Demonstration in Düsseldorf: Tausende gegen Versammlungsgesetz
Mehr Videoüberwachung, keine einheitlichen Klamotten, Personalienabfragen – Demonstrierende in NRW fürchten eine Verschärfung des Versammlungsgesetzes.
Nach Angaben der Organisatoren stoppte die Polizei den Demonstrationszug am Nachmittag kurzzeitig, weil Teilnehmer vermummt gewesen seien, die betreffenden Personen hätten jedoch lediglich medizinische Masken getragen. Die Beamten hätten auch Pfefferspray eingesetzt. Das wurde von der Polizei zunächst nicht bestätigt. Für den frühen Abend war eine Abschlusskundgebung vor dem Landtag geplant.
Bericht über Angriffe auf Journalisten
Nach Angaben der Deutschen Presseagentur sind auch Journalisten wurden wohl von der Polizei angegriffen. Ein Fotograf der Agentur berichtete, dass er von einem Beamten mehrfach mit einem Schlagstock geschlagen worden sei. Er berichtete zudem von mindestens einem weiteren Kollegen, der ebenfalls angegriffen worden sei. Zuvor sei in den Reihen der Demonstranten Pyrotechnik gezündet worden.
Die Polizei machte zunächst keine näheren Angaben zu dem Einsatz. Es habe verschiedenste Einsatzanlässe gegeben, sagte eine Sprecher der Polizei Düsseldorf. Man habe bislang keine Kenntnis von Verletzten.
Die Deutsche Presse-Agentur protestierte gegen den gewaltsamen Übergriff auf ihren Mitarbeiter und andere Journalisten. dpa-Chefredakteur Sven Gösmann nannte den Vorgang einen „nicht hinnehmbaren Angriff auf die Pressefreiheit“. In einem Schreiben an den zuständigen nordrhein-westfälischen Innenminister Herbert Reul (CDU) forderte er die lückenlose Aufklärung der Geschehnisse in Düsseldorf.
Das Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen! Grundrechte erhalten“ aus 75 sozialen Gruppen und Bewegungen sieht im Gesetzentwurf der schwarz-gelben Landesregierung für ein Versammlungsgesetz einen massiven Eingriff in die demokratische Grundordnung. Unliebsame Protest- und Ausdrucksformen sollten verhindert und demokratischer Protest eingeschränkt und kriminalisiert werden. Im Vordergrund stünden Gefahrenabwehr und die Bedürfnisse der Polizei, nicht die Versammlungsfreiheit.
„Durch die Verschärfungen könnten Menschen von Versammlungen ausgeschlossen werden, und es wird insgesamt unangenehmer, den Protest auf die Straße zu bringen“, sagte Bündnissprecherin Lola Münch. Eine weitere Sprecherin, Michèle Winkler, nannte das geplant Versammlungsgesetz, das nach der Sommerpause vom Düsseldorfer Landtag verabschiedet werden soll, „gänzlich autoritär“ und möglicherweise in Teilen verfassungswidrig. Es richte sich vor allem gegen linke Kundgebungen.
Was droht
Das Gesetz soll Versammlungsleitern einer Demonstration deutlich mehr Pflichten auferlegen. Bei Gegendemonstrationen beispielsweise gegen Neonazi-Aufmärsche werden Störungen und Behinderungen verboten. Videoüberwachung wird erweitert und erleichtert, Behörden sollen die Personalien von Ordnern verlangen können. Einheitliche Kleidung wie weiße Overalls von Klima-Demonstranten wird im Gesetzentwurf im Zuge eines „Militanzverbots“ in einer Reihe mit Uniformen von nationalsozialistischen Organisationen wie SS und der SA genannt, wenn sie „einschüchternd wirkt“.
Das NRW-Innenministerium nannte dagegen als Ziel des neuen Gesetzes, Regelungen zu schaffen, die „sich an der heutigen Zeit orientieren“ und die Kooperation von Polizei und Veranstaltern fördern. Ziel sei auch, besser gegen Störer vorgehen und rechtsextreme Propaganda unterbinden zu können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Streit in der SPD über Kanzlerkandidatur
Die Verunsicherung
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit