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Debatte Geschlechterverhältnis im IslamDie Ehre der Frauen

Kommentar von Charlotte Wiedemann

Wie wichtig ist ein verweigerter Handschlag? Im Islam gibt es keine einheitliche Konvention. Die Debatte schürt islamfeindliche Ressentiments.

Ob Handschlag, Verbeugung oder Nicken – Hauptsache, die Begrüßung ist respektvoll Foto: dpa

K leine Konflikte ziehen in diesen Tagen große Kreise. Zwei syrische Schüler verweigern ihrer Schweizer Lehrerin den Handschlag, und Europa echauffiert sich. Alles, was mit der Stellung der Frau und dem Islam zu tun hat (oder zu haben scheint), wird im gegenwärtigen Kulturkampf zur Munition. Und immer häufiger zieht es Frauen aus Sorge um ihre Selbstachtung auf eine Seite, die ich als die falsche betrachte.

Dabei ließe sich in solch symbolträchtigen Konflikten ein Feminismus entwickeln, der sich von islamfeindlichen Denkmustern befreit. Das Beispiel des verweigerten Handschlags ist dafür besonders interessant. Weil hier nur das Verhalten muslimischer Männer wahrgenommen wird, obwohl auch ein Teil der muslimischen Frauen den Handschlag ablehnt. Und weil es ausschließlich um ein Problem des Islam zu gehen scheint, obwohl sich Islam und Judentum in dieser Hinsicht sehr ähnlich sind.

Der Vollständigkeit halber also ein Hinweis, der gerade in der Jüdischen Allgemeinen erschien: „Viele religiöse Jüdinnen und Juden befolgen das Konzept ,Schomer Negia’ (wortwörtlich ,Achtsamkeit bezüglich Berührung oder Kontakt’) und vermeiden grundsätzlich möglichst jegliche Berührung des anderen Geschlechts.“ Ob dies auch für den Handschlag gelten solle, sei unter Gelehrten umstritten.

So viel anders ist es im Islam nicht. Zwar lässt sich ein generelles Berührungsverbot zwischen Unverheirateten durch einige Prophetenworte normativ herleiten, aber Millionen muslimische Männer und Frauen auf der Welt geben dem anderen Geschlecht trotzdem die Hand. Die Bandbreite des Verhaltens ist dabei enorm, wie so oft im Islam.

Prüderie oder Rücksichtnahme?

Manche Geistliche strecken mir die Hand entgegen; das würde ein frommer Bauer eher nicht tun. Ein religiöser Unternehmer, der mir seine Firma zeigte, gab mir draußen die Hand und sagte dabei: Gib drinnen niemandem die Hand. Er wusste, dass seine Angestellten weniger flexibel waren als er. In einem iranischen Regierungsbüro machte man sich hingegen kollektiv lustig über den einzigen Beamten, der mir nicht die Hand reichen mochte.

Nicht die Art des Grüßens, sondern eine dahinterstehende Idee mag man als typisch islamisch ansehen: Alles zu unterlassen, was den Eindruck einer Anzüglichkeit erwecken könnte. In muslimischen Ländern bleibt die Tür meines Hotelzimmers stets offen, wenn ein Mann dort etwas repariert, während ich im Raum bin. Und wenn ein Aufzug sehr eng ist, dann warten ein Mann oder eine Frau lieber etwas länger im Flur, als sich neben eine Person des anderen Geschlechts zu drängen. Westler empfinden das leicht als übertriebene Prüderie. Man kann es auch Rücksichtnahme nennen.

Der Orient grüßt mit der rechten Hand auf dem Herzen. Das bedeutet nicht weniger Respekt

Konflikte lauern überall dort, wo sich zwei Seiten gegenüberstehen, deren kulturelle Bildung sich auf das je eigene Milieu beschränkt. Also etwa ein syrischer Junge, der nur die Sitten seiner konservativen Familie kennt, und eine europäische Lehrerin, die nicht weiß, dass sich der orientalische Teil der Welt mit der rechten Hand auf dem Herzen grüßt – und dies nicht weniger Respekt bedeutet.

Fremdkulturelle Bildung ist ja in anders gelagerten Fällen durchaus vorhanden; wie akzeptiert, sogar schick sind buddhistische Gesten des Grüßens geworden. Durch männliche Muslime fühlen sich hiesige nichtmuslimische Frauen hingegen fast reflexartig angegriffen, weil es für deren Verhalten nur ein einziges Interpretationsschema gibt: Der Islam ist frauenfeindlich. Dieses Image ist mittlerweile so manifest, dass es andauernd zur Selffulfilling Prophecy kommt.

Islam- und Frauenfeindlichkeit

Deshalb kann die Verweigerung des Händedrucks auch als typisch männlich gelten, obwohl ein Teil der Musliminnen gleichfalls nicht die Hand reicht. Denn die Muslima zählt nicht. Sie wird als ein zurückhaltendes, nichtaktives Wesen gesehen, ein Geschöpf, das hinnimmt und vermutlich leidet – jedenfalls setzt sie keine Regeln. Verweigert sie einem nichtmuslimischen Mann den Händedruck, wird er das mit ihrer Schüchternheit und ihrer Unterdrückung erklären. Das arme Ding! Wahrscheinlich schlägt ihr Mann/Bruder/Vater sie sonst! Der Muslima wird also ihr Verhalten verziehen, weil sie am Kreuzungspunkt von Islam- und Frauenfeindlichkeit lebt: Sie ist nur Objekt. Sie entscheidet nicht. Kein Mann wird durch sie um seine Ehre gebracht.

Die Verachtung der muslimischen Frau erweist sich einmal mehr als Grundproblem unseres Umgangs mit dem Islam. Würden wir die Handlungsweisen von Musliminnen mehr achten, dann wäre allen gedient – und manche nichtmuslimische Frau könnte mit größerer Gelassenheit auf ihr fremde Phänomene reagieren.

Charlotte Wiedemann

ist freie Autorin und wurde mit ihren Reisereportagen aus muslimischen Ländern bekannt. Ende 2014 erschien ihr neuestes Buch bei Pantheon: „Mali oder das Ringen um Würde. Meine Reisen in einem verwundeten Land“.

Ich plädiere dafür, den Händedruck nicht ideologisch zu überfrachten. Seine Verweigerung in die Nähe von Verfassungsfeindlichkeit zu rücken, ist blanker Unsinn. Aber ich möchte ihn auch nicht zum „beliebigen und verzichtbaren Brauch“ herabgewürdigt sehen, wie es ein selbsternannter „Zentralrat“ Schweizer Muslime tut. Allein ein Blick auf die Metaphern unserer Sprache zeigt: Der Handschlag ist eine schöne und zu bewahrende Geste, eher rar als Ausdruck von Frieden und Versöhnung. Diese Geste praktizieren zu können, hat nichts mit Wohlverhalten, mit „Integration“ in staatlichem Sinne zu tun, sondern mit Zwischenmenschlichkeit.

Eine ausgestreckte Hand abzulehnen, ist ein Affront, und es gibt im Islam keine theologische Begründung für Beleidigung. Gewiss, eine Frau könnte diese Situation vermeiden, indem sie von sich aus keine Hand ausstreckt; das halte ich jedoch nur in muslimischen Gesellschaften für empfehlenswert. Verweigert ein Schüler seiner Lehrerin den Händedruck, dann reduziert er damit eine Autoritätsperson auf ihr Geschlecht. Das ist inakzeptabel.

Es scheint mir entscheidend, den sexualisierten Blick auf die arbeitende Frau nicht zu dulden. Dafür gibt es genug Anknüpfungspunkte auch im Islam. Der Schüler mit der Lehrerin, das ist übrigens ein klassisches Sujet der Pornografie. Die wurde nicht von muslimischen Einwanderern erfunden.

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29 Kommentare

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  • Ich wollte meinen Schülern gar nicht die Hand geben, selbst wenn ich müsste. Einige von denen haben mir sogar ganz stolz erzählt, dass sie sich nach dem Klogang die Hände nicht waschen.

     

    Ich will mir doch nichts einfangen. Dann lieber Hand aufs Herz. Ist auch eine nette Geste.

  • 3G
    3784 (Profil gelöscht)

    Sehr geehrte Frau Autorin, ich bestätige aus eigener Erfahrung Ihre Feststellung, dass es in arabischen Ländern keine einheitliche Konvention gibt, welche nun speziell die Sekte der Wahhabiten und deren Sympathisanten mit Hilfe ihrer marodierenden Mörderbanden überall durchzusetzen wünscht. Meine Erfahrung bei meinen Reisen in diesen Ländern war durchgängig, dass die Grenzlinie bzgl. Händedruck zu keiner Zeit “Frau – Mann“ und „Moslem – Nichtmoslem“ war, sondern „Fremder – Nichtfremder“.

    Die Form der Begrüßung durch Frauen orientierte sich dabei nach dem Grad der Vertrauenswürdigkeit, der erreicht wurde, und so war es durchaus üblich, sogar einen symbolischen Wangenkuss auszutauschen, wobei das Ausmaß der Wertschätzung an der Anzahl der Links-Rechts-Abfolgen abzulesen war.

    Richtig ist, dass diese Formen der Öffentlichkeit entzogen und nur im Privaten üblich. Was eine kluge Entscheidung ist, da die Mehrzahl der Menschen bekanntlich nichts lieber tut, als Unwissen sehr erfolgreich als Wissen auszugeben. Ich erinnere mich, dass ich einmal als Student eine Kommilitonin in einer Kleinstadt besuchte, und mit ihr vor einem Laden stehenblieb, da ihr diverses Essgeschirr im Schaufenster gefiel. Sie erzählte mir später, dass daraufhin das Gerücht die Runde machte, sie wolle mich heiraten, und dass sich dieses Gerücht durch nichts mehr richtigstellen ließ. Und das waren Deutsche in Deutschland.

  • Solche Konventionen, hier Begrüßung, regeln das Zusammenleben in einem Land. Ich kenne die Sache mit dem Handschlag so: Bei der Begrüßung von Mann zu Mann strecken beide die rechte Hand, die Waffenhand, aus. Für den Handschlag muss diese natürlich leer sein. Das soll dem Gegenüber sagen dass ich in Frieden komme. Bei der Begrüßung von Mann und Frau entscheidet die Frau ob sie ihre Hand ausstreckt. Tut sie dieses nicht begrüßt sie der Mann mit einer angedeuteten Verbeugung (Kopfnicken).

  • Im Islam dürfen eben grundsätzlich nur verheiratete Männer und Frauen einander berühren.

     

    Deshalb gilt ja auch z.B. das westliche, paarweise Tanzen, Walzer, Foxtrott oder was auch immer, von nicht miteinander verheirateten Männern und Frauen aus islamischer Sicht als "pure Unzucht".

     

    Ich sage nur Sayyid Qutb und "Baby it's cold outside".

     

    Siehe:

    http://www.eurozine.com/articles/article_2007-11-23-lau-de.html

      • @ton.reg:

        und ich sage zu euch zwei beiden:

        lord Cromer läßt grüßen!

      • @ton.reg:

        Noch eine kleine Ergänzung zum Link. Dieser hat nicht direkt etwas mit dem Handshake-Problem zu tun, ergänzt aber unverfänglicher den obigen Link.

         

        Und damit ich es nicht nochmals vergesse :

        Vielen Dank an Frau Wiedemann für den Artikel, der aus praktischer Erfahrung Freiheiten von Verhaltensnormen aber auch deren sinnvolle Wahrung unterstützt, da diese nicht nur leere Floskeln sondern auch kulturell bedingte Botschaften enthalten. Einem Gast / Tourist kann Unwissenheit verziehen oder als "Gastgeschenk" auf dessen Gepflogenheiten eingegangen werden, ein/e Mitbürger/in weis was er/sie tut, klare Ansage.

  • Für was halten sich LehrerInnen eigentlich heute?

    Ich kann mich nicht erinnern, in meiner Schulzeit (60er/70er Jahre) je einem/einer LehrerIn die Hand gegeben zu haben innerhalb der Schule. Das kann man unter Gleichgestellten machen, aber jede/r LehrerIn hat auf die Distanz zu seinen SchülerInnen geachtet.

    Und wir erst recht. Wir wollten doch nicht als Schleimer dastehen. Hätte ich auch verweigert.

    • @Age Krüger:

      Es geht hier um die Sitten und Bräuche der Schweiz. Dort ist es nun mal üblich, dem Lehrer nach dem Unterricht die Hand zu reichen. Ist halt ein kleines Land und deshalb vielleicht alles etwas persönlicher. Was ist schlimm daran?

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Age Krüger:

      So ist es.

      So mancher feuchtwarme H_ndedr_ck blieb uns damit erspart.

       

      (Muss kurz Händewaschen gehen.)

  • wer unbedingt ne hand braucht, kriegt sie: ganz schlaff in die seine gelegt und am typen vorbeigeguckt. das nächste mal ist der mit freundlicher neigung meines hauptes zufrieden.

    • @christine rölke-sommer:

      Das löst das Problem der - empfundenen - verweigerten Respektsbezeugung nicht wirklich. Es ist nur ein Weg, dem Gegenüber dieselbe Verweigerungshaltung, zu kommunizieren, nur halt ohne FORMALE Ablehnung des Brauches. Dabei sollte doch das Ziel eigentlich umgekehrt sein, dem Gegenüber zu vermitteln, dass Respekt auch ohne die Form der körperlichen Berührung ausgedrückt werden kann.

      • @Normalo:

        ich nehme mal an, Sie stören sich an meiner beschreibung eines vorgangs, den ich auch etwas anders hätte beschreiben können.

        nun, die obige beschreibung wendet sich ja auch an+gegen all die, welche meinen, respekt gegenüber frauen of all three+x sexes komme einzig+allein in innigem händedruck und tiefem blick in die glubschaugen zum ausdruck.

         

        nachdem ich zum ersten mal so begrüßt worden war, merkte ich sehr schnell, dass mein gegenüber es im gespräch überhaupt nicht an respekt fehlen ließ. was mich zum nachdenken darüber brachte, welch elegante lösung da für den gegensatz von form+respekt gefunden worden war - denn: an respekt ließen es meine mandant*innen aus dem nahen+mittleren osten wahrhaftig nicht fehlen. weshalb in der folge die weisen der begrüßung/verabschiedung sich munter mischten.

        klappt natürlich nur, wenn *ich* mit-denke.

    • @christine rölke-sommer:

      Da haben Sie vollkommen recht. So einfach ist dieses aufgebauschte Problem lösbar.

  • 3G
    33523 (Profil gelöscht)

    Wenn ich nach Saudi Arabien reise dann werde ich mich auch an die dortigen Geflogenheiten anpassen und meine Freundin nicht motivieren oben ohne am Stand herumzuliegen, nur weil das halt in unserer Kultur halt akzeptabel ist.

    Anders herum kann und sollte man eine Anpassung der Verhaltensweisen ebenfalls erwarten.

     

    Das Hauptptroblem das ich sehe ist die Verweigerung einer echten Diskussion. Viele Linke jubeln jedes mal wenn man einer der Kirchen einen reinwürgt, oft vollkommen zu recht. Wenn man die exakt gleiche Kritik aber gegen den Islam richtet kann man sich vor den "Islamophobie" schreien kaum retten.

     

    Sein wir mal ehrlich: Sowohl die Bibel als auch der Koran beschreiben barbarischste Verhaltensweisen als akzeptabel und spiegeln die Moral von Gesellschaften wider die ~2000, bzw. ~1400 Jahre alt sind. Wer sich wortwörtlich an eines der beiden Bücher hält wird eher heute als morgen eine brutale Straftat begehen.

    Beide Religionen können also in unserer Gesellschaft nur existieren weil die Gläubigen entweder keine Ahnung von dem haben was in ihren heiligen Büchern steht oder in massivem Umfang Cherry Picking betreiben.

     

    Die Frage ist also garnicht welche Religion es ist sondern wie strikt sie ausgelegt wird und da ist die Islamische Welt eben noch viel restriktiver als die westliche. Ein anschauliches Beispiel: Die Rechte Homosexueller (https://goo.gl/6nP8Se) sind in der Islamischen Welt quasi nicht gegeben. Von mehreren Jahren Haft über lebenslange haft bis zur Todesstrafe ist dort alles zu finden.

    • @33523 (Profil gelöscht):

      darunter im osmanischen reich seit 1852 die straffreiheit homo-sexueller beziehungen volljähriger menschen of all three+x sexes. was in der Türkei immer noch gilt und im ehemals britischen mandatsgebiet nach abzug der briten und unabhängigkeit wiedereingeführt wurde, beispielsweise in Jordanien - westbank inklusive - lang vor Israel.

    • @33523 (Profil gelöscht):

      kurz - "Mohammed hatte keinen Kühlschrank - war nach zwei Flaschen Bier besoffen & hatte Schiß vor Weibern - dann haste den ganzen Islam" -

      Hamburger Dönerbudenbesitzer -

      Nach Harry Rowohlt;) - oder

      "Gib mich die Kirsche"

  • Guter Beitrag. & im übrigen -

     

    Bitte nicht so naiv.

    TV zu Iran-Atom-Abkommen -

    Allgemeines geschäftiges Händeschütteln - & (ich dachte na??)

    Genau - der Iran-Vertreter geht auf die EU-Unterhändlerin zu -

    Sie streckt die Hand entgegen - &??

    Er? - Streckt die Rechte aus - ja! -

    Um sie Zentimenter vor ihrer Hand

    In seine Linke zu nehmen!

    Sie - wie ein begossener Pudel!

    So geht!

    (Diese Form der Mißachtung per NichtHandschlag ist -

    Sauber eingeübt - & auf ein Minimum

    Reduziert! Fällt nur Kundigen auf! ~>

    Die Kamera schwenkt ungerührt weiter & No Comment!)

  • 3G
    3784 (Profil gelöscht)

    Ein Händedruck, der mir aus Gründen der Norm erwidert wird, ist ebenso wertlos, wie ein verweigerter Händedruck wertvoll. Denn die eine Aktion verheimlicht die Wahrheit, gaukelt vor, und die andere bleibt ehrlich, kommuniziert.

     

    Es ist das persönliche Recht jedes Einzelnen, das ihm ohne Wenn und Aber auch zuzugestehen ist, einem Gegenüber einen Händedruck anzubieten, oder dies zu unterlassen, so wie es das Recht des anderen ist, einen Händedruck anzubieten oder zu verweigern. Welche Beweggründe zu den damit vier möglichen Alternativen führen, sind deswegen völlig irrelevant, und können daher auch keine Norm konstituieren. Der Beweggrund, eine Norm konstituieren zu sollen, nährt sich aus dem Irrtum, was der letzte Ausweg des Schwatzenden wäre: Er erkennt auf Respektlosigkeit, wo solidarische Unterwerfung verweigert. Er übersieht aus nachvollziehbaren Grund dabei, dass Respekt erworben werden kann, und muss.

    • 3G
      30226 (Profil gelöscht)
      @3784 (Profil gelöscht):

      Konventionen sind die Zugehörigkeitszeichen von Gemeinschaften. Darum erlassen Religionen ja auch so rigide Verhaltens- und Nahrungsvorschriften, damit es für ihre Angehörigen erschwert wird, mit den Außenstehenden einen vertrauten Umgang zu pflegen und so eine eindeutige soziale Grenzziehung entsteht.

       

      Als Jude oder Moslem steht es natürlich jedem frei, die unendliche persönliche Entscheidungsfreiheit des eigenen einzigartigen Paradiesvogel-Selbst zu zelebrieren und sich mit nicht-koscherem Schweinefleisch vollzustopfen. In der Gemeinschaft, die diese Norm erlassen hat, ist man dann allerdings unten durch.

       

      Und das Schweizer Schulsystem hat eben die Norm, dass man sich nach dem Unterricht die Hand gibt. Zwei Handlungsnormen sind kollidiert und der betreffende hat eindeutig entschieden, welche Gruppenzugehörigkeit ihm die wichtigere ist.

      • 3G
        3784 (Profil gelöscht)
        @30226 (Profil gelöscht):

        Eine kleine Ergänzung zum Abschluss: Der Begriff Konvention bezeichnet eine Normung durch traditionell anerkannte gesellschaftliche Verhaltensregeln. Ihre Behauptung in diesem Zusammenhang entbehrt jeglicher Logik, denn demnach muss z. B. Bier aus Litergläsern trinken und Weißwürste aus Tierdärmen zutzeln deswegen entstanden sein, damit Angehörigen erschwert werde, mit den Außenstehenden einen vertrauten Umgang zu pflegen und so eine eindeutige soziale Grenzziehung entstehe. Wie abstrus Ihre Latrinenparole jedoch ist, belegt nicht nur jene Episode, als ein katholischer Geistlicher den Rabbi und den Hodscha des Ortes zu sich zu einem gemeinsamen Essen einlud. Dummerweise bot er nur mit Schweinefleisch belegte Schnitten an, so dass der Hodscha ihn darauf hinwies. Der Geistliche entschuldigte sich, korrigierte rasch den Fehler, und stellte die Frage in den Raum, wann die drei Religionen einmal vom selben Teller essen werden. Darauf der Hodscha: „Auf Ihrer Hochzeit“. Der Ort war Hamburg, der Hodscha wurde später der 5. Staatspräsident des Iran.

         

        Solch “unendliche persönliche Entscheidungsfreiheit des eigenen einzigartigen Paradiesvogel-Selbst“ der drei Religionen belegt, dass wenigstens diese noch wissen, wie mit Außenstehenden ein vertrauter Umgang gepflegt wird.

      • 3G
        3784 (Profil gelöscht)
        @30226 (Profil gelöscht):

        Vielen Dank für die Bestätigung!

    • @3784 (Profil gelöscht):

      Ein Händedruck, der mir aus persönlichen Gründen verweigert oder gegeben wird, erlaubt eine Situationsbewertung. Eine Verweigerung aus religiösen Gründen ist eine normative Ablehnung (Ungläubiger usw = unrein), eine Aus- bzw. Abgrenzung. Eine Herabwürdigung aus niederen Gründen, Rassismus.....

       

      Deutschland ist ein freies Land, jeder hat das Recht zu zeigen, dass er mit dieser Gesellschaft nichts zu tun haben will, bzw. gar verachtet. Und jeder hat das Recht, ein Verhalten auch gespiegelt wiederzugeben.

      • 3G
        3784 (Profil gelöscht)
        @ton.reg:

        Der Aussage, dass die Entscheidung, einem Gegenüber einen Händedruck anzubieten oder dies zu unterlassen, bzw. einen Händedruck zu erwidern oder zu verweigern, dem persönlichen Recht zuzuordnen und daher ohne Wenn und Aber jedem Einzelnen zuzugestehen ist, wurde nicht widersprochen. Da der Aussage nicht widersprochen, wurde sie bestätigt.

         

        Dieses persönliche Recht zuzugestehen und zugleich nicht zuzugestehen, da auch einer Norm zugestimmt wird, welche dieses Recht nicht einräumt, sei dies nun das Verbot durch eifernde Kleriker oder die Forderung einer Schulbehörde, ignoriert den bekannten Satz vom ausgeschlossenen Widerspruch.

        Zudem: Ist eine Verweigerung des Händedrucks als eine Herabwürdigung aus niederen Gründen, Rassismus, ... zu werten, so muss dies auch für die Forderung dessen unterstellt werden.

        • @3784 (Profil gelöscht):

          Hallo BE,

          dank für die schnelle Reaktion. Ich wäre mir aber nicht ganz sicher, ob zwischenmenschliche Interaktionen durch linguistische Mathematik zu lösen sind.

          Ich nehme mal an, dass Sie kein Verfechter der indischen Klassengesellschaft sind und Ihre Argumentation die dortige Selbstbestimmung der Kasten im Umgang mit "untouchables" gut heißen.

           

          Zudem "Zudem : Ist eine Verweigerung usw...". Der Handschlag wird nicht eingefordert, er wird in bestimmten Situationen, wie z.B. persönlichen Vorstellungen, Begrüßungen usw. als - sagen wir es mal gerade in moslemisch Wertvorstellungen - als Respektierung der Person erwartet. Eine Verweigerung aus Glaubensgründen, Geschlechtszugehörigkeit usw. soll einen daher fröhlich und unvoreingenommen stimmen ? Das sollten Sie ev. nochmals mit den progressiven Kräften in der Redaktion diskutieren...

          • 3G
            3784 (Profil gelöscht)
            @ton.reg:

            Es waren solche, die dem Satz vom ausgeschlossenen Widerspruch dessen Sinn abstritten, da sie ihn nur für linguistische Mathematik hielten, daraufhin einst mordend über die fremden Völker der Kontinente herfielen, um den Satz „Du sollst nicht töten“ zu verkünden. Das Beste ist daher, die gehen mit Ihrer Weisheit, und ich mit meiner Dummheit.

  • "Verweigert ein Schüler seiner Lehrerin den Händedruck, dann reduziert er damit eine Autoritätsperson auf ihr Geschlecht. Das ist inakzeptabel.

    Es scheint mir entscheidend, den sexualisierten Blick auf die arbeitende Frau nicht zu dulden."

    Wäre es ebenfalls inakzeptabel, wenn eine muslimische Schülerin einem Lehrer den Händedruck verweigert?