Der Quatsch mit dem Fasten: Lieber Demos als Ökokonsum
Vegan leben und ohne Plastik einkaufen, ist gut und schön. Um die Welt zu retten, muss man aber die kapitalistische Marktlogik bekämpfen.
W ir werden keine der ökologischen Krisen in den Griff bekommen, solange wir nur über persönlichen Konsum und die Verantwortung von Verbraucher:innen reden. Wie kann es sein, dass immer mehr Menschen Bio, Fairtrade, plastikfrei, palmölfrei, vegan kaufen – und die Emissionen unbeirrbar weiter steigen?
Dazu hilft ein Blick auf den politischen Gegner: Wenn Verbraucher:innen mehr Klimaschutz wollen, dann sollen sie eben entsprechende Produkte kaufen, da sind sich Konservative und Liberale einig. Statt verpflichtenden Vorgaben für die Tierhaltung sollen sich Verbraucher:innen lieber selbst entscheiden können, sagen die Chefs von Wiesenhof, Tönnies und Co.
Und der „carbon footprint“, also die persönliche Klimabilanz jedes Einzelnen, ist eine Erfindung des Ölkonzerns BP, mit der erfolgreich verpflichtende Maßnahmen für fossile Unternehmen abgewendet wurden. Heute beziehen sich selbst Umweltverbände auf diesen persönlichen CO2-Abdruck. Und damit hat Lobby der Klimazerstörung uns da, wo sie uns haben will: Fokussiert auf den eigenen Einkauf im Supermarkt, statt wütend auf der Straße, um die Ausbeutung unserer Lebensgrundlagen zu beenden.
Die Ökobewegung war erfolgreich, wenn sie gemeinsam klare Regeln für die Produktion erkämpfte: Der Atomausstieg wurde durch organisiertes Aufbegehren gegen die AKWs erreicht, nicht mit Stromsparen und dem Kauf von Ökostrom. Und die ozonschädlichen FCKWs wären vermutlich heute noch in jedem Kühlschrank, hätte man statt des globalen Verbots auf einen freiwilligen Verzicht gesetzt.
Ja, jede:r Einzelne hat eine Verantwortung: nämlich sich zusammenzuschließen, um für Regeln zu kämpfen, die einen ethischen und umweltfreundlichen Konsum für alle garantieren. Weil jedes Produkt klimagerecht und ohne Ausbeutung produziert wurde – und sich diese Produkte auch alle leisten können. Darum geht es. Und es geht nicht mit, sondern nur gegen kapitalistische Marktlogik.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt