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Debatte ProstitutionSexarbeit und Freiheit

Kommentar von Sonja Dolinsek

Ein Verbot der Prostitution dämmt den Menschenhandel nicht ein. Im Gegenteil. Die Kriminalisierung gefährdet Sexarbeiter*innen massiv.

Sexkauf zu kriminalisieren, bedeutet, dass Vergewaltigungen von Sexarbeiter*innen unsichtbar und unbestraft bleiben Bild: dpa

M ira Sigel kritisiert in ihrem Beitrag „Schöne neue Sexarbeit-Welt“ die „tiefen Gräben“ innerhalb der linken Wertegemeinschaft, weil Uneinigkeit über den rechtlichen und vor allem moralischen Umgang mit Sexarbeit herrscht. Dabei wäre es angemessen, diese Uneinigkeit als notwendiges Moment in der demokratischen Auseinandersetzung über Prostitution zu identifizieren. Doch dafür gibt es eine „Wunderpille“, und die heißt „schwedisches Modell“. Schuld an allen Missständen ist daher das hiesige Prostitutionsgesetz.

Obwohl Prostitution schon seit 1927 legal ist, als sie auf Druck der Abolitionistinnen der polizeilichen Kontrolle entzogen wurde, ist sie erst seit 2002 ein wenig anerkannter, gleichwohl von einer konsequenten Liberalisierung und Gleichstellung keine Rede sein kann. Damals konnte der Widerstand der CDU/CSU im Bundesrat ein umfassendes Prostitutionsgesetz verhindern.

Doch nicht nur der CDU/CSU, sondern auch Sigel geht das kleine Gesetz schon viel zu weit, weil es angeblich den „Menschenhandel“ blühen ließe, obwohl dieser seinen Höhepunkt in den Jahren 1995/96 erreichte (ca. 1.500 Opfer). Entgegen Sigels Annahme ist der Menschenhandel auch in Schweden seit dem Sexkaufverbot (1999) laut Polizeiakten eher gestiegen und dort, wo Prostitution komplett verboten ist, blüht er ebenso. Thailand ist dafür nur ein Beispiel.

Der Menschenhandel ist in Deutschland seit 2002 stabil geblieben. Fakt ist aber, dass nicht das Prostitutionsgesetz, sondern wie in allen anderen Ländern auch das Gesetz gegen Menschenhandel – die Dürftigkeit der Opferrechte, deren Stärkung durch die Volksparteien immer wieder verhindert wird – und die europaweit immer restriktivere Einwanderungspolitik die strukturellen Rahmenbedingungen für den Menschenhandel schaffen. Kein Sexkaufverbot wird diese Probleme lösen.

Bei VerbotsanhängerInnen fehlt häufig auch der Blick auf gewalttätige Razzien seitens der Polizei, auf racial profiling, auf korrupte Polizisten, die vor allem in Ländern mit einem Verbot Prostituierte straflos vergewaltigen und oft tief in den Menschenhandel verwickelt sind. Kein Wort über die Illegalität der Prostitution in Rumänien und Bulgarien, die Prostituierte, vor allem Roma-Frauen, für Ausbeutung und Polizeigewalt anfällig macht.

Deutschland ist, zumindest im Vergleich, eine bessere Alternative. Auch in Schweden hilft die Polizei emigrierten Prostituierten nicht. Diese dürfen als „Gefahr für die öffentliche Sicherheit“ abgeschoben werden.

Zehnmal für den Staat ficken

Doch auch der deutsche Staat bleibt mit seiner Sperrgebietsregelung, die Prostitution faktisch vielerorts verbietet, unsichtbar. Die Strafen für ein Vergehen (150/200 Euro beim ersten Mal, das Doppelte beim zweiten und eine Haftstrafe beim dritten Mal) ignoriert Sigel, obwohl die Armutsprostituierte mindestens zehnmal für den Staat ficken muss, um die Strafe zu bezahlen.

Deshalb fordern Sexarbeiter*innen und auch der Bundesverband für sexuelle und erotische Dienstleistungen eine vollständige Entkriminalisierung der Sexarbeit, eine Abschaffung des Paragrafen der „Verbotenen Prostitution“ (StGB 184e), weil sie der Staat mit dieser Regelung und den Sondersteuern zusätzlich ausbeutet. Es ist naiv, den Staat als Retter der armen Huren darzustellen und gleichzeitig die „ökonomische Alternativlosigkeit“, die er mitverursacht, zu ignorieren.

Sonja Dolinsek

hat zur Geschichte internationaler Prostitutionsdebatten nach 1949 an der Universität Erfurt promoviert. Sie ist sexpositive Feministin sowie Gründerin von menschenhandelheute.net.

Es ist ein Mythos, dass Sexarbeiter*innen Sexarbeit romantisieren. Morde und Vergewaltigungen von Prostituierten sind weltweit verbreitete Formen von „Gewalt gegen Sexarbeiter*innen“, unabhängig von Legalität oder Illegalität von Prostitution, und die globale Prostituiertenbewegung ist auch als politische Reaktion darauf entstanden. Gewalt wird aber meistens durch Männer verübt, die nie geplant hatten, für den Sex zu bezahlen, weil sie Prostituierte zutiefst verachten, ja hassen.

Während in Deutschland diese Gewalt zum Glück geahndet und verurteilt wird (das zeigen auch die von Sigel zitierten Pressemitteilungen), interessiert sich dort, wo Prostitution verboten ist, niemand für die „unmoralische“ Hure. Dort, auch in Schweden, wird Gewalt als Teil des Jobs definiert, als „Gewalt gegen Frauen“. Wer die „sexuelle Selbstbestimmung“ der Prostituierten prinzipiell leugnet, kann auch keine Verletzungen dieser Selbstbestimmung denken. Sexkauf zu kriminalisieren bedeutet, dass Vergewaltigungen von Sexarbeiter*innen unsichtbar und ungestraft bleiben.

Wir brauchen genossenschaftlich organisierte Bordelle

Was wir brauchen, sind genossenschaftlich organisierte Bordelle und Zusammenschlüsse von unabhängigen Prostituierten als wirkliche Alternativen zu Großbordellen. Anstatt selbstbestimmte Sexarbeit abzulehnen, sollte man sie für alle, auch für Migrant*innen, einfordern. Es geht darum, Freiheiten für alle zu schaffen.

Der Begriff „Sexarbeit“ ist keine Verherrlichung des „Systems Prostitution“, sondern ein Gegenbegriff zur Vorstellung von Prostituierten als kriminelle oder deviante Menschen. Er weist auf die Menschlichkeit von Prostituierten als Arbeiter*innen und „Frauen wie andere auch“ hin. Es ist ein politischer Begriff, der den Kampf der im Patriarchat stets unterdrückten Prostituierten um Rechte und um eine „Freiheit“, in der es Gewalt, Kriminalisierung, Stigma und Hass nicht mehr gibt, erst ermöglicht hat.

„Sexarbeit“ stellt zwar für manche eine „Befreiung“ und Selbsterfüllung dar, aber es ist in der Forschung und unter Sexarbeiter*innen völlig selbstverständlich, dass es unterschiedliche Erfahrungen und Biografien gibt. Es ist selbstverständlich, dass Sexarbeiter*innen immer auch gesellschaftlichen Zwängen unterliegen, in denen sie nach der für sie besseren Option suchen müssen, auch wenn es eine schlechte Option ist. Kein noch so gut gemeintes Verbot wird daran irgendwas ändern, dass so manche Frau die Sexarbeit lieber macht als Pflege, einen Putzjob oder gar einen Bürojob.

Auch das neue Feindbild der „glücklichen Hure“, der das Schicksal der weniger privilegierten Kollegin egal ist, ist eine Fantasie, die zur Delegitimierung der Selbstorganisation von Sexarbeiter*innen dient. Das ist keine Systemkritik, sondern simpler Hurenhass.

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66 Kommentare

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  • 4G
    4845 (Profil gelöscht)

    Wenn zwei erwachsene und mündige Menschen sich freiwillig und in Einvernehmen zum Geschlechtsverkehr verabreden - egal ob mit oder ohne Gegenleistung finanzieller oder sonstiger Art - dann hat das den Staat nichts anzugehen. Erst recht nicht irgendwelche selbsternannte Moralapostel.

  • 6G
    677 (Profil gelöscht)

    "sexpositive Feministin" - ist das nicht ein Contradictio in adiecto?

    Ansonsten finde ich diesen Artikel hervorragend.

    • @677 (Profil gelöscht):

      Das Hauptproblem am Begriff "Feminismus" ist, dass er einen so weiten Bereich abdeckt. Der Grundidee des Feminismus wird wohl kaum jemand widersprechen. Leider fallen sehr viele, die "Feminismus" als Attribut vor sich hertragen, eben nicht durch diesen guten Kern auf.

       

      "Sexpositive Feministen" sind im Grunde ganz normale Leute, die offen dazu stehen, dass (auch) Heterosex eine gute Sache ist. Ja, ich glaube, sogar Männern wird Spaß am Sex zugestanden. :-)

       

      Sie denken dagegen – verständlicherweise – bei "Feministen" an den Jammer-und-Gier-Feminismus, der inzwischen die Öffentlichkeit prägt.

  • Ich finde die Befürworter machen sichs einfach. Wer meint mit Hardcor Pornos lässt sich gut Geldverdienen und davon ausgeht dass es verschiedene Arten von Frauen gibt, dem lass gesagt sein, es ist nicht so. Psychisch und Anatomisch gibt es dann doch Gemeinsamkeiten unter Menschen, auch unter weiblichen. Weswegen die Mehrheit der Frauen des Milieus, Sexarbeiter, Pornosternchen – wie Ihrs nennen mögt- zumindest gesundheitlich schon nach weniger Zeit in der Branche, nicht mehr mit der Durchschnitsfrau, die nicht Täglich auf unterschiedlichste Weise Ihre Genitalien verkauft (lieber als Putzten zu gehen, wie hier einige herausgearbeitet haben), zu vergleichen ist. Und wenn es nur wenige wären denen die Scheidenwand reißt, oder Schwanger gefögelt werden –nicht zärtlich bestiegen - wie soll man das in der Legalität legitimieren? Berufsrisiko? Gibts eine extra Gesundheits-/ oder Rentenversicherung für frühe Inkontinenz, Berufsunfähigkeit aufgrund der Vernarbung des Genitalbereichs (dazu gehört nicht nur die Scheide) oder andere Begleiterscheinungen, weil eben doch „manche Kunden“ nicht so nett sind? Wie ist das mit der Psychischen Begleitung der ArbeiterInnen? Übernimmt die Krankenkasse Folgeschäden die schon erwiesener Maßen mit Kriegs-/ und Vergewaltigungstraumata zu vergleichen sind? Für welche Versicherung sind die Frauen denn attraktiv? Es geht nicht um sexuelle Selbstbestimmung, die Sache ist komplizierter und dann regt es mich auf wenn Menschen es befürworten mit Argumenten die nicht erkennen lassen dass Sie sich mit den Schattenseiten der „Sexarbeit“ auseinander setzen- nicht mal mit den ganz banalen. Ein Praktikum in der Sozialen Arbeit, oder in der Branche selbst, lasst Euch was einfallen wenns Euch wirklich interessiert.

    • 6G
      6474 (Profil gelöscht)
      @Weller:

      wo soll ich soziale arbeit machen?bei einer prostituierten?

      ich habe den eindruck sie reden die ganze zeit vom straßenstrich.dort ist es vermutlich wirklich nicht besonders freiwillig oder gar spaßig.

      was die psychischen sachen angeht:das mag auf manche durchaus zutreffen,auf andere eben nicht.

      psychisch gibt es durchaus enorme unterschiede zwischen menschen.

      einer frau generell abzusprechen das sie spaß daran hat sex vor der kamera zu haben und es erregend zu finden in diesem moment objektiviert zu werden,finde ich schon seltsam.

      sie verstehen meinen punkt nicht:ich gebe ihnen ja recht das prostitution so wie sie in unserer momentanen gesellschaft stattfindet für viele prostituierte eine besch.... notlösung ist,die psychische konsequenzen haben kann.von menschenhandel möchte ich jetzt gar nicht erst reden.

      aber sie übersehen dabei den arbeiter der in der chemiefabrik schuftet und mit 50 lungenkrebs hat.

      sie übersehen die rumänen und bulgaren in meinem viertel die für 3 euro stundenlohn 12 stunden täglich illegal im hafen arbeiten und für ihre miese unterkunft dann nochmal die hälfte abdrücken können.

      undsoweiterundsofort...

      was ich meine:es ist eine milieufrage und kein grundsätzliches problem das der prostitution anhaftet.

      wenn wir das ganze mal von oben aufrollen,anstatt von unten anzufangen,sieht man nämlich ganz andere dinge.

      eine edelprostituierte die 300 bis 500 euro nimmt und 1 bis 3 kunden am tag hat(und es sich noch aussuchen kann)gewisse bereiche von begleitagenturen etc. funktionieren da nämlich anders und sind nicht zwangsläufig mit körperlichen oder psychischen folgen verbunden.

      letztlich ist es eben doch eine klassenfrage.

      und nochmal zu den psychischen folgen.ja,sie haben ja nicht ganz unrecht.aber gleichzeitig lassen sich ja in vielen berufen psychische folgen nicht ausschließen.wie es wohl den pflegern in einem kinderhospitz gehen muss?oder bestattern?oder menschen die in der notaufnahme arbeiten?

  • der gewinn aus diesem dreckigen geschäft gehört völlig abgeschöpft, damit diese halbseidenen geschäftemacher keinerlei interesse mehr an dieser "arbeit" haben. man sehe sich nur die bisherige vita einiger dieser ach so "erfolgreichen geschäftemacher" an. die jva's von innen dürften einige sicherlich bestens kennen.

  • Mein Vorschlag: Wir setzen uns für ein bedingungsloses und ausreichendes Grundeinkommen für Alle ein anstatt zu fordern, Sexarbeit zu verbieten.

     

    Jede/r kann dann selbst entscheiden, ob er/sie sich durch Sex-, Büro- Putz-, Pflege- oder andere Arbeit ein Zusatzeinkommen verschaffen will. Vielleicht wird diese neue gesellschaftliche Institution ‘Grundeinkommen’ auch dazu beitragen, dass alle Menschen eine anständige Bezahlung, sinnvolle Arbeit und gute Arbeitsbedingungen bekommen.

  • 6G
    6474 (Profil gelöscht)

    danke,danke,danke für diesen wunderbaren artikel!

    dieses verbot führt nur zu einem:"aus dem auge aus dem sinn"und damit in größere gefahren und abhängigkeit als zuvor.

    liebe wohlstandslinke:das leben ist kein ponyhof auch wenn papa den reituntericht bezahlt hat.

    ja,es gibt menschenhandel(übrigens nicht nur im sexgewerbe)

    ja,es gibt ausbeutung in diesem bereich.

    aber es gibt nebenbei,da bin ich mir sicher, auch einige frauen die das rotlichgewerbe dem putzjob oder der pflegehelferin vorziehen.und ab da verläuft die freiwilligkeit eben graduell.die einen machen es nicht gerne aber lieber als....die nächsten finden es ganz okay,so lange der kunde nett und gepflegt ist.die nächsten haben vielleicht tatsächlich gerne sex.

    macht es euch doch nicht so verdammt einfach

  • Frau Dolinsek hat Recht, Verbote bringen nichts. Und es ist richtig, dass an vielen Prostituierten bereits Straftaten (Menschenhandel, Vergewaltigung/"Zureiten") begangen wurden, bevor sie überhaupt den ersten Freier bedient haben. Dennoch hat Mira Sigel m. E. das realistischere Bild von Prostitution geschildert hat. Ich halte es für wichtig, den Mythos "Hure" (wie auch "Pornostar") zu dekonstruieren und im Rahmen der aktuellen Prostitutionsdebatte und der "Sexpositiv"-Bewegung klar herauszustellen, dass es hier nicht um den Körper und die Sexualität der bürgerlichen Frau geht. Sicher, es ist ein Unterschied, ob frau als hochbezahltes Edelcallgirl arbeitet (die Grenzen zur Mätresse sind hier sicher fließend) oder in irgendeinem Park anschaffen geht. In beiden Fällen muss aber klar sein, dass sie "es" nur gegen Geld macht, eine Dienstleistung anbietet, eine Illusion verkauft und nicht strichen geht, weil sie so "naturgeil" ist. Genau wie auch kein Pornostar sich "aus purer Lust" irgendwelchen Hardcore-Sex-Geschichten hingibt sondern eben aus dem einfachen Grund, dass es dafür eine Menge Geld gibt. Leider gibt's immer noch Leute, die das nicht kapieren und leider haben deshalb Frauen aus dem Sexbusiness öfter mit sexuellen Übergriffen und Vergewaltigung zu tun als andere Frauen. Also, vielleicht trägt auch eure "Faszination" dazu bei, dass "Hure" ein Drecksjob ist und "Die hat mal Pornos gedreht" immer noch ein gutes Druckmittel.....

  • Ja, jeder hat das Recht sich seinen Lebensumständen und Möglichkeiten entsprechend zu entscheiden – das schulden wir doch der Freiheit des Individuums, nicht wahr. Großzügig. Dass das die Gutmenschen nicht verstehen.

  • @Andreas 2020

    "Ungefähr 70 Prozent der Frauen schaffen an, weil ihr Freund, in Wirklichkeit ihr Lude, das will. Die anderen 30 Prozent fallen oft in die Kategorie Armutsprostitution, Drogensucht oder Gelegenheitsdirne."

     

    Woher haben Sie diese Zahlen?

     

    Mir sind sie neu, und sie scheinen mir auch eher geglaubte als verlässlich ermittelte Verhältnisse widerzuspiegeln. Das macht die Diskussion nicht fruchtbarer, denn selbstverständlich haben die Prostitutionsbefürworter andere, ähnlich feste Glaubenssättz zu den Verhältnissen. Davon ab: Glauben Sie wirklich, eine etwaige Bestrafung der Freier würde gerade den - ohnehin schon illegal agierenden - Luden das Geschäft verderben? Verbote lassen doch bei solchen faktisch unausrottbaren Lastern wie Alkohol oder Prostitution nur die Preise steigen.

     

    Am bedenklichsten aber finde ich den ausschließlich entmündigenden Gedankengang, dass zu den Zwangprostituierten auch all Jene gezählt werden müssten, die - nach Ansicht des gutmenschelnden Beobachters - "nur glauben", sie machten den Job freiwillig. Da merkt man doch, dass die tiefgereifenste Form der Erniedrigung immer noch im Mäntelchen der Weltverbesserung daherkommt. Selbst der übelste Lude billigt seinen Opfern immer noch einen eigenen Willen zu, den er erst einmal brechen muss.

     

    Daneben sollten Sich wirklich Alle, die "Armutsprostitution" verteufeln, fragen, ob nicht auch armen Menschen immer noch besser damit gedient ist, wenigstens die Wahl zwischen Prostitution und Armut zu haben. Solange das Sotzialamt nicht anfängt, Hartz IV-Sätze zusammen zu streichen, wenn ein Angebot, im Puff zu arbeiten ausgeschlagen wird, sehe ich keinen Zwang in der "Armutsprotitution".

    • 6G
      688 (Profil gelöscht)
      @Normalo:

      "... wenigstens die Wahl zwischen Prostitution und Armut zu haben."

       

      Zwischen Kinderarbeit und Armut, zwischen Ausbeutung und (Selbst-)Unterdrückung, zwischen einfach ja und "gutdurchdachtem" nein, wenigstens (!?), weil das über die SCHEINBAR alternativlosen Bedingungen gesteuerte Denken und Entscheiden ja denen mit den dicksten Kartoffeln ... - die Diktatur des Kapitals, vor der man erstmal "ganz einfach" / bedingungslos kapituliert, bis mal wieder die Unausweichlichkeit eine Totalität der Einfachheit ...!?

       

      Und Obacht, ich bin kein Gutmensch!

  • Was mich in dieser Debatte befremdet, ist die Selbstgerechtigkeit mancher KommentatorInnen, die das Milieu, wenn überhaupt, doch allenfalls von außen kennen dürften. Vieles erinnert in höchst fataler Weise an den Habitus der gesellschaftlich hochgestellten Damen in der Ära des Wilheminismus, die sich um die "Rettung " "gefallener Mädchen" bemühten, um ihre eigene "moralische Überlegenheit" zur Geltung zu bringen - was sie andererseits aber nicht daran gehindert hat, diese selben "gefallenen Mädchen" wie Dreck zu behandeln, so lange sie noch als Stubenmädchen, Zofen, Modistinnen oder Verkäuferinnen arbeiteten und sich als Mitglied der "dienenden Klasse" "anständig" durchs Leben hungerten. Um es ein für alle Mal klar zu stellen: es GIBT Armutsprostitution - aber die sieht manchmal anders aus als es sich die selbst ernannten Gutmenschinnen des links-feministischen Lagers vorstellen. Verglichen mit dem 5€-Job an der Kasse eines Discounters (gelegentliches Sich-Angrabschen-Lassen durch den Fililalleiter im Gehalt inbegriffen) KANN Sexarbeit durchaus die angenehmere Alternative sein. Und gerade Frauen in dieser Lage werden es sich unter Umständen VERBITTEN, wenn sich jemand in ihr Leben einmischt und ihnen erklärt, was gut für sie ist.

    • @Almuth Wessel:

      Das Problem ist weniger, dass irgendwem erklärt werden soll, was besser für ihn ist. Das Problem ist, dass die Entscheidung, was diejenigen für sich für besser halten, blockiert werden soll – damit andere sich besser fühlen. Diese anderen kommen aber nicht für den "Verlust" auf. Das ist dann der Beitrag der "Ausgebeuteten" für die bessere Welt. Verbieten ist halt einfach. Etwas zu leisten, das Probleme löst, liegt diesen Leuten nicht.

  • Was ist eine sexpositive Feministin?

  • "Was wir brauchen, sind genossenschaftlich organisierte Bordelle und Zusammenschlüsse von unabhängigen Prostituierten als wirkliche Alternativen zu Großbordellen."

     

    Ungefähr 70 Prozent der Frauen schaffen an, weil ihr Freund, in Wirklichkeit ihr Lude, das will. Die anderen 30 Prozent fallen oft in die Kategorie Armutsprostitution, Drogensucht oder Gelegenheitsdirne.

    Der Lude ist in Deutschland immer noch die zentrale Kraft hinter der Prostitution.

     

    Und er will nicht eine Genossenschaft, sondern ein Megaausbeutungsmodell, denn das bringt ihm das Geld ein, was er meint, haben zu müssen. Das Problem an der Prostitution sind die Luden und Zuhälterbanden, weil sie dahinter stehen.

     

    Die wenigsten Frauen würden anschaffen gehen, wenn sie dazu nicht mit jeglichen Mitteln gezwungen werden. Und die Frauen, die Armutsprostitution betreiben, die sind nicht lukrativ, die bringen für die Luden nichts ein, allenfall ein paar Borderliers, Hoteliers und Dealer verdienen an denen.

     

    Ich glaube nicht an eine Prostitution, die humanen Standards genügen kann. Viele Frauen glauben, dass sie die Entscheidungen selber treffen. Sie denken, dass sie selber bestimmen können, wie das Geschäft läuft, aber wer sich heute Lohnentwicklungen ansieht, der kann auch erkennen, dass der Ausstieg vom Strich schwer ist, denn er kommt mit großen finanziellen Abstrichen daher.

     

    Eine normale Prostituierte verdient immer noch besser als €7,50-9 pro Stunde. Selbst bei diesen Niedrigpreisen kommt sie auf gute €20 bis €40 und viele arbeiten 6 oder 7 Tage die Woche. Und viele Ausländerinnen finanzieren ihre Kinder und Eltern in ihren Heimatländern mit, die brauchen kleine Überschüsse, die können oft gar nicht für die in Deutschland übrigen Niedriglöhne arbeiten gehen.

  • Lest bitte das Kommentar von IFGBSG, Sie/Er ist die/der Einzige der hier gut belegte Perspektiven über die Realität aufzeigt, die dem Artikel fehlen. Danke Dir!

    Über den Artikel selbst bin ich enttäuscht. Ich weiß nicht ob es der Versuch ist in der Mitte zu bleiben um dem Anspruch der Neutralität gerecht zu werden, oder einem vermeintlich universellen aber in dieser Debatte allgemein und leider grundsätzlich flachem Verständnis von Selbstbestimmung rechenschafft zu zollen. Fakt ist, dass die Prostitution inklusive Menschenhandel extremere Ausmaße in Deutschland angenommen hat seit der Änderung der Gesetzteslage und dass ist nicht nur als Resultat einer veränderten Außenwirkung durch größere Öffentlichkeit ab zu tun. Zahlen von selbstständig Prostituierten bewegen sich seither im Bereich 12-55 (Personen) in ganz Deutschland. Diese Selbstständigkeit sollte ein Vorteil des Gesetzes sein, das Ergebnis spricht für sich. Und wie in einigen Kommentaren schon erwähnt wird hier von einem Verständnis der Prostitution ausgegangen, dass per se zu hinterfragen ist wenn man die ökonomischen, psychischen, gesellschaftlichen Prozesse auch nur annähernd alle reflektiert die das System der Prostitution/der Ausbeutung/dem Missbrauch von Menschen/ dem Menschenhandel bedingen.

    WP es ist nett dass du dich äußerst, du veranschaulichst was für diskriminierende Ideologien entstehen und /oder befruchtet werden wenn man das System der Prostitution schlicht mit Selbstbestimmung Recht - fertigt.

    • @Weller:

      "Zahlen von selbstständig Prostituierten bewegen sich seither im Bereich 12-55 (Personen) in ganz Deutschland."

       

      Ich glaube, das verwechseln Sie mit der Anzahl der angestellten Prostituierten. Die Zahl der offiziellen selbständigen Prostituierten (2012 alleine in Hamburg schon 29) liegt allerdings auch dramatisch unter dem realen Wert. Warum? Ganz einfach deshalb, weil die Masse der Prostituierten nicht als solche erfasst werden wollen. Die melden zwar ein Gewerbe an, aber mit anderem Inhalt.

  • Soll man eigentlich auch Kommentatoren melden, die schlicht zu blöd für die laufende Debatte sind? "WP" diffamiert hier in mehreren Kommentaren die Gegner legaler Prostitution als "sexfeindlich", "Hurenhasser", "Emanzen" usw. Ein Freier, der Angst davor hat, dass ihm sein Spielzeug weggenommen wird. Es ist nicht ok, wenn Leute mit einer anderen Meinung pauschal verunglimpft werden. Ich bin 30, männlich, links und trotzdem misstrauisch gegenüber dem Staat. "WP"s Keilerei zerstört die differenzierte Debatte.

  • Eine Kernfrage ist, ob der Staat bestimmte von der Mehrheit (?) gewünschte gesellschaftliche Veränderungen - hier im Verhältnis der Geschlechter - per Strafgesetz allen aufzwingen soll. Eine spannende Koalition aus fundamentalistischen Christen und einigen Feministinnen wünscht dies - aus völlig gegensätzlichen Motiven heraus.

     

    Wenn es hingegen um den Schutz der SexworkerInnen und ihrer Rechte gehen soll, sind sicherlich viele Änderungen gegenüber der jetzigen Rechtslage zu diskutieren. Aber ein faktisches Totalverbot (und es macht am Ende keinen praktischen Unterschied, ob man ein Geschäft verbietet oder vor seine Tür jemanden stellt, der den Kunden den Eintritt verbietet - beides ist ein Berufsverbot) lässt sich damit nicht begründen.

    • @arunto:

      "gewünschte gesellschaftliche Veränderungen - hier im Verhältnis der Geschlechter"

       

      Dafür müsste ja erst mal klar sein, dass es überhaupt um das Verhältnis der Geschlechter geht – und die entsprechenden Behauptungen der Verbotsfreunde mehr sind als heiße Luft.

       

      Das heißt, es müsste sich im Leben der Frauen in Deutschland etwas ändern, wenn Prostitution direkt oder indirekt sanktioniert würde. Und das müsste wesentlich substantieller sein als das unangenehme Gefühl, dass Männer Sex haben können, ohne um die Frau zu werben. Die Männer in Deutschland fühlen sich sicher auch schlecht, weil sie so selten von Frauen angesprochen werden. Vielleicht kann man den Gesetzgeber da auch mal kreativ werden lassen, denn "geschlechtergerecht" kann ja nicht dadurch definiert sein, dass es den Frauen gefällt.

       

      Die verbreitete Behauptung, dass wegen legaler Prostitution "die Männer" "die Frauen" als käuflich ansehen, ist jedenfalls offensichtlich schwachsinnig und diskreditiert die Prostitutionsgegner insgesamt. Wo also verhalten sich die Männer Frauen gegenüber anders (und zwar in "unzulässiger" Weise)?

       

      Das hieße übrigens, dass man erkennen können müsste, wer für Sex bezahlt (oder das prinzipiell täte) und wer nicht. Ich bin gespannt...

  • Zitat:

    "Kein noch so gut gemeintes Verbot wird daran irgendwas ändern, dass so manche Frau die Sexarbeit lieber macht als Pflege, einen Putzjob oder gar einen Bürojob. "

     

    Es gibt keine angeblich "gutgemeinten Verbote" was dabei herauskäme, sieht man am Cannabisverbot, abgesehen davon daß es eine widerwärtige, grundgesetz- und freiheitswidrige Vorgehensweise wäre. Unser Staat darf nicht zur Verbots-Diktatur verkommen, in dem praktisch dann Zwangsarbeit kommen würde. Nur die Emanzen bekommen ja das Geld vom Staat nachgeworfen, andere Leute nicht.

    warum wohl ? weil der Staat damit die Schmutzpropaganda gegen Huren bezahlt. Und das ist Mafia, üble Mafia. wir, das Volk, sollten diesen kraß antidemokratischen zuständen (Hinschieben von Steuerzahlergeld an emnzen) ein ende bereiten. dann würde die ganze Lügen-agitation gegen huren und deren Kunden sofort verschwinden. Schweden ist ein Mafiastaat.

    Huren machen ihre arbeit selbstbestimmt. Die unterstellte Fremdbestimmung durch angebliche "Zuhälter" ist gelogen. Selbstverstöändlich sind Huren Frauen wie andere auch- genau dasselbe. Es muß sich nicht jeder und jede der sexuellen repression unterwerfen, oder ? es gibt zum glück noch die huren, ohne sie würde der Hetero Sex wohl zum Erliegen kommen, was ja die absicht des sogenannten "Genderismus" ist. der Sex soll weg, der Mensch soll nur noch Profitesel sein.

    Wollen wir das ?

    • @WP:

      "es gibt zum glück noch die huren, ohne sie würde der Hetero Sex wohl zum Erliegen kommen, was ja die absicht des sogenannten "Genderismus" ist."

       

      So viel Wahnsinn in einem Satz habe ich auch schon lange nicht mehr gelesen.

  • Zitat:

    Es ist naiv, den Staat als Retter der armen Huren darzustellen und gleichzeitig die „ökonomische Alternativlosigkeit“, die er mitverursacht, zu ignorieren.

    Das ist nicht naiv, sondern zeigt die abgründige Verlogenheit der "Prostitutionsgegner". Restriktive Poliik gegen Sexdienstleisterinnen ist ein Anschlag gegen die vom GG garantierte sexuelle und persönliche selbstbestimmung. Menschenhandel und Zwangsprostitution sind einzelfälle, die wahrheitswidrig zu angeblichen Massenverbrechen umgemodelt werden.

    Moralapostel sind Hurenhasser, vollkommen richtig. absolut schändliche Hetze gegen huren wird hier betrieben.

  • Es gibt zahlreiche Versuche, sich des Problems Menschenhandel durch kreative Definitionen und Gesetzestexte zu entledigen, was allerdings auch die EU nicht wirklich überzeugt. Deutschland ist bei der Umsetzung der entsprechenden Richtlinie immer noch im Verzug.

    Eine bessere Alternative „als gewalttätige Razzien […] racial profiling, […] korrupte Polizisten, die vor allem in Ländern mit einem Verbot Prostituierte straflos vergewaltigen und oft tief in den Menschenhandel verwickelt sind […] die Illegalität der Prostitution in Rumänien und Bulgarien, die Prostituierte, vor allem Roma-Frauen, für Ausbeutung und Polizeigewalt anfällig macht“. Ist das der Maßstab? Offenbar, denn eine Reihe prominenter „sex-positiver“ Befürworter_Innen der Prostitution legitimieren eine Zwangssituation durch eine andere legitimieren, weil sie finden, dass Roma-Frauen ihre Menschenwürde doch anders definieren können.

    Brutalität gegen Frauen und andere in der Prostitution hat ihre Ursache in Frauenhass. Dass durch Legalisierung eine korrupte Polizei Menschenhandel verfolgt und Anzeigen wegen Vergewaltigung ernst nimmt – aber ich vergaß, der Menschenhandel verschwindet ja durch Legalisierung gleich mit.

    Schulung und Aufklärung der Polizei ist übrigens eine der Forderungen beim schwedischen Modell.

    „Wer die „sexuelle Selbstbestimmung“ der Prostituierten prinzipiell leugnet, kann auch keine Verletzungen dieser Selbstbestimmung denken.“ Es ist umgekehrt – wer Prostitution naiv als sexuelle Selbstbestimmung wahrnimmt, hat enorme Probleme, die Gewalt überhaupt zu sehen. Diejenigen, die Prostitution als besondere Freiheit der Frauen feiern, erkennen sie im Allgemeinen erst dann an, wenn sie Ausmaße erreicht, die sogar der BGH erkennen würde, sprich erheblich und mit schweren Verletzungen.

    Zu den Sperrgebieten: Wie wäre es mit einer Kriminalisierung der Freier dort? Dann zahlen die die Gebühr. Wäre doch ein Anfang.

    • @Inge:

      "wer Prostitution naiv als sexuelle Selbstbestimmung wahrnimmt, hat enorme Probleme, die Gewalt überhaupt zu sehen. Diejenigen, die Prostitution als besondere Freiheit der Frauen feiern, erkennen sie im Allgemeinen erst dann an, wenn sie Ausmaße erreicht, die sogar der BGH erkennen würde, sprich erheblich und mit schweren Verletzungen."

       

      Bin ich zu optimistisch, wenn ich das für eine nicht aus der Luftgegriffene Behauptung halte, sondern glaube, dass Sie das noch belegen werden?

       

      Wenn wir statt dessen beim lustigen Mutmaßen angekommen sein sollten: Ich könnte da auch so einiges über die andere Seite mutmaßen.

    • @Inge:

      > Zu den Sperrgebieten: Wie wäre es mit einer Kriminalisierung der Freier dort? Dann zahlen die die Gebühr. Wäre doch ein Anfang.

       

      Gibt es im Sperrgebiet Hamburg St. Georg als "Kontaktverbotsverordnung", seit zwei Jahren. Die Folgen: Erstens, gesetzestreue Kunden lassen sich woanders bedienen, übrig bleibt ein weniger angenehmes Klientel. Zweitens, die Interessenten drängen auf schnelle und heimliche Anbahnung, den Kolleg_innen bleibt weniger Zeit, die Kunden richtig einzuschätzen. Folge: Die Gewalt gegen Sexworker im Staddteil ist so explodiert, dass selbst die dort beratenden Sozialarbeiter_innen aufgrund des Sekundärtraumas Supervision brauchten. Toller Anfang, vielen Dank.

  • Die "Wirksamkeit" vom schwedischen und norwegischen Prostitutionsverbot kann man wunderbar in den baltischen Staaten beobachten.

     

    Die Auswirkungen des Verbots vor kurzem in Frankreich kann man in Saarbrücken erleben.

  • Statt durch die Absurditäten von "Sexkaufverbot" oder "genossenschaftlichen Bordellen" ließe sich die Zwangsprostitution ganz simpel durch ein Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) abschaffen, so dass nur noch Luxusprostitution im Sinne von Frau Nitribitt übrigbliebe.

    Wäre das etwa nix?

    • @Kai Feloibas:

      Das funktioniert natürlich nicht. Oder wollen Sie jeder Bewohnerin eines Problemlands im kritischen Alter ein BGE zahlen? Mal abgesehen davon, dass die Menschenhändler die Zwangsprostituierte kaum zum Amt gehen ließen, um ihr BGE, könnte sie es denn bekommen, zu beantragen.

    • @Kai Feloibas:

      Gegen rein ökonomische Zwänge würde das helfen. Prostitution hat aber auch eine andere Ursache: das Patriarchat. Und da hilft es leider nur beim Freier anzusetzen wie in Schweden und Norwegen praktiziert. Wenn Männer lernen, dass es nicht okay ist eine Frau zu benutzen, dann ändern sich auch gesellschaftliche Werte. So hat der Evaluationsbericht aus Norwegen eindeutig belegen können, dass das Gesetz die größte Akzeptanz bei den unter 35-Jährigen hat und die Nachfrage gesenkt werden konnte. So einfach können wir diejenigen die den Markt schaffen leider nicht aus der Sache raus lassen...

      • @Susanne Meyer:

        "Wenn Männer lernen, dass es nicht okay ist eine Frau zu benutzen, dann ändern sich auch gesellschaftliche Werte."

         

        Und die Argumente, die Sie für Ihren Standpunkt haben, sind so überzeugend, dass Sie das Verhalten, das aus dieser Einsicht resultieren soll, erzwingen, auf dass die Gezwungenen glauben, es sei schon besser so.

         

        Wie armselig ist das denn?

         

        Wofür es wohl breite Unterstützung gäbe: Das in der Schule zum Thema machen. Informieren, diskutieren. Aber das wäre ja kein "Lernen" in Ihrer Leseart, da mit offenem Ausgang.

         

        Zum Glück hat Deutschland inzwischen gelernt, was von Leuten mit totalitären Zügen zu halten ist. Und wenn Sie die Meinungsfreiheit hier nicht mehr ertragen, dann wandern Sie einfach nach Schweden aus.

        • @Hauke Laging:

          Hauke Laging hat recht.

          Diese ganze Diskussion wird um den heißen Brei herum geführt.

          Wer tut hier eigentlich was?

          Männer benutzen Frauen.

          Und ansonsten? Haben sie alle eiegntlich schon einmal davon gehört, dass Gesetze Bewusstsein verändern? Schließlich dient die Juristerei mit ihrer Legislative mitnichten nur der Verwaltung bestehender Bewusstseinsverhältnisse, sondern hat durchaus die Kraft und die Funktion, noch nicht bestehendes aber gewünschtes Bewusstsein für die Zukunft zu schaffen.

          Der Prozess der Bewusstseinsveränderung geschieht nicht von heute auf morgen, aber im Laufe der Jahrzehnte würden Männer lernen, dass weibliche Sexualität nicht zum einseitigen Gebrauch bestimmt ist. Darum geht es bei diesen Verboten ja wohl. Und VerbotsbefürworterInnen sofort totalitäre Einstellungen zu unterstellen, trägt einen Widerspruch in sich, denn im Grunde fahren sie jeder, die einem Verbot zustimmt mit einem Totschlagargument über's Maul...Sehr totalitär.

      • @Susanne Meyer:

        Warum reden sie eigentlich von dingen, von denen sie keine ahnung haben und unterstellen anderen Menschen wild zusammenfntasiertes zeug ?

        Wie kann man herumtrompeten, Hetero Sex sei eine "Benutzung".

        das allein zeigt doch schon den aberwitz der Emanzen-Ideologie .

        Woher nehmen sie die selbstherrlichkeit, für andere frauen zu sprechen ?

        Sexdienstleisterinnnen wissen sehr gut, was sie tun wollen, und sie wissen auch , was sie nicht tun wollen.

        wie also kommen sie dazu, anderen frauen ihr ideologisiertes, kaputtes denken unterzuschieben ?

      • @Susanne Meyer:

        Das setzt aber voraus, dass es schlecht sei, dass es so einen Markt gibt, dass also Frauen oder Männer sexuelle Dienstleistungen an andere Männer oder Frauen verkaufen - auch wenn sie dies nicht unter ökonomischen oder anderen Zwängen tun.

  • 5) Dass der Menschenhandel in Schweden gestiegen ist, ist eine falsche Behauptung, für die nicht nur ein Nachweis fehlt, sondern für deren Gegenteil es Belege gibt. So konnte die schwedische Polizei Telefonate von Menschenhändlern abhören, die Schweden als Markt abhakten. Diesen Weg muß ganz Europa gehen, um der Verlagerung der Menschenhandels-Märkte entgegenzuwirken.

     

    6) Die Evaluation in Norwegen, wie das Sexkaufverbot wirkt, hat positive Resultate gebracht: http://abolition2014.blogspot.de/2014/08/evaluation-des-norwegischen.html

     

    7) Viele Überlebende des Systems Prostitution setzen sich für ein Sexkaufverbot ein, in Kombination mit guten Ausstiegsprogrammen und beruflicher Förderung. ZB SPACE (Survivors of Prostitution Abuse Calling for Enlightenment): http://spaceinternational.ie/ . In Schweden verteidigen aktive und ausgestiegene prostituierte Frauen das Sexkaufmodell: http://www.nätverketpris.se/start-english.html

     

    8) Gewalt wird in der Prostitution überdurchschnittlich ausgeübt, weil frauenfeindliche Männer dort besonders intimen Zugriff auf Frauen erlangen. Der Gedanke, qua Bezahlung über eine Frau verfügen zu dürfen, wird vor allem von solchen Männern in Anspruch genommen, die dieses Machtgefühl genießen und ausnutzen. Ein Blick in Freierforen, in denen Freier von ihren Erfahrungen berichten und prostituierte Frauen bewerten, ist da sehr aufschlußreich. Gesammelt werden solche Aussagen z.B. hier: http://freiersblick.wordpress.com/. Das englische Projekt: http://the-invisible-men.tumblr.com/

    Erwiesenermaßen interessiert es die Mehrzahl der Freier *nicht*, wenn die Frau ihnen sagt, dass sie dazu gezwungen wird.

    • @IfGbsG - Gunhild:

      Erklären Sie mal, warum Europa ausgerechnet diesen Weg gehen muss. Weil es für Sie nachrangig ist, ob sich die Situation der Frauen verbessert, Hauptsache, Sie können einen darauf abfeiern, es den Männern mal so richtig gezeigt zu haben?

       

      "Überlebende des Systems Prostitution" Das ist ähnlich lächerlich wie von "den Überlebenden einer Autobahnfahrt" zu sprechen. Vor allem, weil Zwang kein Bestandteil "des Systems Prostitution" ist, das braucht den nämlich nicht, sondern Bestandteil des Systems organisiertes Verbrechen.

       

      "Gewalt wird in der Prostitution überdurchschnittlich ausgeübt"

       

      Verglichen womit? Türstehern? Schaffen Sie alle Jobs ab, in denen das Gewaltrisiko größer ist als in der Prostitution? Warum wollen Sie den risikolosen Teil der Prostitution abschaffen, obwohl Sie für die Abschaffung des riskanten Teils vermutlich sogar die Unterstützung der meisten Prostitutionsbefürworter hätten?

       

      Weil das alles nur vorgeschoben ist.

       

      "Erwiesenermaßen interessiert es die Mehrzahl der Freier *nicht*, wenn die Frau ihnen sagt, dass sie dazu gezwungen wird."

       

      Auch wenn das so ist, betrifft das erst mal nicht die Mehrheit der Kunden, sondern die Mehrheit der Kunden, die sich in einem Teil der Szene herumtreiben, in dem man mit Zwangsprostitution in Berührung kommen kann. Genauso, wie in der "ab 80 Euro"-Abteilung andere Frauen arbeiten als in der "ab 35 Euro"-Abteilung, sind auch die Kunden andere. Es gibt einen völlig unproblematischen Teil der Prostitution, auf dessen Erhalt beide Seiten einen Anspruch haben. Ebenso, wie alle Beteiligten und die Gesellschaft insgesamt einen Anspruch darauf haben, dass in dem problematischen Teil aufgeräumt wird.

       

      Aber lassen Sie mich raten: Eine (aufwendig) von den heutigen Missständen bereinigte Prostitution ist Ihr größter Alptraum, weil sich dagegen dann nicht mehr hetzen lässt.

  • Dolinseks Artikel beruht auf diversen falschen Annahmen:

     

    1) Sexkaufverbot (Nordisches Modell) würde prostituierte Frauen kriminalisieren - das Gegenteil ist der Fall. Die Frauen werden in jedem Fall ENTkriminalisiert und sind gegenüber dem Freier in der besseren, im Vergleich zu vorher ausgeglicheneren Position, weil er ohnehin im Unrecht ist.

     

    2) Menschenhandel sei gesunken behauptet Dolinsek - eine leere Behauptung ohne Nachweis. Sie bezieht sich auf Polizeistatistiken, die von der Polizei selbst als nicht aussagekräftig beurteilt werden. Ein realistisches Bild für die Verhältnisse gibt es hier: http://www.kriminalpolizei.de/themen/kriminalitaet/detailansicht-kriminalitaet/artikel/ausser-kontrolle.html. Warum liberalisierte Prostitutionsgesetze und Menschenhandel zusammenhängen, wird hier erklärt: http://ifgbsg.org/unser-standpunkt-zur-prostitution-pro-nordisches-modell/.

     

    3) Dolinsek empört sich über die hohen Strafen bei Verstoß gegen die Sperrgebietsverordnung - aber die geringen Preise, mit denen die Lage der, wie sie sie bezeichnet, Armutsprostituierten ausgenutzt wird, sind ihr kein Ton der Kritik wert.

     

    4) Fatal und das Schlimmste ist die Blindheit von Dolinsek demgegenüber, dass Frauen bei dieser Armutsprostitution zu Sex gezwungen werden, den sie nicht wollen. Das ist Vergewaltigung. Diese stattdessen als Arbeit zu beschönigen ist ein Hohn gegenüber der Tortur, die serielle Vergewaltigung für die Betroffenen bedeutet. Für die meisten nur mithilfe von Dissoziation - Abspalten vom eigenen Körperempfinden - auszuhalten, Langzeitfolge ist Traumatisierung.

    • @IfGbsG - Gunhild:

      1.) Erfolg des "schwedischen Modells"? Bei Einführung im Jahre 1999 waren ca. 3.500 Prostituierte in Schweden tätig, 2010 waren es immerhin noch 2.000 bis 2.500. Was verschwunden ist: sichtbare Prostitution. Entkriminalisierung der Frauen ist ein Witz wenn gleichzeitig den Vermietern, Kondomverkäufern etc. nicht erlaubt ist, Geschäftsbeziehungen zu ihnen zu unterhalten.

       

      2.) Sie leugnen die Aussage der polizeilichen Kriminalstatistik des BKA an? Es sind dies die Ergtebnisse abgeschlossener Ermittlungsverfahren. Und die sind seit Jahren rückläufig, Nicht erst seit 2002. Ihr link zur GdP führt übrigens ins Leere - und Aussagen/Forderungen seitens Polizeigewerkschafter sind mit Vorsicht zu geniessen da polizeiliche Interessen nicht unbedingt Interessen der Allgemeinheit sind.

       

      3. Verbot der Prostitution in Baden-Württemberg und Bayern ist auf über 90 % der Fläche Prostitution untersagt. Bei Zuwiderhandlungen werden Prostituierte kriminalisiert (bis 6 Monate Haft). Die Überwachung bindet Polizeikräfte, die für wichtigere Aufgaben dringend benötigt würden. Und Ausnutzung von Menschen mit prekären Lebensumständen sind leider an der Tagesordnung - nicht nur in der Prostitution.

       

      4.) Sie werfen Armutsprostitution und Zwang in einen Topf - es geht bei der Diskussion aber nicht um die strafbare Zuhälterei.

       

      8.) Sie nehmen Freierforen ernst? Die meisten Berichte entspringen der Phantasie und dem Wunschdenken dieser Männer. Die meisten Freier gehen sehr respektvoll mit "ihren" Sexarbeiterinnen um. Und es ist ihnen nicht egal, ob sie von Zuhältern gezwungen werden. Im Gegenteil, sie helfen den Frauen, ihre Peiniger hinter Schloss und Riegel zu bekommen. Bei Einführung der Freier-Bestrafung wird wohl kein Freier mehr dazu bereit sein.

    • @IfGbsG - Gunhild:

      Die SexworkerInnen wären vielleicht theoretisch/juristisch besseren Positionen. Aber faktisch tritt natürlich das Gegenteil ein, unsichtbare Prostitution wird für die SexworkerInnen zur viel unsichereren Prostitution.

       

      Oder anders gefragt: Möchten die SexworkerInnen in Schweden wirklich diese "Besserstellung"? War es deren Wunsch?

      • @arunto:

        Nein, die schwedischen Sexarbeiter_innen wollen dieses Gesetz ganz sicher nicht. Das "Sexkaufverbot" ist nur ein Teil dieses Irrsinns - ebenso verboten ist das Vermieten von Räumlichkeiten an Sexworker und jede Art von Zusammenschluss - wenn zwei Frauen einander covern (also z.B. gegeseitig Sicherheitsanrufe tätigen), sind beide wegen Zuhälterei dran. Volljährige Kinder und pflegebedürftige Eltern von Sexworkern werden der Zuhälterei angeklagt, wenn sie mit versorgt werden. Nachweislich guten Müttern werden die Kinder weggenommen.

         

        Es gibt keine "Ächtung des Systems Prostitution", wie es von radikalfeministischer Seite gefordert wird, ohner die Ächtung der in diesem System befindlichen menschen. Ächtung, das ist ein Ausstoß aus der Gesellschaft. Es *soll* diesen Frauen möglichst schlecht gehen, um sie zurück auf den rechten Pfad zu zwingen.

         

        Hier ein Interview mit einer Sexarbeiterin, die das Schwedische Modell ein Jahr später das Leben gekostet hat:

         

        http://voice4sexworkers.com/2014/03/16/das-schwedische-modell-eine-sexarbeiterin-erzahlt/

        • @Undine de Rivière:

          Was sagen sie dann zu Organisationen wie PRIS - Prostitutes revenge in society, die ganz vehement für das Sexkaufverbot eintreten? Oder der Feststellung aus der norwegischen Evaluation: ""Zahlreiche Interviewpartnerinnen bewerten das Gesetz positiv. Sie finden es erstrebenswert, dass ihre Kinder aufwachsen mit dem Glauben, dass es "nicht okay ist eine Frau zu kaufen" Wir haben sowohl norwegische als auch ausländische prostituierte Personen gefunden, die das Sexkaufverbot unterstützen und den einstellungsverändernden Effekt,den das Gesetz über einen langen Zeitraum haben könnte, betonen. Gleichzeitig betonen sie aber auch, dass Alternativen angeboten werden müssen, wenn man möchte, dass weniger Personen in der Prostitution landen""

      • @arunto:

        Aus dem norwegischen Bericht:

        "Zahlreiche Interviewpartnerinnen bewerten das Gesetz positiv. Sie finden es erstrebenswert, dass ihre Kinder aufwachsen mit dem Glauben, dass es "nicht okay ist eine Frau zu kaufen" Wir haben sowohl norwegische als auch ausländische prostituierte Personen gefunden, die das Sexkaufverbot unterstützen und den einstellungsverändernden Effekt,den das Gesetz über einen langen Zeitraum haben könnte, betonen. Gleichzeitig betonen sie aber auch, dass Alternativen angeboten werden müssen, wenn man möchte, dass weniger Personen in der Prostitution landen"

      • @arunto:

        Das Nordische Modell beruht auf der ausführlichen Befragung von Frauen in der Prostitution: http://frauensindkeineware.blogspot.de/2014/02/ihr-hort-betroffene-gar-nicht-an.html. Und wie gesagt, wird es weiterhin von aktiven und ausgestiegenen verteidigt: http://www.nätverketpris.se/start-english.html.

         

        Die Prostitution kann nicht "unsichtbar" sein, weil die Frauen von den Freiern gefunden werden müssen. Und so schlau wie Freier ist die Polizei wahrscheinlich auch.

        • @IfGbsG - Gunhild:

          "Das Nordische Modell beruht auf der ausführlichen Befragung von Frauen in der Prostitution"

           

          Aber nicht in dem Sinn, dass die Befragten das gefordert hätten.

           

          "Und wie gesagt, wird es weiterhin von aktiven und ausgestiegenen verteidigt"

           

          Und von wie vielen? Und wie gestört muss man eigentlich sein, um gleichzeitig freiwillig als Prostituierte zu arbeiten und die Abschaffung der Prostitution zu fordern?

  • Schade, dass sich Frau Dolinsek nicht die Mühe gemacht hat auf die guten Argumente von Mira Sigel auch nur im Ansatz einzugehen. Stattdessen die üblichen Platitüden, der Vorwurf des Hurenhasses und durch nichts belegte Behauptungen.

     

    Wie der gestern vorgestellte Evaluationsbericht des norwegischen Sexkaufverbots eindeutig belegt ist durch das dortige Gesetz der Menschenhandel/die Zwangsprostitution eindeutig zurückgegangen. Gleiches wissen wir bereits aus Schweden. In Deutschland und den Niederlanden jedoch floriert der Handel mit Frauen. Wer legale Prostitution will wird Menschenhandel/Zwangsprostitution bekommen. Das will Frau Dolinsek nicht sehen.

     

    Der Begriff "Sexarbeit" ist ein neoliberaler Kampfbegriff, der von den allermeistern Prostituierten vehement als Zuhältersprache abgelehnt wird. Er verdeckt ihre sexuelle Ausbeutung, die Gewalt die ihnen angetan wird und bagatellisiert sie, ja er legitimiert sie sogar. Denn wir alle machen schließlich nicht unseren Traumjob und da muss man eben mal die Zähne zusammen beißen, nicht wahr?

     

    Was Frau Dolinsek leider auch nicht sagt ist, dass selbst die Sexarbeiterinnen, für die sie so viel Lobbyarbeit betreibt (unentgeltlich wie sie sagt) sie der Selbstprofilierung bezichtigen und sich verbitten für sie zu sprechen.

     

    Leider hält sie sich nur nicht dran und erzählt überall weiter ihr Märchen von der tollen Prostitution, die nur von ihrem Stigma befreit werden muss und dann wird alles gut. Die Mädchen und Frauen die da draußen tagtäglich den Orgasmen egoistischer und selbstgerechter Männer zum Opfer fallen interessieren sie hingegen nicht. Schöne neoliberale Sexarbeitswelt.

    • @Susanne Meyer:

      "ist durch das dortige Gesetz der Menschenhandel/die Zwangsprostitution eindeutig zurückgegangen"

       

      Das mag ja sein, aber einerseits ist das eben nicht der einzige Weg, dies zu erreichen (insbesondere nicht der, der am wenigsten in die Rechte anderer eingreift), andererseits reicht das schlicht nicht aus. Es ist in keiner Weise verhältnismäßig, der Masse der Kunden in Deutschland den Kommerzsex zu vermiesen, nur weil es in geringem Umfang (aber mutmaßlich höherem als bei einem Verbot) Zwangsprostitution gibt. Wegen unseres Handelns leiden überall auf der Welt Menschen: wegen der billigen Klamotten, der billigen Handys, wegen unseres CO₂-Ausstoßes, wegen unserer Essgewohnheiten usw. Das ist lustigerweise alles egal, aber sobald mal hier was passiert und man sich nicht selber einschränken muss, sondern die Männer drangsalieren kann, sind überhaupt keine Abwägungen oder differenzierende Maßnahmen mehr nötig, nein, dann wird nur noch über die eine Wunschlösung der Hobby-Umerzieher geredet. Wer soll das ernst nehmen?

    • @Susanne Meyer:

      Der Begriff "Sexwork" wurde von Carol Leigh, einer US-amerikanischen Filmemacherin und Aktivistin für die Rechte von Prostituierten 1978 eingeführt. Sie veröffentlichte auch unter ihrem Pseudonym Scarlot Harlot.

    • @Susanne Meyer:

      Ich bin auch Sexarbeiterin und begrüße es sehr das Sonja Dolinsek sich mit uns solidarisiert und von der wissenschaftliche Sicht Lobbyarbeit macht. Es ist ein positiver und konstruktiver Austausch mit Sonja un statt. Prostituiertenrechte sind Frauenrechte.

    • @Susanne Meyer:

      Der Begriff "Sexwork" (Sexarbeit) wurde in den 70ern von einer US-amerikanischen Sexarbeiterin und Aktivistin eingeführt. Das als "Zuhältersprache" zu verdrehen, ist schon abenteuerlich.

       

      Schöne Grüße,

      eine Sexarbeiterin (die sich von Frau Dolinsek übrigens ganz hervorragend vertreten fühlt).

      • @Undine de Rivière:

        Ein bisschen Geschichtsunterricht:

        "1973 wurde eine amerikanische Initiative namens COYOTE (Call Off Your Old Tired Ethics) gegründet. Sie bestand aus Liberalen, Beatniks und prostituierten Frauen. Geleitet wurde die Gruppe jedoch von bekannten Zuhältern. Sie vertraten Prostitution als Ausdruck sexueller Freiheit.

        COYOTE organisiere "Hookers`Balls" (Hurenbälle), wo Prostituierte medienöffentlich versteigert wurden.

        Gesponsert wurde COYOTE u.a. von der kalifornischen Methodistenkirche und dem Playboy. Nach acht Jahren zählte sie 30.000 Mitglieder, davon ca. 3% prostituierte Frauen. Trotz dieses geringen Anteils bezeichnete man die Initiative zunächst als "nationale Organisation für Prostituierte", dann als "Gewerkschaft für Huren" und schließlich einfach als "Hurengewerkschaft".

        Auf die Aktivitäten dieser Organisation ist zurückzuführen, dass Prostitution als befreiend für Frauen angesehen wird. Auch der Begriff "Sexarbeiter_in" wurde von dieser Organisation geprägt.

         

        Eine Sprecherin, Priscilla Alexander, war der Meinung, ihre vier Jahre am Bennington College qualifizierten sie für die Benutzung dieser Bezeichnung. Sie und Margo St. James reisten um die Welt und vermarkteten ihr Konzept. Alexander wurde schließlich von der WHO (Weltgesundheitsorganisation) als Beraterin für deren HIV/AIDS-Programm engagiert und hatte Einfluss auf deren Position zu Prostitution.

         

        COYOTE war maßgeblich dafür verantwortlich, Prostitution durch "feministische" Argumente zu promoten. Obwohl sie auch durchaus Verbesserungen für prostituierte Personen erreichten, lag der Schwerpunkt der Aktivität auf der Legitimierung der Prostitution als reguläre Arbeit."

    • @Susanne Meyer:

      Auszug aus dem norwegischen Report:

      "Still, women in the street market report to have a weaker bargaining position and more safety concerns now than before the law was int

      roduced. At the indoors market,

      prostitutes express concerns for “outdoor calls”. They prefer to have customers visiting them at their own apartment or own hotel room. The threshold for reporting a violent customer to the police also seems to be higher after the law. People in prostitution are afraid that such actions will come back to halt them at later stages."

      • @arunto:

        Bitte auch weiterlesen: Diejenigen die das sagen waren vor der Einführung des Gesetzes noch gar nicht als Prostituierte in Norwegen tätig...

  • Lasst doch einfach die Finger vom Milieu, das ist eine politisch sehr schwer zu motivierende Gruppe.

    Will sagen: diese Fürsprache, dieser "Einsatz gegen Unterdrückung" ist für die Katz. Die machen eh', was sie wollen.

    Politisch erwachsen werden...

  • Hey hey, es gibt doch jetzt im supi-fortschrittlichen Schweden überhaupt keinen Menschenhandel mehr, auch keine wie immer gearteten 'Abhängigkeitsverhältnisse' in der Prostitution... zumindest im Halbhirn der Politbande dort...

  • 9G
    90191 (Profil gelöscht)

    3 Punkte dazu:

     

    Sexkaufverbot ist der größte Blödsinn. Dbei kann der Menschenhändler weitermachen wie bisher - er muß sogar noch weniger befürchten, denn bstraft werden ja dann die Freier und Papi Staat wird sich nicht die Arbeit machen, Freier UND Händler zu verfolgen, zumal Papi Staat ja sowieso schon völlig überfordert ist.

     

    Realistischer ist diese Lösung: Eine staatliche Preiskontrolle für Sex-Dienstleistungen. Wird der Preis solcher Dienstleistungen auf ein übliches Niveau etwa von Handwerker-Stundensätzen geregelt, wird das Geschäft weniger lukrativ und sich dadurch automatisch gesundschrumpfen.

     

    Die - gottlob wenigen - Zwangsprostituierten werden zum großen Teil über dieselben Menschenhändlerringe eingeschleust wie die illegalen Billigstarbeiter in der Fleischindustrie. Es sollten sich daher alle, die mit einem Sexkaufverbot liebäugeln, vor Augen halten, daß analog ein Fleischwarenkaufverbot zu erlassen wäre.

  • Eine zum Haare raufen groteske Argumentation. Mit der Einordnung der Prostitution als gewöhnliche Arbeit verabschiedet sich die Linke endgültig von einem qualitativen Arbeitsbegriff. Der "Third-Wave"-Feminismus geht an dieser Stelle auf ganzer Linie dem neoliberalen Mainstream auf den Leim: eine gesellschaftliche Verständigung über "gute Arbeit" rückt in unendliche Ferne, wenn Prostitution zum staatlich geduldeten oder gar geförderten Normalfall wird.

    Wenn sich Menschen für ihren Lebensunterhalt sexuell preisgeben und der Staat sieht dabei untätig zu, schwächt das die Position all derer, die ohnehin bereits außerhalb der Prostitution prekär beschäftigt sind.

    Wer Prostitution als normale Arbeit verstanden wissen will, müsste die "Jobcenter" dazu anhalten, ganz regulär in die Prostitution zu vermitteln - eine gruselige Vorstellung.

    Progressiv denkende Menschen sollten es beim Thema Prostitution lieber mit dem Philosophen Michael Sandel halten, der das Thema unter dem Blickwinkel der notwendigen Grenzen von Märkten untersucht. Wenig überraschend sieht Sandel Prostitution sehr kritisch und geradezu als ein Musterbeispiel für eine Zeit, die alles und jeden zur Ware degradiert.

    Der von Frau Dolinsek angebrachte Ansatz trägt nicht. Jedenfalls, solange man sich in der Tradition linker oder progressiver Denker bewegt. Das bei ihr durchscheinende Freiheitsverständnis klingt so zynisch und leer - man könnte fast auf die Idee kommen, Teile des modernen Feminismus hätten sich bei den Libertären verirrt:

    "Anstatt selbstbestimmte Sexarbeit abzulehnen, sollte man sie für alle, auch für Migrant*innen, einfordern. Es geht darum, Freiheiten für alle zu schaffen."

    Nein, es muss darum gehen, Menschen vor Ausbeutung zu schützen. DAS war das ursprüngliche Anliegen linker Bewegungen. Nicht, sich durch kaum nachvollziehbare ideologische Verrenkungen im Elend einzurichten und der Marktgesellschaft den Weg zu bereiten.

    • @Peter Becker:

      "Mit der Einordnung der Prostitution als gewöhnliche Arbeit"

       

      In welcher Liga Ihr Kommentar spielt, macht praktischerweise schon der erste Satz klar: Was Sie da ansprechen, taucht im ganzen Artikel nicht auf. Auch sonst wäre mir neu, dass das die Haltung von Prostitutionsbefürwortern sei.

       

      Sie werden auch wenig Widerspruch bekommen, wenn Sie Menschen vor Ausbeutung schützen wollen. Aber daraus nahtlos zu folgern, Prostitution müsse (indirekt) verboten werden – was Sie nicht explizit tun; es klingt nur so durch – wäre lächerlich.

    • @Peter Becker:

      > Wer Prostitution als normale Arbeit verstanden wissen will, müsste die "Jobcenter" dazu anhalten, ganz regulär in die Prostitution zu vermitteln - eine gruselige Vorstellung.

       

      Das ist Unsinn. Das Jobcenter vermittelt auch keine Leute zwangsweise ins Berufssoldatentum. Es gibt Berufe, die nicht für jede_n geeignet sind. Das sagt nichts darüber aus, ob eine Gesellschaft diese Berufe anerkennen kann oder sollte.

      • @Undine de Rivière:

        @"Undine"

        Selber Unsinn.

        Jurisitisch gesehen steht einer Vermittlung in die Prostitution bereits jetzt wenig im Weg, nur hat sich der Chef der BfA zur allgemeinen Volksberuhigung dagegen ausgesprochen. Nichtsdestoweniger kamen Fälle vor, in denen "Jobcenter" versuchten, junge Frauen als Bardamen in Sexclubs zu vermitteln und einige Bordell- und Nachtclubbetreiber haben vor Gericht geklagt, um neues Material aus den Jobcentern zugewiesen zu bekommen. Die Normalisierung der Prostitution schwebt wie ein Damoklesschwert über den Schwächsten am Arbeitsmarkt.

  • In Bordellen sind die Prostituierten in jedem Fall sicherer als im Auto oder der Wohnung des Freiers. Die Idee genossenschaftlicher Bordelle ist ganz gut. In jedem Fall sollte man für alle Bordelle einen von den Prostituierten gewählten Beirat vorschreiben, der über Arbeitsbedingungen und auch über die Zimmermieten weitreichende Mitbestimmungsrechte haben sollte.

    • @vulkansturm:

      Ja, solche sozialistischen Bordelle sind bestimmt super. Die Preise sollten nach Einkommen gestaffelt werden (Millionäre zahlen mehr) und für Hartz4-Kunden gibt es Nulltarife.

      • @Plumpe Emil:

        Ihr Sarkasmus imponiert mir. Er ist auch angemessen angesichts der geistigen Bankrotterklärung "genossenschaftlicher Bordelle".

  • "dass so manche Frau die Sexarbeit lieber macht als Pflege,

    einen Putzjob oder gar einen Bürojob."

     

    Das müssen nicht unbedingt alles Frauenjobs sein.