch Foto: imago

Berlin dpa/taz | Ungewollte Briefkastenwerbung verursacht nach Berechnungen der Deutschen Umwelthilfe jährlich einen Ausstoß von mehr als einer halben Million Tonnen Kohlendioxid (CO2). Das geht aus aktuellen Daten hervor, die der Umweltverband an diesem Freitag vorstellt und die der dpa vorab vorlagen.

Demnach könnten bei der Papierherstellung pro Jahr bis zu 535.000 Tonnen des Klimagases gespart werden, wenn nur noch jene Haushalte Werbepost erhielten, die das auch wünschten. Derzeit gilt die Regelung, dass Haushalte unerwünschte Werbepost explizit ablehnen müssen, etwa per Aufkleber „Bitte keine Werbung“, wenn sie nichts erhalten möchten. Zum Vergleich: In ganz Deutschland wurden im Jahr 2020 rund 739 Millionen Tonnen Treibhausgase freigesetzt. Der Anteil der ungewollten Werbepost daran liegt also unter 0,1 Prozent – ist also verschwindend gering.

Die Deutsche Umwelthilfe fordert dennoch, per Gesetz eine umgekehrte „Opt-In-Regelung“ einzuführen, die den Einwurf von Werbepost nur noch bei jenen erlaubt, die ausdrücklich auf dem Briefkasten markieren, dies zu wollen.

Nach Schätzungen des Umweltbundesamts fallen pro Haushalt wöchentlich etwa 500 bis 700 Gramm unverlangte Werbung und kostenlose Zeitungen an. Die DUH schätzt, dass etwa drei Viertel der Bürgerinnen und Bürger keine Werbung mehr erhielten, wenn eine Opt-In-Regel gelten würde. Auf dieser Annahme basiere auch das errechnete CO2-Einsparpotenzial.

28 Prozent gegen Werbepost

Bislang würden lediglich etwa 28 Prozent der Bürger per Aufkleber kenntlich machen, dass sie keine Werbepost wünschten, schreibt die DUH in Berufung auf Daten der Zeitungsmarktforschungsgesellschaft ZMG.

Mit der Opt-In-Regel müsse „niemand auf etwas verzichten. Wer weiterhin Werbung will, bekommt sie“, sagte DUH-Vizegeschäftsführerin Barbara Metz. „Der ungelesene und sinnlos produzierte Großteil“ aber wird eingespart“, so Metz.

Enttäuscht zeigte sie sich vor allem von der Deutschen Post als „einem der hauptverantwortlichen Akteure für unadressierte Werbepost“. Das Unternehmen wolle „nach eigenen Aussagen schon in wenigen Jahren klimaneutral sein. Ohne entscheidende Änderungen bei der Verteilung unadressierter Werbepost wird dies allerdings nicht zu machen sein“, erklärte Metz. Laut DUH-Berechnungen sei „die Deutsche Post für jährlich eine Milliarde ‚Einkaufaktuell‘-Werbebroschüren verantwortlich.

100.000 Unterschriften an Justizministerium

Bereits im vergangenen Dezember hatte sich der Verband mit diesem Anliegen und 100.000 gesammelten Unterschriften an das Bundesjustizministerium gewandt. Zur gewünschten Gesetzesänderung kam es bislang nicht. Auf dpa-Anfrage teilt das Ministerium mit, dass es das Anliegen der Umweltschützer nachvollziehen könne und dass mögliche Regelungsoptionen derzeit geprüft würden. Noch seien aber wichtige Abwägungsfragen ungeklärt, etwa mit Blick auf mögliche Nachteile für örtliche Unternehmen.

Werbepost sei beispielsweise für den stationären Handel „ein wichtiges Instrument der Absatzförderung“, erklärte eine Sprecherin. Darüber hinaus könnte eine Opt-In-Regelung auch die Pressefreiheit betreffen, wenn etwa Anzeigenblätter mit redaktionellem Teil von einem Verbot erfasst würden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Was ist mit den sinnlosen Wahlplakaten aller Parteien? Da wird doch die Papiermenge der Werbebriefe pro Person übertroffen.



    Erzähle mir niemand, dass da Inhalte drauf stehen

  • Ich bekomme seit Jahrzehten keinerlei unerwünschte Werbung, weil ich mich mit gleicher Penetranz wie die Werbenden unter Verweis auf das BDSG bzw. seit 2018 auf Art. 7 DSGVO dagegen zur Wehr gesetzt habe. Das funktioniert zu 100%, man muss es nur konsequent tun.

    Allein der Hinweis auf die DSGVO scheint heute viele Unternehmen nervös zu machen...

    • @Grenzgänger:

      Das hilft aber nicht gegen Werbung, die nicht adressiert ist. Bei uns schmeißt die Post die Prospektstapel einfach ins Treppenhaus des Mehrfamilienhauses. Da bringt es auch nichts, einen Aufkleber mit "Keine Werbung" am Briefkasten anzubringen.

  • Mindestens so nervig und sinnlos sind die auch in Kleinstädten in den letzten Jahren überall aufgestellten Lichtwerbetafeln. Trotz energiesparender LEDs ist das eine sinnlose CO2 Emission, von Produktion, Aufstellung und Betrieb.

    Co2 sparen bedeutet, Konsum einschränken.

  • 3G
    32533 (Profil gelöscht)

    Der Streithansel empfiehlt der DUH:

    Nicht nur kritisieren, sondern klagen.



    Nicht nur beklagen, sondern vor der zuständigen Gerichtsbarkeit klagen.

  • Gegen adressierte Werbung kann die Robinsonliste helfen:



    de.wikipedia.org/w...gmarketing_Verband

  • 0G
    02854 (Profil gelöscht)

    Und gleich mal die Werbung der Online-Medien mit stoppen! 25% de4 weltweiten Co2 Produktion für die Energie des Internets geht auf Werbung!

    Und ja, liebe TAZ, ZON, SPON, FAZ etc. damit seit in Deutschland auch ihr gemeint!

  • "... Pressefreiheit".

    Na denn.

  • Ja, es mögen nur 0,1% sein. Aber wenn wir es "umsonst" haben können. Warum nicht?