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Cum-Ex-GeschäfteKein Verdacht gegen Scholz

Die Generalstaatsanwaltschaft weist eine Beschwerde gegen Olaf Scholz im Zusammenhang mit den Cum-Ex-Geschäften zurück. Er habe sich nicht strafbar gemacht.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) musste sich wegen Cum-Ex äußern Foto: Kay Nietfeld

Berlin/Hamburg dpa | In der sogenannten Cum-Ex-Affäre hat die Generalstaatsanwaltschaft Hamburg eine Beschwerde gegen die Nichteinleitung von Ermittlungen gegen Bürgermeister Peter Tschentscher und seinen Vorgänger, Bundeskanzler Olaf Scholz (beide SPD), abgewiesen. Dies bestätigte eine Behördensprecherin der Deutschen Presse-Agentur, nachdem der Tagesspiegel dies berichtet hatte. Ein entsprechender Bescheid sei am 10. August ergangen.

Die Generalstaatsanwaltschaft habe die von Rechtsanwalt Gerhard Strate im Februar gestellte Strafanzeige wegen des Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung gegen Scholz, seinen damaligen Finanzsenator Tschentscher und weitere Beteiligte als unbegründet zurückgewiesen. Sie habe damit die Sichtweise der Staatsanwaltschaft Hamburg bestätigt.

Die Sprecherin erläuterte, die Staatsanwaltschaft habe im März erneut davon abgesehen, Ermittlungen gegen Scholz und Tschentscher aufzunehmen, weil sie weiterhin einen strafprozessualen Anfangsverdacht verneint habe. Aus der Strafanzeige hätten sich keine Erkenntnisse ergeben, die Anlass geboten hätten, von der früheren Entscheidung gegen die Aufnahme von Ermittlungen abzuweichen. Diese frühere Entscheidung sei auch durch Beschwerdeentscheidung der Generalstaatsanwaltschaft vom 29. November 2021 bestätigt gewesen.

„Seinerzeit wurde festgestellt, dass sich Hamburger Finanzbeamte – und somit auch ihre Vorgesetzten – nicht strafbar gemacht hatten, als sie es in Ausübung ihres Ermessens unterließen, für das Jahr 2009 angerechnete Kapitalertragssteuer in Höhe von 47 Millionen Euro aus Cum-Ex-Geschäften von der Warburg Bank AG zurückzufordern.“ In Ihrer Entscheidung vom 14. März 2022 erkannte die Staatsanwaltschaft auch keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für Falschangaben von Scholz im Cum-Ex-Untersuchungsausschuss.

Scholz hatte erst kürzlich in der Steueraffäre um die Hamburger Warburg Bank weiterhin jede Verantwortung zurückgewiesen. „Es gibt keine Erkenntnisse darüber, dass es eine politische Beeinflussung gegeben hat“, sagte er am vorigen Donnerstag in Berlin. „Ich bin sicher, dass diese Erkenntnis nicht mehr geändert werden wird.“

Nach Treffen des damaligen Bürgermeisters Scholz mit den Bank-Gesellschaftern Christian Olearius und Max Warburg 2016 und 2017 hatte die Hamburger Finanzverwaltung eine hohe Millionen-Steuerrückforderung gegen die Bank zunächst verjähren lassen. Erst später bemühte sie sich auf Druck des Bundesfinanzministeriums und eines Gerichtsbeschlusses doch um Eintreibung.

In der Sache ermittelt die Kölner Staatsanwaltschaft bereits gegen zwei ehemalige Hamburger SPD-Politiker und eine Finanzbeamtin wegen des Verdachts der Begünstigung von Steuerhinterziehung. Auch ein Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft befasst sich damit.

Unionspolitiker fordern inzwischen von Scholz, der Kölner Staatsanwaltschaft seine privaten E-Mails zur Verfügung zu stellen. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Andrea Lindholz (CSU), sagte der Bild: „Scholz muss jetzt den Ermittlern auch seinen privaten E-Mail-Verkehr offenlegen.“ Diesen in die Ermittlungen einzubeziehen, verlangte auch der Unionssprecher im Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft, Götz Wiese (CDU): „Es müssen sämtliche E-Mails und Chats von Scholz durchgesehen werden.“

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11 Kommentare

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  • Das Ganze ist wie damals 1998, als Kohl als Kanzler abgewählt wurde. Kurz darauf kam des Spendensumpf hoch und Kohl hatte "Erinnerungslücken".

    Mit einem Unterschied:

    Kohl ist mit Erinnerungslücken Kanzler gegangen. Scholz ist Erinnerungslücken Kanzler geworden.

  • Die Staatsanwaltschaften in Deutschland sind weisungsgebundene Behörden. Die sind Weisungsabhängig vom Justizminister.



    Mehr braucht man dazu nicht zu sagen.

  • Wie ist eigentlich der Stand der



    staatsanwaltliche Ermittlungen



    wegen Betruges/Untreue gegen



    Den ehemaligen Grünen-Politiker



    Osterburg u.ehemaligen Lebensgefährten



    der jetzigen grünen Justizsenatorin,



    die seit ca. 2 Jahren laufen.



    Die Hamburger Justiz scheint sehr



    großzügig in der Strafermittlung,



    wenn es gegen die eigenen



    Politikverantwortlichen geht.

  • 4G
    44733 (Profil gelöscht)

    Als Bundespräsident hatte es Wulff schwerer als jetzt Kanzler Scholz und konnte nicht im Amt bleiben. Letztendlich bekam Wulff sogar Schadenersatz nach seinem Freispruch. Und Scholz?

  • Einschätzung Fabio De Masi's:



    "Fabio De Masi 🦩

    Faktisch beruft sich die Hamburger Generalstaatsanwaltschaft 2022 (!) in ihrer Beurteilung der Rechtslage 2016 immer noch auf Gutachten aus dem Stall eines mutmasslichen Milliarden Betrügers und widerspricht dem BGH der klar festgestellt hat - Cum Ex war schon IMMER kriminell!"



    twitter.com/FabioD...wWhICwleun1aMrAAAA

  • Aus der Strafanzeige hätten sich keine Erkenntnisse ... ergeben"

    Aus der Strafanzeige, ja ?

    Jetzt müssen alle juristischen Wege ausgeschöpft werden.



    Denn die Staatsanwaltschaft hat das zu ermitteln.



    Und dass hier ein begründeter Anfangsverdacht besteht kann niemand bezweifeln.

    Aber man muss immer daran denken: Die Staatsanwaltschaften sind weisungsgebunden. Das Innenministerium ist weisungsbefugt.



    Und so wird ein Schuh d'raus.

  • Ja sag bloss...... Auch hier gilt: ZUSAMMENHALTEN

  • Der Hamburger Filz schließt die Juristerei mit ein. Was nicht sein darf, aber trotzdem immer wieder und von Neuem bestätigt wird, wird einfach ignoriert und eingemottet. Zum Glück ist es mit dem Einfluß dieser Sozi-Clique bald vorbei. Noch einmal kommen sie nicht an die Macht, das wissen sie, zum Glück für Lindner, eine Schande für Gewählte mit grünem Ticket!

  • Staatsanwaltschaft Hamburg demnächst: "2+2=22, nicht 4."

  • 6G
    655170 (Profil gelöscht)

    Was sagt die Generalstaatsanwaltscchaft?:



    „Seinerzeit wurde festgestellt, dass sich Hamburger Finanzbeamte – und somit auch ihre Vorgesetzten – nicht strafbar gemacht hatten, als sie es in Ausübung ihres Ermessens unterließen, für das Jahr 2009 angerechnete Kapitalertragssteuer in Höhe von 47 Millionen Euro aus Cum-Ex-Geschäften von der Warburg Bank AG zurückzufordern.“



    Gut.



    Da stellt sich - jenseits jeder strafrechltichen Bewertung - die Frage: Wer hat in Hamburg die Befugnis, das Ergebnis eines "Ermessens" in der Finanzverwaltung durchzuwinken, das einer Privatbank 47 Millionen bringt und die dem Staat entzieht?



    Ein Finanzinspektor?



    Ein Amtmann?



    Ein Finanzdirektor?



    Ich hoffe doch nicht!



    Also ist es der Finanzsenator o.ä.



    Und als Regierender hat sich Scholz doch hoffentlich mindestens eine Informationspflicht in einem derart politisch brisanten Fall vorbehalten.



    Hat er's und hat er die 47 Mio. mit durchgewunken, dann ist das mehr als ein Fleck (ein großer Fleck) auf seiner Weste.



    Hat er sich die entsprechende Information nicht vorbehalten, dann auch.



    Und mit ihm Tschenscher.

    • @655170 (Profil gelöscht):

      "... nicht strafbar... Ausübung ihres Ermessens".



      Das ist absolut korrekt.

      Aber was Korruption [also Vorteilsnahme] angeht hat die StA natürlich gar nicht erst hingesehen.

      Und Vorteilsnahme wird ja schon lange nichtmehr als Briefumschlag mit Bargeld gewährt.



      Sondern gerne mal ganz offiziell als Beratungshonorar - allerdings ganz ohne Gegenleistung [oder maximal ein paar Seiten Schulaufsatz vorzugsweise aus dem Internet :-) ]