Demonstrationen in Bonn: Rechte nehmen Gedenkort ein

Rechtsextreme versuchen aus einem Todesfall in Bad Godesberg Kapital zu schlagen. Hitzige Szenen zwischen Linken und Rechten bleiben aus.

Rechte laufen mit Flaggen

Angemeldet wurde die rechte Demo von der wegen Volksverhetzung verurteilten Melanie Dittmer (z.v.l.) Foto: Sebastian Weiermann

BONN taz | Am vergangenen Wochenende fand in Bonn und Umgebung das Fest „Rhein in Flammen“ statt. Auch der 17-jährige Niklas P. feierte dort mit Freunden. Als sie sich am Abend auf den Rückweg in ihren Heimatort Bad Breisig am Rhein begeben wollten, wurden sie am Bahnhof in Bad Godesberg von drei Männern attackiert. Niklas P. erlitt schwere Verletzungen und fiel ins Koma. In der Nacht vom 12. auf den 13. Mai verstarb er.

Nun versuchen Rechtsextreme aus dem Entsetzen in Bad Godesberg Kapital zu schlagen. Eine Beschreibung, die Täter hätten „braune Haut“ reicht ihnen, um Stimmung zu machen. Die Stimmung an diesem Samstag ist gedrückt. Die Polizei hat zwar Gitter und hunderte Beamte aufgefahren, um ein Aufeinandertreffen von Rechtsextremen und linken Gegendemonstranten zu verhindern. Aber bei den Nazi-Gegnern besteht offensichtlich keine große Lust, sich die üblichen Scharmützel mit der Polizei zu liefern. Auf ihrer Kundgebung wird immer wieder ruhige Musik gespielt, man singt zusammen „We shall overcome“. Die üblichen „Nazis raus!“-Rufe kommen nur zögerlich und werden erst lauter, als die Rechtsextremen direkt provozieren.

Bevor die 40 Rechtsextremen mit ihrer Demonstration beginnen, stehen dutzende Menschen rund um den Ort an dem Niklas P. verprügelt wurde. Die Menschen legen Blumen nieder und stellen Kerzen auf. Freunde und Bekannte von Niklas haben ihm Botschaften geschrieben. Er möge glücklich werden im „Paradies“, steht auf einer Karte. Freunde von ihm sitzen auf einer Bank und starren auf Blumenmeer und Bilder. Was sich dann abspielt, ist nur schwer zu erklären.

Der Zugang zu der provisorischen Gedenkstätte wird nach und nach von der Polizei geschlossen. Nur wirklich unscheinbare Bürger haben noch die Möglichkeit, am Tatort zu gedenken. Der Grund dafür ist einfach. Die Polizei hat es den Rechtsextremen erlaubt, keine drei Meter vom Tatort entfernt mit ihrer Demonstration zu starten. Damit sich keine Gegendemonstranten in ihrer Nähe sammeln können, kommt fast niemand mehr zu dem Gedenkort. In der folgenden Stunde ist der Platz in der Hand der Nazis. Dass sie, wie offiziell angekündigt, „gegen Gewalt“ demonstrieren, ist nur schwer zu glauben.

Zu viele der Rechten tragen T-Shirts der „Hooligans gegen Salafisten“ oder Szeneshirts mit Sprüchen wie „Attack is the best form of deffence“. In ihren Reden erklären sie Niklas zum Opfer der deutschen Asylpolitik, die das Ziel habe das deutsche Volk zu zerstören. Angstbilder werden gezeichnet. Durch Flüchtlinge und Migranten sei ein sicheres Leben in Deutschland nicht mehr möglich. Man könne sich nur noch schwer aus dem Haus trauen. Das kleine Häuflein an Demonstranten wird zu Widerstandskämpfern verklärt.

Weitere Demo angekündigt

Anmelderin der Demonstration ist Melanie Dittmer. Sie ist seit mehr als 20 Jahren in der extremen Rechten aktiv. In Düsseldorf demonstrierte sie immer wieder mit ihrem eigenen Ableger der Pegida Bewegung „Dügida“. Im April wurde sie wegen Volksverhetzung verurteilt. Vor einer Düsseldorfer Moschee hatte sie von „Salafistenschweinen“ und „pädophilen Muslimen“ gesprochen. Der Bonner Polizei gelang es Dittmer ein Redeverbot für die Demonstration am Samstag zur Auflage zu machen.

Als zu groß sah man die Gefahr, dass die rechte Aktivistin wieder volksverhetzende Inhalte verbreiten würde. Dittmer reagierte angesäuert und kündigte für die kommenden Wochen weitere Demonstrationen an. Nach dem Ende der rechtsextremen Demonstration kehrte in Bad Godesberg wieder schnell Ruhe ein. Die Polizei bemühte sich den Tatort wieder zugänglich zu machen. Und den Menschen im Bonner Süden die Möglichkeit zu geben ungestört zu trauern.

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