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Demos gegen RechtsextremismusStartet eine neue Protestwelle gegen rechts?

Fast täglich ist in diesem Jahr gegen Rechtsextremismus demonstriert worden. Allein am Wochenende gingen mehr als 30.000 Menschen auf die Straße.

Gegner einer Demonstration der rechtsextremen „Freien Sachsen“ in Chemnitz Foto: Hendrik Schmidt/dpa

Berlin taz | Mehr als 30.000 Menschen in mindestens sieben Orten haben an diesem Wochenende gegen die AfD und gegen Rechtsextremismus demonstriert. Das zeigt eine taz-Auswertung von Demonstrationen seit dem Jahresbeginn. Mit den großen Anti-AfD-Demos in Riesa und Hamburg sind so fast 70.000 Menschen im Januar gegen Rechtsextremismus auf der Straße gewesen.

In Aachen, Kassel und Oldenburg demonstrierten am Wochenende jeweils mehr als 7.000 Menschen, in Bonn 4.000, in Karlsruhe protestierten 3.500 gegen eine rassistische Wahlkampfaktion der extrem rechten AfD und in Chemnitz blockierten mehr als 1.000 Menschen einen Aufmarsch der rechtsextremen Kleinpartei Freie Sachsen. In weiteren Orten fanden kleinere Demonstrationen statt – für manche liegen noch keine Demonstrationszahlen vor.

Während die Demonstrationen noch nicht das Ausmaß der großen Protestbewegung Anfang 2024 erreichen, hat es in diesem Jahr bereits mehr als 20 Demonstrationen gegen Rechtsextremismus und Rassismus gegeben – mehr als eine pro Tag. Im vergangenen Jahr waren zwischen Januar und März rund 4 Millionen Menschen bei 1.700 Veranstaltungen auf die Straße gegangen.

Damals reagierten Menschen bundesweit auf eine investigative Recherche von Correctiv über ein Geheimtreffen von AfD-Politikern, Neonazis, CDU-Politikern und Mitgliedern der Werteunion. Dabei wurde unter anderem über rassistische Vertreibungspläne gesprochen.

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Die aktuellen Demos könnten der Anfang einer ähnlichen Protestwelle im Vorfeld der Bundestagswahl bilden.

Aufsehen erregten die größeren Demonstrationen gegen den AfD-Bundesparteitag in Riesa und gegen einen Auftritt von Parteichefin Alice Weidel in Hamburg. Zu beiden Anlässen hatten mehr als 15.000 Menschen demonstriert. Doch zuvor hatte es schon mehrere kleinere Proteste bundesweit gegeben.

Erneute Datensammlung zu den aktuellen Demos

Schon zu Jahresbeginn protestierten Menschen in Marl, Nordrhein-Westfalen, über mehrere Tage gegen den Landesparteitag der AfD. In Nehren, Baden-Württemberg, pfiffen 650 Menschen einen AfD-Bundestagsabgeordneten aus und in Köln-Chorweiler versammelten sich 600 Menschen aus Protest gegen einen Kreisparteitag der Partei. Auch in Regensburg demonstrierten Hunderte über mehrere Tage hinweg gegen eine AfD-Veranstaltung.

In den kommenden Wochen sind zahlreiche weitere Demonstrationen gegen rechts angekündigt worden, darunter auch eine Großdemo in Berlin unter dem Titel „Wir stehen zusammen“ am 25. 01. und eine Menschenkette in Hamburg am 31. 01.

Wie im vergangenen Jahr sammeln wir wieder Termine für die aktuellen Demonstrationen gegen Rechtsextremismus über die Mail-Adresse demohinweise@taz.de. Wir freuen uns über Hinweise auf Demonstrationen – am liebsten mit einer Quelle zu Berichterstattung durch Lokalmedien – und auf Demotermine in der Zukunft. Fehler und veraltete Informationen nehmen wir auch gerne an und korrigieren diese.

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11 Kommentare

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  • Vielleicht sollte man mal die Dimensionen richtig einordnen...



    Die Fussball Bundesliga hat 350.000 Zuschauer an einem typischen Wochenende. Die zweite Liga 300.000.



    Und das sind nur die Herren...



    DAS wäre eine Protestwelle.



    Wenn sich bundesweit an einem Wochenende 30.000 von 84 Millionen auf die Straße begeben, dann sind das 0,034% der Bevölkerung...



    Das ist keine Protestwelle, das ist tiefste Ebbe.

  • Proteste sind schön und gut, entscheidend ist was bei den Wahlen rauskommt.



    Mittlerweile sollte jeder wissen was die AfD für eine Partei ist, wer die wählt möchte einen neuen Staat, der eher autokratisch geführt wird.



    Geht wählen.

  • Kein vernünftiger Mensch will, dass die Afd weiter erstarkt. Allerdings sollte man (die Politik und wir) versuchen zu erkennen, woran es liegt, dass die Menschen verstärkt Afd wählen und wählen wollen: Am Ende des Tages sind es Probleme, die die Politik nicht angeht bzw. nicht löst (ungeordnete Migration, fehlender Wohnraum etc). Die Menschen werden doch nicht über Nacht rechtsradikal. Es nützt nichts, über Brandmauern und ähnliches zu schwadronieren, lenkt die Migration in geordnete und vor allem beherrschbare Bahnen, sorgt für Wohnungsbau und schon wir die Afd wieder kleiner...

  • Glaube ich nicht. Da bei Demos gegen Rechts immer viele Fehler gemacht werden und trotz Hinweise keine Besserung in Sicht ist. Die Teilnehmerzahlen sind auch sehr niedrig.

  • Parteitage sind in der Demokratie Pflicht jeder ! Partei. Sie verhindern zu wollen, ist gegen die Demokratie gerichtet. Gegen sie zu protestieren ist gelebte Demokratie. Gilt aber auch für alle Parteien!

  • Proteste ändern nur leider nichts an Ursachen. Das Erstarken rechter Kräfte hat seine Ursachen auch am Agieren und am Regieren linker Kräfte. Auch Proteste nutzen sich ab. Insofern weiß ich nicht, ob das eine gute Nachricht ist.

    • @Passionsblumenstrauß:

      Proteste ändern etwas an Ursachen wenn eine kritische Masse an Teilnehmenden erreicht wird und der Druck der Straße die handelnden Personen zu Änderungen zwingt. Als in unserem beschaulichen Städtchen 1989 zur größten Kundgebung 65000 Menschen auf dem Marktplatz aufliefen bei 82000 Einwohnern, sind auf einmal tiefgreifende Reformen ganz schnell möglich gewesen.



      Hätten wir nur nicht in den Jahren davor eine Politik befördert die uns in immer kleiner werdende Grüppchen auseinanderdividiert. Da wird dann auch verständlich warum den Mächtigen heute so viel an Diversität gelegen ist. Eine Situation wie am Ende der DDR mit einer weitgehend homogenen Bevölkerung die geschlossen auf die Barrikaden geht, muss aus Sicht der Machthabenden unbedingt verhindert werden. Proteste sind deshalb aber weiter dringend notwendig. Wir sollten nur versuchen uns etwas breiter aufzustellen auch wenn das bedeutet konsensualer aufzutreten und wie wahre Lehre hintenanzustellen. Nur mit den üblichen Verdächtigen wird eine Revolution leider nicht zu haben sein.

    • @Passionsblumenstrauß:

      natürlich ist das eine gute nachricht. proteste ändern nichts an den ursachen, aber sie zeigen den menschen die mit dem aufkochen der braunen suppe nicht d'accord sind, dass sie nicht alleine sind und können die angst davor nehmen selbst die stimme dagegen zu erheben, sowohl im alltag als auch an der wahlurne.

      protest ist immer wichtig wenn gehetzt wird. klar löst das das problem nicht. man sollte aber auch nicht an jedes (oder irgendein) instrument im gesellschaftlichen diskurs die anforderung haben alle probleme mit einem wisch aus der welt zu fegen.

    • @Passionsblumenstrauß:

      Linke sollen am erstarken der Rechten Schuld sein? I call BS on that. Außer du definierst es so dass die Rechte so stark ist weil die Linke so Schwach ist. Rechtsextremismus, zumindest aktiver ist fast ausschließlich auf wirtschaftliche Probleme zurückzuführen. Und die Scheere geht auf, und daran ist ausschließlich kaputte Steuergesrtzgebung schuld. Der reichste Deutsche, der Chef vom Logistiker Kühne ist das sicher nicht weil er so fleißig ist, oder weil Logistik so profitabel ist. Er ist das weil er sein Kapital von allen am profitabelsten am Kapitalmarkt einsetzt und Kapitalerträge erziehlt. Die Reichen müssen weg! bzw ihr Reichtum. Dann bliebe in diesem Real Life Monopoly Game das wir spielen auch genug für Schulen und andere Infrastruktur und das Rechte Problem löste sich fast von allein. Aber die Linke hat es verkackt die Neoliberalen Trickledown Lügen zu demontieren. Wenn du es so siehst, sind Linke Schuld, aber nicht weil sie zu stark sind, sondern weil sie zu schwach sind.

    • @Passionsblumenstrauß:

      Es ist eine Selbstvergewisserung, die nicht schadet und die Reihen der Demokraten schließt. Es ist aber nicht genug, um die AfD und andere Nazis klar zu minimieren. Eine Union müsste diese Menschen mit einem konservativen und rechten Weltbild ansprechen, allerdings nicht durch Kopie des AfD-Narrativs, sondern durch eine eigene Agenda, die glaubhaft und nachvollziehbar den AfD-Wählern ein Angebot macht. Allerdings ist die Lernkurve in der Union sehr flach, Grünenbashing, Überbietungswettbewerb im Drangsalieren von Flüchtlingen und Bürgergeldempfängern, völlig absurdes Klammern an Verbrennermotoren. So kriegt man nur die, denen die AfD im Auftreten zu widerlich ist. Was ja leider auch immer weniger werden.

    • @Passionsblumenstrauß:

      Welches agieren linker Kräfte führte zum Rechtsruck? Die konservative Mitte mit ihren Verlustängsten und ihrem Unwillen zu Veränderungen ist hier ja wohl der Hauptakteur. Und wie immer lügt sie sich selbst in die Tasche und gibt anderen daran die Schuld.