Demonstration vor Sturm aufs Kapitol: Spenden von Bayer und Telekom
Die deutschen Konzerne unterstützten einen Verband, der zu dem Pro-Trump-Marsch aufgerufen hat. Und sie sponserten Biden-Wahl-Leugner.
Monsanto – die US-Saatgut- und Pestizidtochterfirma des Leverkusener Chemiekonzerns Bayer – zahlte im vergangenen Jahr 50.000 US-Dollar an den Verband der republikanischen Generalstaatsanwälte (Republican Attorneys General Association, kurz Raga). Die Telekom-Tochter T-Mobile USA ließ der Organisation 15.000 Dollar zukommen. Das zeigen der taz vorliegende Dokumente der Bundessteuerbehörde IRS. Laut einer Auswertung der Daten, die die Investigativ-Website Documented für die taz vorgenommen hat, spendete Monsanto der Gruppe seit 2014 insgesamt rund 466.000 Dollar, T-Mobile gab 200.000 Dollar.
Einen Tag vor dem „March to Save America“ am 6. Januar forderte ein automatisierter Werbeanruf im Namen einer Raga-Unterorganisation, des Fonds zur Verteidigung des Rechtsstaats (Rule of Law Defense Fund), zur Teilnahme auf. „Um 13 Uhr werden wir zum Kapitol ziehen... Wir hoffen, dass Patrioten wie Sie gemeinsam mit uns weiter kämpfen werden, um die Integrität unserer Wahlen zu schützen“, sagt die Stimme in der Aufnahme. Documented hat das Audio veröffentlicht, über das auch US-Medien wie die Washington Post oder NBC berichteten. Bei der Demonstration von Präsident Donald Trump aufgepeitschte Menschen stürmten im Anschluss das Parlamentsgebäude, fünf Menschen kamen ums Leben.
Widersprüchliches Dementi
Zwar bestritt Raga-Geschäftsführer Adam Piper zunächst, dass sein Verband an der Organisation der Demonstration beteiligt gewesen sei. Am Montag gab die Raga jedoch Pipers Rücktritt bekannt, ohne diesen zu begründen. Die Tatsache, dass die inzwischen offline gegangene Internetseite der Demonstration laut Documented den Raga-Fonds in der Teilnehmerliste genannt hatte, widerspricht Pipers Dementi.
Die Raga beteiligte sich auch an der Kampagne, das Wahlergebnis durch Rechtsmittel nachträglich zu ändern. Republikanische Generalstaatsanwälte von zehn Bundesstaaten verlangten am 9. November in einem Schreiben an den Obersten Gerichtshof der USA, bestimmte per Brief eingereichte Stimmen nicht anzuerkennen. Das gaben sie auf einer Veranstaltung der Raga bekannt. Die Vereinigung finanziert die Wahlkämpfe von Republikanern um das Amt der Generalstaatsanwälte in Bundesstaaten.
Höhepunkt der Versuche, Joe Bidens Amtseinführung zu verhindern, war, dass 147 republikanische Kongressmitglieder gegen die Bestätigung des Wahlergebnis stimmten. Mehrere hatten ihre Wahlkämpfe mit Hilfe der Spendenausschüsse von Bayer und T-Mobile bezahlt. Das geht aus einer Auswertung von Zahlen der US-Wahlbehörde durch die Forschungsgruppe Center for Responsive Politics hervor.
Geld auch für Klimawandelleugner
Die „Political Action Committees“ (PAC) beider Unternehmen zahlten in den vergangenen beiden Jahren 10.000 Dollar zum Beispiel an den Fraktionsvorsitzenden der Republikaner im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy. Blaine Luetkemeyer aus Missouri, der für die Republikaner im Abgeordnetenhaus sitzt, kassierte von Bayer 5.000 und von T-Mobile 4.000 Dollar. Er ist ein waschechter Klimawandelleugner. 2012 sprach er von der „als falsch entlarvten Wissenschaft der Erderwärmung“. 2017 begrüßte er Trumps Erklärung, das Pariser Klimaschutzabkommen zu kündigen. 2019 brachte er zum Beispiel Gesetzesinitiativen in den Kongress ein, um Zahlungen der USA etwa für den Klimarat der Vereinten Nationen, den IPCC, zu verbieten. Dieser würde nur „umstrittene Wissenschaft“ produzieren.
„Wir spenden schon seit vielen Jahren 50.000 US-Dollar pro Jahr an die Republican Attorneys General Association (Raga) sowie die Democratic Attorneys General Association (Daga)“, teilte Bayer der taz mit. Nun warte der Konzern auf das Ergebnis einer Untersuchung der Raga zu den Vorwürfen. Bayers PAC werde aber unabhängig davon Spenden an Mandatsträger aussetzen, „die gegen die Zertifizierung der US-Präsidentschaftswahl gestimmt haben“.
Ein Sprecher der Telekom verwies auf die Pressestelle der T-Mobile USA, die aber nicht auf eine Anfrage der taz reagierte. Der US-Website Gizmodo schrieb sie jedoch, T-Mobile habe viele gewählte Amtsträger beider Parteien unterstützt, „um eine politische Agenda zu befördern, die die USA an der Spitze des Mobilfunks hält“. Angesichts der jüngsten Ereignisse wolle das Unternehmen aber die Spenden seines PACs „neu bewerten“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Bisheriger Ost-Beauftragter
Marco Wanderwitz zieht sich aus Politik zurück