: Das große Feilschen um jede Werkstatt
Ein Blick in den Innenausschuss: Die Werkstätten der Polizei sind unrentabel, könnten privatisiert werden. Die CDU blockt: Wenn nachts Steine fliegen, hätten die Handwerker Pause. Grüne kontern: Auch private Firmen arbeiten nachts
Alle vierzehn Tage tagt im Abgeordnetenhaus der Ausschuss für Innere Sicherheit und Ordnung. Wie der Name vermuten lässt, werden in dem Gremium über Verbrechensbekämpfung, Polizeieinsätze und ausländerrechtliche Fragen bis hin zum Abschiebestopp Diskussionen geführt und Beschlüsse gefasst. In Zeiten leerer Kassen bedeutet aber auch Innenpolitik zunehmend Sparpolitik, wie ein Ausschnitt aus der gestrigen Ausschussitzung zeigt. Im Kleinen wird Politik erst richtig sinnlich.
Da sind zum Bespiel die 37 Musiker des Polizeiorchesters, die jährlich mit 1,8 Millionen Euro Personalkosten zu Buche schlagen. Im rot-roten Koalitionsvertrag steht, dass die Finanzierung des Orchesters aus Haushaltsmitteln eingestellt werden soll. Grüne und FDP sind gleicher Meinung, schließlich stand der Passus schon in dem geplatzten Koalitionsvertrag der Ampel. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) sagte dazu gestern, eine Alternativfinanzierung für die Musiker werde zurzeit „geprüft“. Andernfalls werde sich das Problem durch eine natürliche Flukutation und Ausscheiden aus Altersgründen mittelfristig von alleine lösen. Nicht mit der CDU. „Das Polizeiorchester soll weiter aufspielen“, forderte gestern deren innenpolitischer Sprecher Roland Gewalt kategorisch, der sich schon zum Fürsprecher des Erhalts der Reiterstaffel gemacht hatte. Die innenpolitische Sprecherin der PDS, Marion Seelig, antwortete Herrn Gewalt kühl: „Die CDU will alles so lassen, wie es ist. Damit ist die Stadt in den Ruin getrieben worden.“ Den Grünen-Innenpolitiker und Exjustizsenator, Wolfgang Wieland, erinnerte die Haltung der CDU an den „fröhlichen Untergang“ wie bei der Titanic: „Das Bordorchester hat auch bis zum Schluss gespielt.“
Anderes Bespiel: der Fuhrpark der Polizei. Seit einer Anhörung von Experten im vergangenen Herbst steht außer Zweifel, dass die sieben Werkstätten unrentabel sind. Der amtierende Polizeipräsident Gerd Neubeck berichtete gestern, dass zum 1. März bereits zwei Werkstätten geschlossen und die 25 Handwerker in die Werkstätte der Direktion 5 überführt worden seien. Ob die übrigen Werkstätten gleichfalls geschlossen werden und die Fahrzeugreparatur privatisiert wird, hängt von dem Ergebnis des Prüfauftrags einer eigens dafür eingesetzten „Projektgruppe Fuhrpark“ ab. Der Bericht der Projektgruppe soll dem Ausschuss Ende Mai vorgelegt werden.
Wieder war es die CDU, die gegen diese Pläne revoltierte: Private Werkstätten stünden nicht 24 Stunden rund um die Uhr zur Verfügung, barmte Roland Gewalt mit Fingerzeig auf den großen Verschleiß der Einsatzwagen durch Steinewerfer. Volker Ratzmann (Grüne) versuchte, Gewalt mit sanften Worten zu belehren: „Auch in der Privatwirtschaft kann nachts gearbeitet werden.“
PLUTONIA PLARRE
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