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Deutsch-israelische KonferenzAmichai Chikli wieder ausgeladen

Der umstrittene israelische Politiker kommt doch nicht für eine Konferenz nach Berlin. Die Organisatoren luden ihn aus, nachdem die taz berichtet hatte.

Amichai Chikli, hier bei einer Veranstaltung in Polen im Januar Foto: Dominika Zarzycka/Zuma Press/imago

Berlin taz | Der umstrittene rechte Politiker Amichai Chikli wird doch nicht zu einer deutsch-israelischen Konferenz nach Berlin kommen, auf der Deutschlands Justizminister Marco Buschmann die Eröffnungsrede halten soll. Chikli ist für homophobe Ansichten bekannt, traf sich mit schwedischen Rechtsradikalen und nahm am Sonntag an einer Siedler-Konferenz in Jerusalem teil, auf der die Wiederbesiedlung des Gazastreifens gefordert wurde.

Nachdem die taz am Dienstag über seine geplante Teilnahme berichtet hatte, wurde Chikli nun von der Konferenz mit dem Titel „Joint Perspectives“ ausgeladen. „Obwohl es erste Gespräche über die mögliche Teilnahme von Minister Chikli gab, wird er nicht an der Veranstaltung teilnehmen“, erklärte eine Sprecherin der Tageszeitung Die Welt am Donnerstag gegenüber der taz. Die Welt organisiert die Konferenz zusammen mit der israelischen Jerusalem Post.

Stattdessen soll bei der deutsch-israelischen Konferenz in Berlin am 14. Februar nun der israelische Politiker Gideon Sa’ar sprechen. Auch er ist ein rechter Hardliner. Im Jahr 2005 lehnte er den Abzug israelischer Siedlungen aus dem Gazastreifen ab, den Israels damaliger Premier Ariel Sharon in die Wege leitete. Sa’ar ist ein entschiedener Gegner jeder Zweistaatenlösung und fordert, Israel müsse „vom Fluss bis zum Meer“ in „jüdischer Hand“ bleiben – also einschließlich des Westjordanlands, Ost-Jerusalems und des Gazastreifens. Bereits kurz nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel vom 7. Oktober forderte er, dass der Gazastreifen nach einem israelischen Sieg „kleiner sein“ müsse als bisher.

Sa’ar war lange im Likud und galt dort als innerparteilicher Rivale von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Nachdem er diesem bei der Wahl zum Parteivorsitzenden unterlegen war, gründete er im Jahr 2020 seine eigene Kleinpartei „Neue Hoffnung“. Mit dieser trat er 2021 in die Anti-Netanjahu-Koalition von Naftali Bennett und Yair Lapid ein und war dort bis Dezember 2022 israelischer Justizminister. Als Minister ohne Geschäftsbereich gehört er seit Oktober 2023 dem „Kriegskabinett“ an, das Netanjahu zusätzlich zu seiner in Teilen rechtsradikalen Regierung einberufen hat.

Die Publizistin Düzen Tekkal hatte ihre Teilnahme wegen Chikli zurückgezogen. Dafür wurde Tobias Müller, Staatsminister im Auswärtigen Amt, am Donnerstagmorgen als Redner angekündigt, doch am Nachmittag war auch sein Name von der Teilnehmerliste verschwunden. Ob dem Grünen-Politiker die Haltung von Sa’ar zur Zweistaatenlösung aufstieß? Außenministerin Baerbock hat die deutsche Forderung nach einem eigenständigen palästinensischen Staat an der Seite Israels jüngst wieder bekräftigt. Erst vor einer Woche sagte die Grünen-Politikerin auf einer anderen Konferenz der Welt: „Wir stehen für eine Zweistaatenlösung, weil wir nicht sagen können: Heute sind wir für das internationale Recht, morgen nicht.“

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4 Kommentare

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  • Homophobie ist keine gute Lebenseinstellung, aber das als Erstes aufzuzählen, bei jemandem, der vor allem ethnisch-religiös ausgrenzt und fantasiert, verdutzt mich schon sehr.

  • Sehr gut, danke!

  • Tobias Lindner, wenn mich nicht alles täuscht, hat seinen Namen nicht in Müller geändert.

  • In Deutschland gehen zurecht seit Wochen die Menschen zu Zehntausenden auf die Straßen und protestieren gegen die AFD, weil diese sich mit Rechtsradikalen wie Herrn Sellner treffen und über Massenvertreibungen fantasieren.

    Wenn sich deutsche Regierungspolitiker und Interessenvertreter Israels jedoch mit mindestens genau so Rechtsradikalen aus Israel treffen, ist die Empörung eher begrenzt.

    Danke Herr Bax, dass Sie hier die gleichen moralischen Maßstäbe anlegen.