DFB-Sieg von RB Leipzig: Red Bull im Pokal
AfD-Chef Chrupalla versucht, den DFB-Sieg Leipzigs politisch zu vereinnahmen. Eines teilen Partei und Verein: die Sehnsucht nach Normalisierung.
War das jetzt sächsische Standhaftigkeit oder österreichischer Unternehmergeist, die da den Fußballer Kevin Kampl vom RB Leipzig angetrieben haben, das Markenprodukt seines Arbeitgebers in den ehrwürdigen DFB-Pokal hineinzuschütten? Social-Media-Mitarbeitern seines Vereins lichteten ihn ab, als er die Dose mit klebrigem Energydrink über die Trophäe neigte, und sorgten so für einen Sturm der Entrüstung bei den traditionellen Fußballfans. Sächsische Standhaftigkeit und österreichischer Unternehmergeist hätten „den Sieg über die politische ‚Korrektheit‘ davongetragen, so feierte Tino Chrupalla den Leipziger Pokalsieg über Freiburg. Um Missverständnissen vorzubeugen: der 47-Jährige wird nicht von RB, sondern von der AfD bezahlt.
Seine Parteinahme für RB folgt durchaus einer gewissen Logik, finanziert doch der österreichische Milliardär Dietrich Mateschitz auch den österreichischen rechspopulistischen Sender Servus TV, der überall Opfer von „politischer Korrektheit“ ausfindig macht. Die Macher von RB Leipzig sehen sich seit geraumer Zeit schon in einer Opferrolle. Geschäftsführer Oliver Mintzlaff erklärte am Sonntag auch im Triumphgefühl noch trotzig: „Wer immer noch nicht kapiert hat, dass wir eine Bereicherung für Fußball-Deutschland sind, dem ist nicht mehr zu helfen – und dem wollen wir gar nicht mehr helfen.“
Derweil bereichert sich der Konzernverein weiter ungeniert mit Fußballern und aggressivem Marketing. Dank der Aktion von Kevin Kampl und ihre Verbreitung durch den Klub haben das jetzt auch fast alle verstanden. Den anderen ist sowieso nicht mehr zu helfen.
In Leipzig setzen die Produktstrategen auf den Prozess der Gewöhnung. Die Wellen der Empörung, so ist man sich sicher, werden irgendwann abebben. Irgendwann sollen solche noch provokativ anmutenden Akte der Vereinnahmung des Fußballs für Konzerninteressen, wie sie Kampl vornahm, als normal empfunden werden. Es geht um eine schrittweise Verschiebung der Grenzen.
Diese Sehnsucht nach Normalisierung verbindet Rasenballsport Leipzig übrigens ebenfalls mit der AfD, die im letzten Bundestag mit der Parole „Deutschland, aber normal“ um Wählerstimmen warb. „RB Leipzig, aber normal“, das wäre auch ein Programm, das die 20 eingetragenen Mitglieder des Vereins sicherlich einstimmig verabschieden würden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“