Der 8. März ist gesetzlicher Feiertag: Immer mehr Gedenktage

Den Internationalen Frauentag – in Berlin offizieller Feiertag – nimmt unser Autor zum Anlass, auf die große Zahl der Feier- und Gedenktage zu blicken.

Teilnehmerinnen einer Demonstration zum Internationalen Frauentag halten Plakate. Seit genau 100 Jahren wird an jedem 8. März weltweit für Frauenrechte, für Gleichberechtigung und Emanzipation demonstriert. Hier ein Foto aus Stuttgart

Demos zum Frauentag gibt es Deutschland – und weltweit (wie hier 2021 in Stuttgart) Foto: dpa/Marijan Murat

Der Internationale Frauentag entstand aus einer Initiative „sozialistischer Organisationen in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg“, wie es etwas vage auf Wikipedia heißt. Der „Welttag“ war Teil des sozialistischen „Kampfes um die Gleichberechtigung, das Wahlrecht für Frauen und die Emanzipation von Arbeiterinnen. Erstmals fand er am 19. März 1911 statt.

Clara Zetkin organisierte dazu den „Ersten Sozialdemokratischen Frauentag“, zu dem August Bebel einen Text schrieb: „Warum verlangen die Frauen das Frauenwahlrecht“. Der Sozialdemokrat hatte 1884 das Buch „Die Frau und der Sozialismus“ veröffentlicht, das bis heute viel gelesen wird (neuerdings im Internet). 1921 wurde der Frauentag durch einen Beschluss der „Zweiten Internationalen Konferenz kommunistischer Frauen in Moskau“ auf den 8. März gelegt.

Am 8. März 1975 richtete die UN im Rahmen des „Internationalen Jahres der Frau“ erstmals eine Feier aus. 1977 forderte die UN-Generalversammlung mit einer Resolution alle Staaten dazu auf, einen Tag im Jahr zum „Tag für die Rechte der Frau“ zu erklären. Berlin ist bisher das einzige Bundesland, in dem der Frauentag ein gesetzlicher Feiertag ist.

Vor dem Frauentag wurde 1889 der „internationale Kampftag der Arbeiterklasse“, ausgerufen, auf dem auch Frauenrechte zur Sprache kamen. 1888 hatte bereits das spätere Mitglied im Indischen Nationalkongress und Mitarbeiterin von Helena Blavatsky und Rudolf Steiner, Annie Besant, in London den ersten Streik von Arbeiterinnen (einer Zündholzfabrik), den berühmten „Match Girl's Strike“, organisiert.

Generalstreik am 1. Mai

Zwei Jahre zuvor hatte die nordamerikanische Arbeiterbewegung zur Durchsetzung des Achtstundentags zum Generalstreik am 1. Mai aufgerufen. Nach dem Streikaufruf kam es zu Massenstreiks und Demonstrationen. Am 3. Mai des Jahres entwickelten sich auf dem Haymarket in Chicago Straßenschlachten mit der Polizei, nachdem der Anarchist und Herausgeber der „Arbeiter-Zeitung“ August Spies eine Rede gehalten hatte.

Etwa 30 Arbeiter und sieben Polizisten wurden getötet, vier Verhaftete, darunter August Spies, wurden 1887 gehängt. Zwei Jahre später rief man auf dem Gründungskongress der (sozialdemokratischen) Zweiten Internationale zum Gedenken an die Opfer des Haymarket Riot den 1. Mai als „Kampftag der Arbeiterbewegung“ aus. 1890 fand zum ersten Mal dieser „Protest- und Gedenktag“ mit Massenstreiks und Massendemonstrationen weltweit statt.

Es oblag dann den Nazis, 1933 den 1. Mai zu einem gesetzlichen Feiertag zu erklären. Nach 1945 wurden die 1.-Mai-Demonstrationen in der BRD von den Gewerkschaften angeführt, in der DDR vom Staat. Während der „Studentenunruhen“, die sich u.a. in Straßendemonstrationen äußerten, verlegten die Berliner Gewerkschaften ihre „Demos“ in Säle. Nach Abflauen der antiautoritären 68er-Bewegung gingen sie am „Kampftag der Arbeiterbewegung“ wieder auf die Straße.

Der „Weltknuddeltag“

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs waren immer mehr Tage im Jahr zu internationalen Gedenktagen erklärt worden (von nationalen ganz abgesehen): 1950 am 17. Januar ein „Weltreligionstag“, am 26. Januar 1953 ein „Internationaler Tag der Zöllner“, am 30. Januar 1954 ein „Welt-Lepra-Tag“, am 1. Januar 1968 ein „Weltfriedenstag“ und am 21. Januar 1986 ein „Weltknuddeltag“.

Seit dem 8. Februar 2004 haben wir auch einen „Safer Internet Day“, seit dem 10. Januar 2007 einen „internationalen Tag der Blockflöte“, und seit dem 21. Januar 2009 einen „Internationalen Tag der Jogginghose“.

Im Zuge der Ausrottung ganzer Arten mehren sich vor allem die Tage, da wir einer vom Verschwinden bedrohten Tier- oder Pflanzenart gedenken sollen. Nicht in dem Sinne, dass wir sie in unsere Gebete einschließen (so wir überhaupt beten), sondern dass wir selbst, die durch den Gedenktag auf eine bestimmte Pflanzen- oder Tierart hingewiesen werden, für sie etwas tun: Etwas, das ihnen gut tut.

„Welttag der Spatzen“

Für die Spatzen gibt es beispielsweise seit dem 20. März 2010 einen „Welttag der Spatzen“, am 23. Mai 2000 rief man einen „Welt-Schildkröten-Tag“ aus, am 27. Februar 2004 einen „Internationalen Tag des Eisbären“, am 20. August einen „Welt-Moskito-Tag“ – allerdings mit wenig Resonanz, obwohl unendlich viele Journalisten sich mit ihren täglichen Themen an diesen Gedenktagen orientieren.

Am 23. Mai 2000 rief man einen „Welt-Schildkröten-Tag“ aus

Da der „Welt-Moskito-Tag“ eng verbunden ist mit dem am 25. April stattfindenden „Welt-Malaria-Tag“, ahnt man, dass es am „Moskito-Tag“ nicht darum geht, dass wir den Mücken Gutes tun, sondern im Gegenteil: Wir sollen sie ausrotten. Auf kleiner-kalender.de heißt es: „Der Tag erinnert an die Entdeckung des britischen Arztes Sir Ronald Ross im Jahre 1897: Er fand heraus, dass die weiblichen Moskitos Malaria zwischen Menschen übertragen können. Folglich erklärte Ross, dass jedes Jahr am 20. August der Welt-Moskito-Tag gefeiert werden solle.“

Es würde also reichen, wenn wir nur die Weibchen ausrotten, aber das ist leichter gesagt als getan – in technischer und moralischer Hinsicht. Einige englische Genetiker haben diesbezüglich jedoch vor kurzem eine „humane Lösung“ gefunden. Sie darf allerdings noch nicht im Freiland erprobt werden.

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geb. 1947, arbeitet für die taz seit 1980, Regionalrecherchen, ostdeutsche Wirtschaft, seit 1988 kulturkritischer Kolumnist auf den Berliner Lokalseiten, ab 2002 Naturkritik.

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