Covid-Impfstoff aus Kuba: Havanna wartet auf die WHO
Kuba setzt Impfstoffe aus eigener Produktion ein. Die funktionieren, wie die Infektionszahlen zeigen. Doch die WHO hat die Vakzine nicht registriert.
Denn in Kuba herrscht derzeit Unruhe. Die für die Vakzinproduktion Verantwortlichen sowie die Regierung warten händeringend auf Nachricht von der Weltgesundheitsbehörde (WHO). Dort wurde schon Mitte September das Verfahren eingeleitet, um die drei kubanischen Impfstoffe von der WHO registrieren zu lassen.
Doch das dauert und sorgt in Havanna für Nervosität. So mutmaßt die offizielle Nachrichtenagentur Prensa Latina, der Prozess würde sich wegen des US-Einflusses innerhalb der WHO so lange hinziehen – ein heftiger Vorwurf, der angesichts der guten Beziehungen zwischen WHO und den kubanischen Gesundheitsinstitutionen schwer nachzuvollziehen ist.
Seit vielen Jahren arbeitetet die WHO eng mit kubanischen Spezialisten, aber auch mit medizinischen Brigaden wie der Henry-Reeve-Brigade zusammen, die im Auftrag der WHO dort helfen, wo sonst niemand hinwill. Solche waren beispielsweise in Westafrika bei der Bekämpfung der Ebola-Epidemie im Einsatz und in Haiti im Rahmen der Nothilfe nach Naturkatastrophen wie Hurrikans.
Vor dem Staatsbankrott
Doch in Kuba sind die Verantwortlichen derzeit dünnhäutig, vor allem mit Blick auf die USA. Das auf ein historisches Maximum verschärfte Handelsembargo, das US-Präsident Joe Biden anders als angekündigt nie gelockert hat, macht der Insel zu schaffen. Kuba laviert seit Monaten am Rande des Bankrotts, Devisen fehlen selbst, um ausreichend Lebensmittel zu importieren.
Die internationale Registrierung der drei Impfstoffe aber würde Geld in die Kasse spülen. Denn dann könnten die Vakzine mit einer Wirksamkeit von 90 Prozent nicht nur an befreundete Regierungen verkauft werden, sondern weltweit Abnehmer finden. Auch an internationale Organisationen wie die Impfstoff-Plattform Covax oder Unicef, das UN-Kinderhilfswerk, könnte dann geliefert werden.
Grund für die Verzögerungen bei der WHO-Anerkennung ist laut Eduardo Martínez Díaz, Präsident der staatlichen BioCubaFarm, dass Kuba in der Freihandelszone von Puerto Mariel eine neue Produktionsanlage für Impfstoff erstellt, um die Produktion zu konzentrieren. Bisher waren die Vakzine dezentral in Havanna produziert worden. Aufgrund der Umstellung hätten die Verantwortlichen nicht alle Unterlagen bei der WHO einreichen können. Diese sollen nun nachgeliefert werden, so dass mit der Registrierung der Vakzine in den nächsten Wochen zu rechnen ist.
Bis dahin wird es auch erste Einschätzungen geben, ob die kubanischen Impfstoffe auch gegen Omikron wirken. In den Laboren im Westen der Hauptstadt wird weitergeforscht, um die drei proteinbasierten Vakzine anzupassen. Diese müssen im Gegensatz zu den mRNA-Präparaten von Biontech/Pfizer und Moderna nicht bei extrem niedrigen Temperaturen aufbewahrt werden.
Die Mutante ist mittlerweile auch in Kuba angekommen, weshalb die Einreisebestimmungen verschärft wurden: Vollständiger Impfschutz und ein PCR-Test sind seit Jahresbeginn verpflichtend. Parallel dazu werden auch in Kuba Impfungen mit einer dritten Dosis aufgefrischt. Dabei liegt die Impfquote mit 86,5 Prozent bereits deutlich höher als in Deutschland. Das könnte ein Grund sein, weshalb die Zahl der Infektionen bislang geringer ist: Am Samstag wurden 1.946 Ansteckungen bei 11,2 Millionen Einwohnern registriert. Die Zahlen werden als weiteres Indiz für die Wirksamkeit der kubanischen Impfstoffe gesehen.
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