Dänische Minderheit bei der Europeada: Der Identitäts-Kick
Tore Wächter ist Trainer der Auswahl der dänischen Minderheit in Deutschland. Bei der Europeada trifft das Team auf andere sprachliche Minderheiten.
Am Sonntagnachmittag nahm Tore Wächter seinen Platz auf der Trainerbank am Eckernförder Bystedtredder mit gemischten Gefühlen ein. Im Testspiel der Fußballauswahl der dänischen Minderheit gegen den Oberligisten SV Eckernförde trat er quasi gegen sich selbst an: Bei der einen Mannschaft ist Wächter Trainer, bei der anderen Co-Trainer. So war das 2:2 am Ende wohl ein versöhnlicher Ausgang.
Doch für das Team der dänischen Minderheit war das Spiel der letzte Test vor einem Turnier, auf das es sich seit sechs Jahren vorbereitet. Am kommenden Sonntag um 14.30 Uhr tritt es mit Tore Wächter im österreichischen Klagenfurt gegen das Team der tschechischen und slowakischen Minderheit in Rumänien an. Es ist der Auftakt der Europeada 2022 in Kärnten, bei der Männer- und Frauenteams aus 20 sprachlichen Minderheiten in Europa antreten.
Organisiert werden das Turnier und das umfangreiche Begegnungsprogramm von der Föderalistischen Union Europäischer Nationalitäten, die ihren Hauptsitz in Flensburg hat. Die drei Vorgängerturniere fanden bei den Rätoromanen in der Schweiz (2008), den Sorben in der Lausitz (2012) sowie in Südtirol (2016) statt. In der Lausitz und in Südtirol nahm Tore Wächter noch als Torwart teil. 2012 schafften es die Dänen aus Deutschland immerhin ins Viertelfinale, wo es gegen die Kärtner Slowenen allerdings ein deftiges 0:5 gab.
Wächter, auf der Halbinsel Angeln in der Ostsee geboren, spielte als Torwart bei Angeln 02, Schleswig 06, Flensburg 08 und dem TSV Kropp in der Oberliga. Für ihn hatten diese Turniere neben der sportlichen noch eine ganz andere Bedeutung. „Da ist meine Verbindung zur Minderheit neu entflammt“, sagt Wächter der taz. „Ich bin zwar auf eine dänische Schule gegangen, später hatte ich aber den Anschluss zur Minderheit etwas verloren.“ Wächters Vater stammt aus Süddeutschland, seine Mutter aus Handewitt bei Flensburg. „Wir sind als deutsche Familie da reingewachsen“, sagt er. „Aber bei meinen Kindern war immer klar, dass sie auf eine dänische Schule gehen.“
Eine ganz eigene Mischung
Für Wächter, der mit seiner Familie in Schleswig lebt und im Hauptberuf als Erzieher in einer Schule arbeitet, zeichnet sich die Minderheit vor allem durch ihre Zugehörigkeit zu zwei Kulturen aus. Die eigene Kultur sei dadurch weder dänisch noch deutsch, sondern eine ganz eigene Mischung. Die Teilnahme an der Europeada schaffe bei den jungen Spielern, die aus der Kreisliga bis zur Regionalliga kommen, eine höhere Identifikation mit der Minderheit – so wie er es selbst erlebt hat. „Unser Teammanager hat einmal gesagt: Wenn wir dort die dänische Hymne singen, hat das die gleiche Bedeutung, als wenn wir das im Parken in Kopenhagen tun würden.“ Der Parken ist das größte Stadion Dänemarks.
Bei der Europeada gibt es neben dem sportlichen Wettkampf viele Möglichkeiten zum Austausch. „Dadurch wächst das Bewusstsein für andere Minderheiten“, sagt Wächter. „Vorher habe ich gedacht, dass wir mit unserer Teilhabe an der Politik etwas Besonderes sind. Aber das gibt es auch bei anderen Minderheiten, die teilweise noch größer sind.“
Bei so viel Bindung zur Grenzregion in Schleswig-Holstein überrascht dann doch, für welchen Verein Wächters Fan-Herz am meisten schlägt: für den SV Waldhof Mannheim. „Meine Oma wohnt dort nur ein paar hundert Meter vom Stadion entfernt, mein Vater hat da in der Jugend, und mein Urgroßvater in der Liga gespielt.“
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