Deutsche Haltung zu Trump: Verbiegen lernen
Wie geht man nur mit dem US-Präsidenten um? Wirft man sich in den Staub? Kritisiert man ihn? Das hilft auf jeden Fall vorsorglich: ein Massagesessel.

M it dem Amtsantritt von Donald Trump ist klar: Die nächste Bundesregierung wird viele gute Physiotherapeutinnen und Masseure brauchen, um die Schmerzen beim Umgang mit dem aggressiven US-Präsidenten zu behandeln. Das Verbiegen und Verrenken wird in den kommenden vier Jahren höllisch wehtun.
Schon jetzt kann man kaum noch dabei zusehen, wie sich die amtierenden und potenziellen Regierungsmitglieder im deutschen Wahlkampf winden, wenn sie nach Trump und seinen radikalen Plänen gefragt werden. SPD-Chef Lars Klingbeil spricht von einem „schwierigen Balanceakt“, bei dem es darum gehe, „genau rauszufinden: Wo kann man zusammenarbeiten, wo muss man sich abgrenzen?“ Tja. Genau das ist die große Frage, und die Antwort fällt nur denen leicht, die höchstwahrscheinlich nicht regieren werden.
Die AfD kann Trump unverhohlen bejubeln, die Linke kann ihn unbesorgt verdammen. Alle anderen müssen angesichts der massiven deutschen Abhängigkeit von den USA in militärischen und wirtschaftlichen Dingen unwürdig herumeiern. Womit immerhin die Chancen von Robert Habeck auf eine Regierungsbeteiligung wieder deutlich gestiegen sind. Er hat ja schon Erfahrung darin, wie man doppelbödig mit Unsympathen umgeht, auf die wir angewiesen sind. Den deutschen Fußballern dringend Protest in Katar empfehlen, aber selbst tief vor dem Emir buckeln, um Gas zu erbetteln – für Habeck kein Problem. Vielleicht nennt ihn Friedrich Merz deshalb jetzt schon zärtlich „Wuschelbär“.
Merz selbst übt derweil bereits eifrig die devote Unterwerfungshaltung, indem er den Trump-kritischen deutschen Botschafter in Washington als „politischen Aktivisten“ abstempelt, der es am nötigen Respekt vor dem US-Präsidenten mangeln lasse, über den Merz sagt: „Wir teilen dieselben Werte.“ Nun ja. Vielleicht meint Merz damit ja die Zurückweisungen von MigrantInnen. Doch selbst der CDU-Chef wird noch an die Grenzen seiner Biegsamkeit stoßen, wenn Trump in fremde Länder einmarschiert oder Zölle androht. Mal sehen, wer dann einknickt.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?