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Der sonntaz-StreitBrauchen wir noch Bargeld?

Es ist teuer, leicht zu fälschen und man verliert es überall: Bargeld. Wer braucht das noch? Warum bezahlen wir nicht alles digital?

Der neue Zehn-Euro-Schein: überflüssig? Bild: dpa

Am 23. September bringt die Europäische Zentralbank einen neuen Zehn-Euro-Schein in Umlauf. Er soll sicherer sein und sauberer, stabiler, billiger zu produzieren und schonender für die Umwelt. 4, 3 Milliarden Banknoten wurden bereits gedruckt.

Im selben Monat hat die Firma Apple ihren neuen mobilen Bezahldienst vorgestellt. Apple Pay soll wie eine digitale Geldbörse funktionieren. Wer an der Supermarktkasse bezahlen will, muss nicht mehr nach Kleingeld suchen, sondern sein Telefon nur noch an die Kasse halten. Auch Konkurrenten wie Google und Paypal arbeiten seit längerem an einer bargeldlosen Welt.

Es stellt sich die Frage: Kommt der neue Zehn-Euro-Schein nicht zur Unzeit? Brauchen wir überhaupt noch Bargeld?

Das Bargeld abzuschaffen, hätte einige Vorteile. Digitale Bezahlmethoden sind in vielerlei Hinsicht sicherer. Was man nicht mit sich herumtragen kann, lässt sich auch nicht klauen oder verlieren. Ein verlorener oder gestohlener Zehn-Euro-Schein bedeutet zehn Euro weniger für seinen ehemaligen Besitzer. Digitales Geld lässt man nicht versehentlich liegen, man kann darauf auch von verschiedenen Geräten zugreifen. Zudem lässt sich eine digitale Geldbörse verschlüsseln. Wer schließt schon sein Portemonnaie ab?

Ohne Bargeld gäbe es kein Falschgeld

Ohne Bargeld würde es auch keine Falschgeld geben. Im ersten Halbjahr 2014 wurden europaweit 311.000 Blüten aus dem Verkehr gezogen. In Deutschland waren es im selben Zeitraum 25.000. Dabei entstand ein Schaden von etwa 1,5 Millionen Euro. Mit digitalem Geld gäbe es diesen Verlust nicht.

Bargeld ist sogar dann teurer, wenn es echt ist. Die Kosten des Bargeldsystems werden leicht unterschätzt: Geld wird gedruckt und zu Banken und Automaten ausgeliefert, später muss es aus den Geschäften zur Bank zurückgebracht werden, dort wiederum wird es gelagert, dann von Neuem ausgegeben.

Kurz: ein aufwändiger, ineffizienter Kreislauf – der jeden Bürger in Deutschland im Schnitt 200 pro Jahr kostet. Diese Zahl hat das McKinsey-Institut errechnet. Hinzu kommen die Kosen für den Handel, für Verwaltung und Schutz zahlen Unternehmen rund 6,6 Milliarden Euro.

Unbequem aber anonym

Bargeld hat aber auch seine guten Seiten, Bargeld heißt Überblick. Virtuelles Geld lässt sich viel schneller ausgeben, weil die Leute nicht mehr sehen, was sie geben. Studien zeigen, dass Menschen, die bargeldlos zahlen, bis zu 100 Prozent mehr Geld ausgeben, als sie es mit Bargeld tun würden. Die immense private Verschuldung in Ländern wie den USA belegt dies – dort zahlen die Menschen vor allem mit Kreditkarten.

Ein weiterer Vorteil des Bargelds liegt in seiner Anonymität. Woher eine Münze kommt und über wen sie wohin gelangt, ist praktisch nicht nachzuverfolgen. Wer bargeldlos zahlt, hinterlässt einen digitalen Fingerabdruck und bietet Informationen, um Verhaltensmuster zu bilden. Kurz: Die Überwachung des Einzelnen wäre noch einfacher.

Und letztlich hat Bargeld auch etwas Soziales. Die Transaktion von Bargeld findet praktisch immer zwischen Menschen statt. Man übergibt es sich gegenseitig, schaut sich an, bedankt sich. Wenn man an der Supermarktkasse einfach nur sein Telefon an einen Scanner hält und nach Hause geht, braucht man eigentlich auch keinen Kassierer mehr.

Brauchen wir also noch Bargeld?

Diskutieren Sie mit! Die sonntaz wählt unter den interessantesten Kommentaren einen oder zwei aus und veröffentlicht sie in der taz.am wochenende vom 20./21. September 2014. Ihr Statement sollte etwa 900 Zeichen umfassen und mit Namen, Alter, einem Foto und der E-Mail-Adresse der Autorin oder des Autors versehen sein. Schicken Sie uns eine Mail an: streit@taz.de.

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9 Kommentare

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  • Wenn ein bewährtes Element einer Kette von sich ergänzenden Mitteln herausfällt, entsteht eine unnötige Instabilität.

    Zudem bedeutet diese konkrete Idee, den Verlust der letzten noch verbliebenen "Intimsphäre" eines, im wahrsten Sinne des Wortes "Geldwerten" Mittels. Im Besonderen würden die "Kleinen Leute", deren, sofern überhaupt vorhandenen Minimalsicherheiten für Notfälle... eben der altgediente "Notgroschen", von Werte verfolgenden Institutionen im Sparstrumpf unter dem Bette versteckt, in noch größere Nöte gedrängt.

  • Zwar benutze ich auch Kreditkarten und On-line-Banking, aber das ungute Gefühl bleibt, daß man sich dadurch potentieller Überwachung ausliefert. Außerdem kann elektronischer Geldfluß immer gehackt werden. Dann doch lieber Bargeld. Sooo hoch ist die Gefahr des Falschgeldes nicht, und man immer den Überblick, wieviel man so gerade ausgegeben hat.

  • Es mag zwar praktisch möglich sein auf Bargeld zu verzichten und der Verwaltungsaufwand wäre deutlich geringer, trotzdem kommt diese Diskussion zur Unzeit und spielt nur der NSA in die Hände. Eine Welt, in welcher jeder noch so kleine Einkauf in Echtzeit nachverfolgt werden kann, ist für unsere Bürgerrechte ein Horror.! Daher, liebe TAZ, schämt Euch dieses Thema überhaupt auf den Tisch gebracht zu haben, man sollte NIEMALS schlafende Hunde, ach was, Wölfe und Haifische, wecken!

     

    Es geht gar nicht darum das es die NSA interessiert ob ich nun ein paar Untersocken oder Unterhosen bei C&A oder bei Aldi kaufe, es geht darum das sich allein mit den sog. Metadaten ein komplettes Bewegungsprofil erstellen läßt. Ich zahle, seit Snowden, wieder verstärkt mit Bargeld! Und das ist auch gut so!

  • Suche immer so zu handeln -

    daß sich die Zahl deiner

    Möglichkeiten erhöht -

    ( s.ä.- Heinz von Foerster)

     

    & so denn - is eigentlich alles gesagt!

     

    Beispiel? ok -

    es ist Freitag - später Mittag -

    ab Sonntag 1 Woche DIA in Amsterdam;

    Hotel gebucht - Bahnkarte bezahlt;

    entdecke - Scheck- wie Kreditkarte - weg; Bank auf Wochenendbetrieb!

     

    mein Glück

    - 500€ geliehenes Geld grad zurück

    & Nachbar hat 450€ auf Tasche -;

    anderenfalls - alles in der Uhr!

    Ende: komme mit 20€ zurück;

     

    Dam - Instrumente ins Schließfach? nur mit Karte ( "wie geklaut? - ok, darf ich nicht, aber ,… ;-))

    (- leider mußte er den Schmierzettel für Öffenen/Rückgabe - Ordnung muß sein - abheften; kein Souvenir;-(

     

    Filmhuis - Das süße Leben -

    Katte nur mit Karte

    ("…wären Sie so freundlich, den Herrn auf Ihre Kreditcard…? - charmantes Lächeln - ja";/))

     

    Essen an der Amstel -

    No money excepted -

     

    gilt - wenn ich einen früheren Artikel inne taz recht erinner -

    in Schweden - bereits allentalben;

     

    soziale Folgen - ?!

    beginnend bei den Flaschenfischern - das soziale Abhängen wird rasant beschleunigt werden!

     

    Die nächste Frage? bitte -

    hier schon mal -

    Natales Chip-Implantat -¿

    Ja oder Nein!

  • wir brauchen bargeld, weil jedes elektronisches zahlungsystem eine einladung zum spionieren und zur totalen überwachung ist.

  • 8G
    8378 (Profil gelöscht)

    die einzelnen cent-münzen sind mir nichteinmal mehr des wegschmeißens würdig, deshalb schlage ich sie den pennernI drauf und bei den penetranten davon, freu ich mich dann. die kassiererI freuen sich nur über die geste des ausdrucks gemeinsamer arbeitsverweigerung, beschert mir aber immer eine gewisse sporadisch-subtil-überraschte anerkennung und ein danke anderer tonart, dabei gewinne ich doch genausoviel. das bargeld hat schon seinen zweck, weil es den zentralismus umgeht, aber die zeit wird zeigen

  • Auf jeden Fall brauchen wir Bargeld. Ich möchte nicht, dass irgendeine Stasi, NSA oder BND mir lückenlos hinterherschnüffelt. Wenn ich ein Buch oder ein Bier kaufe, dann geht das niemanden weiter etwas an.

    • @Gesunder Menschenverstand:

      bevor man auf Euro umstellte, wurden nochmal DM GEldscheine neu ausgegeben, vordergründig, sagte man, sie wären fälschungssicher, aber im Prinzip wars wohl so, dass man mit den neuen Scheinen den Geldfluss besser beobachten konnte!

  • tja, Bargeld läst sich leicht nachmachen, Kreditkarten natürlich nicht, und was in meinem Handy alles zu hause ist, wer weis, schaut mir einer über die Schulter und bucht mit ab, muss ich dann stündlcih mein Konto kontrollieren? in Bezug auf Kredtkarten zB ist mir 2x passiert, dass die Karte nicht angenommen wurde, Rückruf bei der Bank-Antwort: Ihr Zahlungs Dings, entspricht nicht ihrer Zahlweise, oder so ! Gute Bank, denn als ich in Jakarta mein Essen mit X bezahlte, hat parallel jemand mit meiner Karte in Hongkong Schmuck c 3.000US$ eingekauft, ein andermal, sass ich in Manila, als jemand in Spanien mit meiner Karte ?? einkaufte, ein andermal buchte eine Cashfirma 2000US$ und das gleich 2x von meinem Konto in D, gut ich bekam das Geld zurück, nachdem ich den Bankfritzen mal etwas hart auf die Füsse gestiegen bin, also, ich möchte sagen-unsere Zeit ist für sowas noch lange nicht reif-da müsste man ein gewissen, allgemeine Ehrlichkeit in den Menschen veraussetzen !