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Covid-Bekämpfung in ChinaHongkongs späte Öffnung

Nach zweieinhalb Jahren lockert die Metropole ihre Einreisebestimmungen. Doch Singapur hat Hongkong als Finanzstandort bereits überholt.

John Lee bei der „Together We Prosper“ Parade Foto: reuters

Peking taz | Nach zweieinhalb Jahren beendet Hongkong die Quarantänepflicht für Einreisende aus dem Ausland. Ab kommenden Montag müssen diese nach Ankunft lediglich einen PCR-Test machen und ihren Gesundheitszustand für die nächsten drei Tage beobachten. Erst ab dem vierten Tag dürfe sie sich vollständig frei bewegen – und etwa Restaurants oder Bars besuchen.

Doch die aktuellen Einschränkungen wirken geradezu paradiesisch, verglichen mit den zuvor geltenden Maßnahmen. Zu Spitzenzeiten mussten sich schließlich sämtliche Einreisende nach Hongkong 21 Tage in einem Hotelzimmer isolieren – und für die Kosten selber aufkommen. Die strikten Covid-Regeln haben Hongkong ganz besonders getroffen, da sie auch die Identität der Metropole nachhaltig veränderten: Die einst internationalste Stadt Asiens wurde schlussendlich zu einer Null-Covid-Bastion, die immer tiefer in Isolation versank.

Die Nerven innerhalb der Hongkonger Regierung lagen bereits seit Monaten blank. Im Wochentakt hatten internationale Unternehmen ihre regionalen Zentralen abgezogen, Fluglinien ihre Routen gestrichen und langjährige Expats das Handtuch geworfen. Als dieses Jahr erneut etliche internationale Messen ihre Termine für Hongkong absagten, dämmerte den Regierungsbeamten, dass sie etwas unternehmen mussten.

Doch der Druck auf Hongkongs Regierung stieg nicht nur vonseiten internationaler Wirtschaftsvertreter. Auch die Zentralregierung in Peking forderte, dass sich die Sonderverwaltungszone der Null-Covid-Politik beugen solle. Das wurde auch von der ehemaligen Regierungschefin Carrie Lam begrüßt – und als Erfolg proklamiert: Zunächst, so hieß es, wolle man die Grenzöffnung zu Festlandchina forcieren. Doch realisiert wurde der Plan bis heute nicht: Nach wie vor müssen Einreisende von Hongkong nach China in zentralisierte Quarantäne. Dies wird wohl auch auf absehbare Zeit so bleiben.

Rankingverlust ist Folge von Covid-Restriktionen

In Festlandchina herrscht weiterhin eine strikte Nulltoleranzstrategie. Weiterhin werden ganze Stadtviertel aufgrund einzelner Corona-Infektionen abgeriegelt und die Bevölkerung sämtlicher Metropolen alle paar Tage durchgetestet. Die Quarantänedauer wurde mittlerweile immerhin von drei Wochen auf eine reduziert.

Die Folgen für Hongkong sind massiv. Wie der am Freitag publizierte „Global Financial Centres Index“ ergab, hat Singapur unlängst Hongkong als führendes Finanzzentrum Asiens überholt – an global dritter Stelle nach New York und London. Allein in diesem Jahr werden vier Millionen internationale Besucher in dem südasiatischen Stadtstaat erwartet.

Dass Hongkong mittlerweile nur mehr auf Platz vier rangiert, hat fast ausschließlich mit den Covid-Restriktionen zu tun: Diese haben unter anderem dazu geführt, dass internationale Führungskräfte in Scharen aus Hongkong abgewandert und Nachwuchskräfte ferngeblieben sind. Trotz satter Löhne und komfortabler Expat-Annehmlichkeiten fanden sich immer weniger Universitätsabgänger, die in die Finanzmetropole ziehen wollten.

Der Imageverlust der einstigen „World City“, wie sich Hongkongs Behörden selbst betitelten, wird wohl nicht über Nacht wieder auszugleichen sein. Denn wenn Firmen ihre Belegschaft erst einmal reduziert oder gar ganze Zentralen abgezogen haben, ist dies eine langfristig getroffene Entscheidung, die nicht ohne Weiteres rückgängig zu machen ist.

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1 Kommentar

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  • In Australien oder Neuseeland gab es während der No-Covid-Phase keinen Wegzug, vielmehr mussten sie Zuzugsbeschränkungen einführen und genossen ein von Einschränkungen freies Leben im Inland, im Gegensatz zu den weitreichenden Einschränkungen bei uns in Europa in 2020/2021. In Singapur war es eine Zeitlang ähnlich.

    Wenn Hong Kong unattraktiv wurde, dann wohl auch deshalb, weil die chinesische Regierung es nicht zustande gebracht hat, mit No-Covid eine Öffnung zwischen Hong Kong und dem Rest Chinas zu erreichen, und es auch nicht schaffte, mit konsequenter No-Covid-Politik die meisten Einschränkungen aufzuheben.

    Eine Finanzmetropole braucht aber nun mal den Austausch, wenn schon nicht mit dem Rest der Welt, dann doch wenigstens mit dem (Finanz) Markt China.

    Zweiter Grund sind die allgemeinen Repressionen. Vermutlich verliert man auch das Vertrauen in die Unabhängigkeit der Justiz in Hong Kong.