piwik no script img

Deutsch-russische BeziehungenDie Reiselust ist ungebrochen

Die Einreisesperre für den CDU-Abgeordneten Karl-Georg Wellmann hält andere Politiker nicht von Besuchen in Russland ab.

Will nicht jeden in Russland sehen: Präsident Wladimir Putin. Foto: reuters

BERLIN taz | Solidarität mit dem CDU-Abgeordneten Karl-Georg Wellmann, dem am vergangenen Sonntag auf dem Moskauer Flughafen Scheremetjewo ohne Angabe von Gründen die Einreise nach Russland verwehrt worden war? Eine Reaktion, wie die von Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer (CSU), der einen Trip in die russische Hauptstadt spontan absagte?

Von wegen! Die Sperre, die nach Angaben der russischen Behörden für Wellmann bis 2019 gelten soll und von der auch die deutsche grüne Europaabgeordnete Rebecca Harms betroffen ist, scheint der Reiselust anderer Parlamentarier keinen Abbruch zu tun.

So machte sich der CDU-Arbeitsmarktexperte Peter Weiß in dieser Woche auf den Weg nach Moskau, um an einer Konferenz der Konrad-Adenauer-Stiftung mit der orthodoxen Kirche teilzunehmen. „Es nutzt nichts, wenn nun kein Abgeordneter aus Deutschland mehr nach Russland reist“, sagte Weiß am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters.

Der parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Max Straubinger, kündigte an, mit den Abgeordneten Bernhard Kaster, Helmut Heiderich und Bernhard Schulte-Drüggelte (alle CDU) am Donnerstag nach St. Petersburg zu reisen. Dort wolle man auch Probleme ausländischer Nichtregierungsorganisationen ansprechen.

Auf einen Dialog mit Russland, das sich derzeit immer stärker abschottet und den Druck auf die Zivilgesellschaft verstärkt, setzen auch Vertreter anderer Fraktionen. Als Antwort auf die russische Politik brauche man eine klare Benennung von Tatsachen im Dialog, das bedeute aber auch die Kontroverse, sagt die grüne Abgeordnete Marieluise Beck. Sie lehnt es strikt ab, dass der Kreml nur noch mit denen spricht, die er selber aussucht.

Mehr bilaterale Gespräche

„Der Gesprächsfaden zwischen den Parlamentariern unserer Länder darf gerade in Zeiten der Krise nicht abreißen. Dies würde nur diejenigen Kräfte in Russland stärken, die eine weitere Abschottung Russlands vom Westen propagieren“, meint der SPD-Abgeordnete Niels Annen.

Ähnlich argumentiert auch der Linkspolitiker Andrej Hunko. Eine Art Boykott von Russlandreisen sei kontraproduktiv. In der aktuellen Situation brauche man mehr bilaterale Gespräche und nicht weniger, so Hunko gegenüber der taz.

Doch vor allem die Linkspartei will es nicht bei einer Fortführung des Dialogs mit Russland belassen. Die Abweisung Wellmanns sei schließlich eine Reaktion des Kremls auf die Einreiseverbote für russische Politiker im Rahmen der wegen der Ukrainekrise verhängten westlichen Sanktionen, so der Tenor.

Und diese Sanktionen müssten weg. „Deutschland sollte Russland verblüffen und die Liste, der zufolge einige russische Abgeordnete nicht nach Deutschland kommen dürfen, aufheben. Deutsche Vernunft und Dialogfähigkeit können dazu führen, dass auch russische Einreiseverbote sehr schnell aufgehoben werden“, sagt Linkspolitiker Wolfgang Gehrcke.

Er und einige Mitglieder der deutsch-russischen Parlamentariergruppe wollen übrigens im Juli nach Moskau und Sibirien reisen. Wie er reagieren würde, sollte einem Mitglied der Delegation die Eintrittskarte für Russland verwehrt werden? „Wenn ich dabei bin, gibt es in Moskau kein Einreiseverbot“, sagt Gehrcke. Na, mal sehen!

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Es wird einem Angst und Bange bei diesen Russlandexperten ohne Russischkenntnisse. Das gilt für Wellmann, Harms, Beck, Cohn-Bendit - zum Glück kann Putin Deutsch.

    Schon von daher ist es eher ein Problem für Westeuropas Politiker deren Kenntnisse im Sprachbereich "Slavistik" sowieso unterentwickelt ist.

    Sieht man den Terminkaledner von Putin durch auf der Kremel Homepage habe ich keinesfalls den Eindruck, dass der isoliert sei. Aktuell wird gerade ein riesiger Japanbesuch vorbereitet - wo die USA aktuell alles versuchen den zu verhindern.

  • Hinsichtlich der unerfüllten Reisewünsche einiger westlicher Politiker in Richtung Moskau ist zu vermerken, dass im Gegenzug Putin seine Kolonnen von Panzern und sonstiges Arsenal in der Grenzregion zur Ukraine aufmarschieren lässt. Dies geschieht in der Zeit der Vorbereitung des G7-Gipfels in Elmau, zu dem man ihn nicht eingeladen hat. Das Putin-Programm ist klar: Während der Sotschi-Olympiade ließ er die Krim besetzen und zeigte der Welt den Stinkefinger des "Ihr könnt mich mal...". Jetzt könnte er das G7-Meeting in Elmau nutzen, um seine Expansionspolitik in der Ukraine im Schnelldurchgang mit seinen "Separatisten" zu absolvieren: Er wird den Osten der Ukraine als "gerettetes russisches Land" in seiner Propaganda verkaufen lassen. Das Minsker Abkommen, das der Westen als Symbolerfolg präsentierte, so muss man befürchten, interessiert Vladimir Putin schon lange nicht mehr!!

  • Wer hat denn begonnen mit der Abschottung Rußlands? Nix mehr G8- Soll der Russe doch schaun, wer noch mit Ihm spricht! Der wird jetzt isoliert, bis er auf den Knien rangerobbt kommt!

     

    Dumm nur, daß die ganze Restwelt bereit ist, mit dem bösen, bösen Russen zu sprechen. Und der heilige Westen muß zusehen, wie andere Nationen nur zu gerne in die Lücke springen. Am goldigsten ist ja die Beck: Sie lehnt es strikt ab, dass der Kreml nur noch mit denen spricht, die er selber aussucht. LOL!

     

    Frau Beck, das ist nicht Griechenland, das ist Rußland! Das Land mit den Rohstoffen, die WIR bräuchten, das Land, das NICHT über beide Ohrwaschl verschuldet ist und ganz nebenbei zu den Atommächten zählt. Was sie, oder eine Merkl dazu meinen, das führt jetzt da höchstens zu Heiterkeitsausbrüchen. Diese "mächtigste" Frau der Welt hat es tatsächlich geschafft, alle Annähreungen von Brandt bis Kohl mit einen Besuch ad acta zu legen. Mächtig blöd- aber dem ist so.

     

    Bitte mal in der Realpolitik ankommen. Oder noch besser: sich lieber mal um die Infrastruktur vor Ort kümmern, statt das hierfür benötigte Geld den Banken und er Ukraine für Bomben nach zu schmeißen.

    • @Michael Zetti:

      Genau, Russland kann tun und machen was es will und wir haben gefälligst dazu zu lächeln. Wie weltfremd ist das denn.