Debatte in NHL über Rauswurf der Russen: Putin on Ice
Alexander Owetschkin ist der beste Russe in der NHL. Weil er ein Fan des russischen Präsidenten ist, wird nun über den Rauswurf aller Russen aus der Liga diskutiert.
A lle Russen raus! Es war nicht irgendwer, der den Rauswurf aller russischen Eishockeyprofis aus der nordamerikanischen Liga NHL gefordert hat. Dominik Hašek, einer der besten Torhüter aller Zeiten, war es. Der tschechische Olympiasieger von 1998 hat zwischen 1991 und 2008 über 850 Spiele in der Liga der bestverdienenden Eishockeypieler der Welt bestritten. Er war außer sich, als er gehört hatte, was Aleksander Owetschkin gesagt hatte, als er nach seiner Meinung zum Krieg Russlands gegen die Ukraine gefragt wurde.
Owetschkin ist der erfolgreichste russische Eishockeyspieler in der Geschichte der Liga. Nur drei Spieler haben mehr Tore in der NHL erzielt als der 36-jährige Russe, der in seiner Heimat verehrt wird wie kaum ein zweiter Sportler und der bei den Washington Capitals, die er 2018 zum Titel geführt hat, ein Publikumsliebling ist.
„Bitte keinen Krieg mehr“, sagte Owetschkin. „Egal wer am Krieg beteiligt ist – Russland, die Ukraine oder andere Länder –, ich denke, wir sollten friedlich in einer großartigen Welt leben.“ Über Wladimir Putin sagte er: „Nun ja, er ist mein Präsident.“ Und überhaupt sei es gerade sehr schwer, schließlich habe er Familie in Russland und außerdem sei er Sportler und habe mit Politik nichts zu tun. Wer sich auch nur am Rande mit der Karriere von Owetschkin beschäftigt hat, der kann da nur mit dem Kopf schütteln.
Das Profilbild seines Instagram-Accounts zeigt ihn mit Wladimir Putin. 2017 hat er ein Promi-Netzwerk zur Unterstützung seines Präsidenten gegründet, das sich „Team Putin“ nennt. Und als Russland sich die Krim einverleibt und im Osten der Ukraine einen Krieg angezettelt hatte, veröffentlichte er auf Instagram ein Foto von sich, auf dem er ein Schild mit der Aufschrift „Save children from fascism“ hält. Die von Russland unterstützten Kämpfer in der Ostukraine haben sich gewiss gefreut über die propagandistische Unterstützung.
Extreme Forderung
Ein unpolitischer Sportler? Nein, das war Owetschkin gewiss nicht, und die Wut eines Dominik Hašek ist durchaus nachvollziehbar. Und doch ist seine Forderung extrem. Alle Russen aus der NHL rauszuschmeißen, beträfe auch Artemi Panarin, der bei den New York Rangers spielt. Der hatte vor gut einem Jahr in einem Interview den Umgang Russlands mit dem Oppositionspolitiker Alexei Nawalny kritisiert. Außerdem wagte er es anzumerken, dass es sich bei Wladimir Putin keineswegs um einen Übermenschen handle. Der sei ein ganz normales Wesen, das auch mal ersetzt werden könnte.
Kaum hatte er das gesagt, wurden Vorwürfe laut, er habe als 20-jähriger Junior nach einem Spiel in Lettland ein 18-jähriges Mädchen geschlagen. Sein ehemaliger Jugendtrainer brachte die Vorwürfe auf. Nachdem sich niemand in Panarins ehemaligem Jugendteam fand, der sich daran hätte erinnern können, war bald klar, dass man Panarin einschüchtern wollte. Einen Fall Panarin, der sogar zu einer Geldstrafe geführt habe, wie es der Trainer behauptet hatte, hat es nicht gegeben.
Wie hatte Goalie-Legende Hašek getwittert? „Alle Sportler repräsentieren nicht nur sich selbst, sondern immer auch ihr Land, dessen Werte und Handlungen.“ Was Panarin davon wohl hält? Würde die NHL nicht handeln, so Hašek weiter, mache sie sich indirekt mitschuldig am Töten in der Ukraine. Wie das in Russland ankommt, wird den Tschechen nicht wundern. Die Sportpostille Sowjetski Sport titelte: „Hašek gegen Owetschkin – Wie ein großer Torwart zu einem gewöhnlichen Nazi geworden ist“. Keiner der russischen Profis, die in den USA oder Kanada spielen würden, heißt es darin, würde unterstützen, was gerade in der Ukraine passiert. Worum es geht, bleibt im Dunkeln.
Am Wochenende übrigens haben Owetschkins Capitals gegen Panarins Rangers gespielt. New York hat 4:1 gewonnen. Das Tor für Washington erzielte Owetschkin. Es war sein 762. in der NHL. Ginge es nach Hašek, wäre es sein letztes gewesen.
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