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Demo für Menschen in MoriaStinkefinger für Seehofer

In Berlin haben Tausende dafür demonstriert, Geflüchtete von den griechischen Inseln nach Deutschland zu holen. Protest gab es in vielen Städten.

Deutschlandweite Demos: Auch in Berlin wurde dafür demonstriert, die Lager zu evakuieren Foto: Florian Boillot

Berlin taz | Unter dem Motto „Wir haben Platz“ haben am Mittwochabend tausende Menschen im Berliner Regierungsviertel dafür demonstriert, die Geflüchtetenlager auf den griechischen Inseln zu evakuieren. Am Mittwoch war das Lager Moria auf Lesbos – laut einem Redner auf der Demo „der größte Slum Europas“ – vollständig abgebrannt. Deshalb hatten das Netzwerk Seebrücke, die Internationale Liga für Menschenrechte, der Republikanische Anwältinnen- und Anwaltsverein sowie zahlreiche Flüchtlingsorganisationen zum Protest aufgerufen.

Nach Veranstalterangaben kamen 10.000 Menschen, nach Polizeiangaben waren es 3.000, die vom Berliner Hauptbahnhof zum Bundesinnenministerium zogen. Auch in anderen deutschen Städten gab es Demonstrationen. In Leipzig kamen laut dpa 1.800 Protestler zusammen, in Hamburg mehr als 1.200 und in Frankfurt am Main 300.

Tareq Aaaows, der die Berliner Demonstration angemeldet hat, war 2015 selbst nach Deutschland geflüchtet. „Mal zu Fuß, mal mit Bussen, aber ich war wohl mehr Zeit zu Fuß unterwegs“, sagt er der taz. Europäische Abschottungspolitik hat er am eigenen Leib erlebt. Und das prangerte er Mittwoch als Vertreter des Netzwerks Seebrücke auf dem Lautsprecherwagen an:

„Was auf Moria geschieht, ist keine Naturkatastrophe. Es ist politisch gewollt, dass Geflüchtete an den europäischen Außengrenzen vor sich hin vegetieren“, sagte er. „Diese Abschottung wird die Flüchtlingsbewegungen aber nicht stoppen“, zeigte er sich überzeugt.

Bisher blockt Seehofer

Das sahen die Demoteilnehmer, die sich diszipliniert an die Abstandsregeln hielten und Mund-Nasen-Schutz trugen, auch so. Die zentrale Forderung: Die ehemaligen Bewohner des „Lagers der Schande“ müssten sofort in europäische Städte ausgeflogen werden.

Allein 170 Städte in Deutschland haben mittlerweile erklärt, Flüchtlinge aufnehmen zu wollen. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) verhindert aber seit geraumer Zeit per Veto, dass tatsächlich Flüchtlinge herkommen. Vor den Demonstranten, die am Mittwoch vor seinen Dienstsitz zogen, bekam er dafür den Stinkefinger gezeigt. Als die Demonstranten gegen 20.40 Uhr das Ministerium erreichten, riefen sie dort „Wir haben Platz“ oder „Evakuierung sofort“. Im Ministerium brannte da kein Licht mehr.

Das Ausländergesetz sieht vor, dass die Länder und Kommunen nicht ohne den Bund über die Aufnahme von Flüchtlingen entscheiden können. Eine Bundesratsinitiative, die Berlin und Thüringen schon Ende 2019 eingebracht hatten, will das ändern. Ihr zufolge sollen Bundesländer in eigener Verantwortung über die Aufnahme entscheiden dürfen.

Berlins Linken-Vorsitzende Katina Schubert freute sich auf der Demonstration, dass es jetzt aus weiteren Bundesländern Stimmen gebe, die das befürworten: aus Bremen, Brandenburg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen.

Am Montag – noch vor dem Brand in Moria – hatte das Netzwerk Seebrücke vor dem Bundestag 13.000 Stühle aufgestellt: Ein Stuhl für jeden Insassen des Lagers auf Lesbos, die dort ohne ausreichende medizinische Versorgung, ohne Abstandsmöglichkeiten in Zelten oder Bretterverschlägen vegetierten. „Wir haben Platz“ sollten die Stühle eindrucksvoll zeigen.

Aktuell hatten Seebrücke und die anderen Flüchtlingsorganisationen wenige Informationen zum Schicksal der Menschen, die durch das Feuer ein weiteres Mal ihre gesamte Habe verloren haben. 13.000 Menschen seien auf der Insel auf der Suche nach einem Platz zum Schlafen. Anwohner der 85.000 Einwohner zählenden Insel hätten ihre Straßen abriegelt, so berichten Augenzeugen. Es bestehe die Gefahr, dass Rechtsextreme die Situation weiter anheizen. Angaben zu Toten durch das Feuer sowie zur Brandursache gebe es keine.

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12 Kommentare

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  • Selbstverständlich kann dieses große Land die kleine Zahl von 13.000 Menschen aufnehmen und integrieren.



    Wir sind eine Verfahrensrepublik.



    So viele Afghanen und Somalier, die endlich eine Perspektive für sich finden wollen. Wenn es nur weiter ginge im Leben.



    Bevor der ganze Libanon auseinanderbricht und die Hisbollah dort alle syrischen Sunniten in die Flucht schlägt...

  • Seehofer ist der Sündenbock. Die ganzen Städte, die angeblich so gerne weitere Flüchtlinge aufnehmen würden, sagen das nur, weil sie wissen, dass ohehin nur wenige kommen. Die Kleinstadt, in der ich wohne, hat sich auch zum sicheren Hafen erklärt, obwohl kaum jemand tatsächlich weitere junge Männer aus Afghanistan oder Somalia hier haben will. Nirgends gibt es so viel Heuchelei wie in der Migrationsfrage.

  • Ehrenvorsitzenden der AFD,



    So nenne ich Horst inzwischen. Ich sehe es sogar so, dass dieser Bayer wesentlich zur Gründung dieser Partei beigetragen hat. Siene nationalistische haltung finde ich ganz solidarisch mit den Demonstranten zum... na ja, die Netikette verbietet das Wort.



    Ich empfinde es auch als Schande, das seine Partei immernoch ein "C" im Namen trägt. Ich bin Christ und das was Vollhorst sagt und tut ist definitiv nicht christlich.

    • @Goyo:

      Anschließe mich. Es so ekelhaft geheuchelt, dieses C. Ich kotze immer wieder aufs Neue. Aber fein zur Kirche gehen im Anzug und inbrünstig zum Herrn beten. Traurig, erbärmlich. Aber: Volxvertreter...

  • 9G
    97287 (Profil gelöscht)

    Berlin sollte alle Flüchtlinge aufnehmen und erst mal isolieren( COVID- 19), Bayern ist mit den Tests überfordert wie man im Forum und in der Taz festgestellt hat. Das Tempelhofer Feld und die Hallen bieten genug Platz. Die anderen Bundesländer beteiligen sich erst mal an den Kosten bis der Aufenthaltstatus geklärt ist und die Geflüchteten entsprechend einem Schlüssel verteilt werden. Das könnte erstmal eine Lösung sein. Leider gibt es dafür keine Mehrheit in Berlin.

  • "Das sahen die Demoteilnehmer, die sich diszipliniert an die Abstandsregeln hielten.." Auf dem Photo sieht es aber nicht ganz so aus..!

  • Unterlassene Hilfeleistung ist nicht nur wenn man an einer Unfallstelle achtlos vorbeifährt ...



    Unterlassene Hilfeleistung ist auch, jemanden beim Verhungern zuzusehen.

    "Angeklagter Seehofer, was können Sie dem hohen Gericht zu den Vorkommnissen in diesem Lager sagen ?"

    "Ich habe von all dem Nichts gewusst und ich kann mich auch nicht erinnern"

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @Bolzkopf:

      Was Seehofer und Scheuer machen, ist nicht einfach unterlassene Hilfeleistung, sondern eher so wie wenn Menschen einer Notärzt:in den Zugang zu Schwerverletzten versperren oder die Feuerwehr daran hindern, Menschen aus einem brennenden Haus zu retten.



      Vor dem Rechts sind alle gleich - und manche sind gleicher.

      • @85198 (Profil gelöscht):

        .. oder wie die Feuerwehr anzugreifen und sie daran zu hindern, einen Brand zu löschen! Wo ist das nur kürzlich passiert?? Kleiner Tipp: Ort mit "M"!

      • 9G
        97287 (Profil gelöscht)
        @85198 (Profil gelöscht):

        Seehofer wird sagen: Wir haben für die Ersthilfe über 2 Milliarden An Griechenland überwiesen. Schon wird die Anklage fallengelassen.

        • @97287 (Profil gelöscht):

          Stimmt auffallend!

          War es nicht Gerhard Peters der gesagt hat "Wir wollten eine humane und effiziente Lösung ..."

  • Die Sirenen heute um 11:00 Uhr erinnern an den Katastrophenfall der bereits eingetreten ist.

    Es erinnert daran das Sirenen nicht nützen. Wozu auf den Katastrophenfall aufmerksam machen, wenn danach nicht Hilfe kommt. Wenn "Deutschland" dann angeblich überfordert ist. Schon von 15.000 Menschen in höchster Not. Also 0,018% von 83 Millionen. Wenn ein Bundesinnenminister sogar jene Menschen, Bundesländer, Städte und Gemeinden daran hindert zu Hilfe zu eilen, die es wollen und verzweifelt darum kämpfen es auch tun zu können.

    Die abgebrannten Geflüchteten aus Moria /Lesbos müssen sofort evakuiert werden!



    In Not hilft der der es kann und dann auch wirklich tut.

    Politik diskutiere ich nicht, trage ich nicht auf dem Rücken der Opfer von Katastrophen aus. Ich höre die Sirenen und gehe los zu helfen wo immer ich kann.