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DatenschutzWeichert will’s wissen

Datenlecks und wenig Gegenwehr: Schleswig-Holsteins Beauftragter kritisiert in seinem Tätigkeitsbericht die Politik und würde gerne weitermachen.

Will weitermachen: Schleswig-Holsteins Datenschutzbeauftragter Thilo Weichert. Bild: dpa

KIEL taz | Schleswig-Holstein sucht den Super-Datenschützer: Bis Ende April können sich BewerberInnen melden, die die Leitung des Unabhängigen Datenschutzzentrums (ULD) übernehmen wollen. Ausgeschrieben haben alle Fraktionen des Kieler Landtags. Der Amtsinhaber Thilo Weichert kritisiert derweil in seinem Tätigkeitsbericht die Politik: Es sei „eher Stillstand zu vermelden“, stellt der oberste Datenschützer des Landes fest.

Weichert, der mit dem juristischen Kampf gegen Datenkraken wie Facebook und Google weit über Schleswig-Holstein hinaus bekannt geworden ist, will sich erneut um den Posten bewerben. Im vergangenen Jahr scheiterte seine Wiederwahl im Parlament: Die Opposition sah in seiner per Gesetzesänderung ermöglichten erneuten Nominierung ein „Lex Weichert“. Sie kritisierte, die Regierung aus SPD, Grünen und SSW vergebe Beauftragten-Positionen nach Parteiproporz. Am Ende fehlte eine Stimme.

In seinem Bericht geht Weichert auf den Streit um „Lex Weichert“ ein und stellt etwas spitz fest, dass die Personalie den Landtag und die Öffentlichkeit offenbar mehr interessiere als die Inhalte. In dem Bericht über die Jahre 2013 bis 14 sind auf 165 Seiten Fälle und Probleme aufgelistet: von Mängeln im Justizwesen wie ungeschwärzten Kontoauszügen über Videoüberwachung an Straßen bis zu allen Fragen rund um Datennutzung und schutz im Internet.

Generell hätten die „Möglichkeiten zur Verletzung der digitalen Grundrechte sowie die tatsächlichen Verstöße massiv zugenommen, die Möglichkeiten zur Abwehr der Angriffe sowie die tatsächlich umgesetzten Gegenmaßnahmen“ dagegen stagnierten, stellt Weichert fest und fordert von der Politik mehr Einsatz, um die Daten der Schleswig-Holsteiner zu schützen.

So viel Selbstbewusstsein schafft nicht nur Freunde. Wenig Fans hat Weichert unter anderem bei der CDU, die meint, der Landes-Datenschützer mische sich zu sehr in überregionale Themen ein und ließe darüber die Landes-Themen ins Hintertreffen geraten. Zu den Aufgaben gehöre „in erster Linie nicht, sich mit einreiserechtlichen Entscheidungen, wie im Fall Edward Snowdens, zu befassen“, sagt der Datenschutzexperte der Landtagsfraktion, Axel Bernstein, der bereits ankündigte, dass die CDU auch bei der nächsten Wahl gegen Weichert stimmen werde.

Auch die Piraten sind skeptisch, wobei sie vor allem den Umgang der Regierungsfraktionen mit Beauftragten-Stellen kritisieren und sich dagegen wenden, dass Personen allzu lange auf einem Posten bleiben. Für das Datenschutzzentrum gibt es dagegen Lob. „Wir freuen uns auf die weitere kongeniale Zusammenarbeit in den nächsten Jahren“, sagt der Pirat Uli König.

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