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Dauerprotest in BelarusVeränderungen sind schon bemerkbar

Im Krankenhaus reicht eine Fahne in der Tasche als stummes Bekenntnis zur Opposition. Olga Deksnis erzählt von stürmischen Zeiten in Minsk. Folge 25.

Am Montag gingen die RentnerInnen auf die Straße Foto: Natalia Fedosenko/ITAR-TASS/imago

D ie Machthaber in Belarus erklären uns in den staatlichen Medien: „Die Proteste lassen langsam nach.“ Tatsächlich stimmt das aber gar nicht. Es kursiert mittlerweile sogar ein Witz in den sozialen Netzwerken:

„Die Proteste sind im Abklingen“, sagt der eine.

„Hast du den Sumpf ausgetrocknet?“, fragt der andere.

„Nein.“

„Dann sei still und schau genau hin.“

Записки из Беларуси

Записи из дневника на русском языке можно найти здесь.

Am Montag gingen die RentnerInnen auf die Straße. Sie liefen durch die Stadt und an der Universität vorbei, um die protestierenden Studierenden zu unterstützen. Die Hauptforderung der Demonstration war: Wir möchten den Fehler korrigieren, den wir vor 26 Jahren begangen haben. Die Machthaber kommentierten das mit: „Bekommt ihr zu wenig Rente, oder worum geht es euch?“ Am folgenden Tag gingen die RentnerInnen wieder auf die Straße. Die Siloviki (Einsatzkräfte aus Armee und Geheimdienst, Anmerkung d. Redaktion) hatten da schon schon Spezialausrüstung im Einsatz.

Am Tag der Mutter, der hier am 14. Oktober gefeiert wird, gingen Mütter auf die Straße. Am Donnerstag protestierten Menschen mit Behinderung. Am Samstag waren es Studierende beim Marsch der Jugend. Am Sonntag dann alle, die wollten. Hauptforderung der Proteste: sich gegen die Verfassungsänderung aussprechen, von der Lukaschenko gerade spricht.

Janina Melnikowa, Redakteurin bei Selenny Portal (Grünes Portal) in Belarus, erzählt, wie sie ins Krankenhaus kam und dort auf Gleichgesinnte traf.

Bild: privat
Olga Deksnis

35 Jahre alt, lebt in Minsk und arbeitet bei dem Portal AgroTimes.by. Sie schreibt über besonders verwundbare Gruppen in der Gesellschaft: Menschen mit Behinderung, LGBT, Geflüchtete etc.

„Auf einmal hatte ich so eine entzündete Beule am Kopf“, erzählt Janina. „Ich komme da also hin, ins Krankenhaus Nr. 2, und in der Rezeption sind alle fröhlich und lachen laut. Ein junger Chirurg kommt dazu, besieht sich meinen Kopf und sagt: ‚Sind Sie für die Weißen oder für die Roten?‘ Ich öffne nur stumm meine Tasche und zeige die Flagge. Er so: ‚Ah, so sind Sie also ins Oppositions-Krankenhaus gekommen! Jetzt kümmern wir uns alle darum, dass es Ihnen bald besser geht.‘“ Er führte Janina in den schon geschlossenen OP, rief eine Krankenschwester dazu und erzählte ihr unterwegs Witze, um ihr die Angst zu nehmen.

„Und dann sagt er noch: ‚Seien Sie sonntags vorsichtig. Und wenn etwas ist, geben Sie den OMON-Leuten Schuld an ihrer Kopfverletzung.‘ Mir scheint, unsere Leute sind mittlerweile überall. Ach ja, der Arzt beklagte sich noch, dass er so viele Sonntagsdienste in der Klinik bekomme, obwohl er lieber zu den Demos gehen würde. Ich sagte zu ihm: ‚Eure Arbeit hier ist jetzt wichtiger. Und wir brauchen euch Ärzte in den Operationssälen – für alle Fälle.‘“

Das ist, mal ganz allgemein gesagt, eine Geschichte über den Nutzen einer Flagge in der Handtasche und darüber, dass „unsere Leute“ jetzt überall sind. Und dass Veränderungen bereits stattgefunden haben.

Aus dem Russischen von Gaby Coldewey

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1 Kommentar

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  • Großartig! Bitte mehr berichten ... wichtigste europäische Entwicklung derzeit!