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Coronavirus in ItalienHamsterkäufe und Heimarbeit

Italien meldet inzwischen sieben Corona-Tote und mehr als 220 Infizierte. Das Leben im Norden steht still, Menschen kaufen die Supermärkte leer.

Mundschutzmasken in Mailand Foto: Luca Bruno/dpa

ROM taz | Italien hat am Montag über 220 Covid-19-Infektionen gezählt, die Zahl der Toten stieg auf sieben an. Damit liegt das Land nunmehr an dritter Stelle hinter China und Südkorea. Vor allem die Nordregionen reagierten mit einer drastischen Einschränkung des öffentlichen Lebens.

Weiterhin ist die rote Zone, in der Wuhan-ähnliche Vorkehrungen getroffen wurden, auf zehn Gemeinden rund um das Städtchen Codogno in der Lombardei mit 50.000 Einwohnern sowie auf die Gemeinde Vo’ Euganeo im Veneto mit 3.000 Einwohnern beschränkt. Doch alle Nordregionen von Ligurien über den Piemont, die Lombardei, Trentin-Südtirol, das Veneto, Friaul-Julisch Venetien zur Emilia Romagna mit insgesamt 30 Millionen Einwohnern wurden de facto zur gelben Zone.

Die Lehrtätigkeit an Universitäten sowie an Kitas und Schulen ist unterbrochen, die Priester feiern keine Messen mehr, alle öffentlichen Veranstaltungen sind abgesagt. Der Karneval im Norden, angefangen von Venedig, endete schon am Sonntag statt am Dienstag. Sämtliche Sportveranstaltungen fallen aus. Die in den nächsten Tagen anstehenden Spiele der ersten Fußballliga sollen womöglich vor leeren Rängen ausgetragen werden. Auch die Gerichte wollen auf Publikum bei den Verhandlungen verzichten.

Museen, Kirchen, Kinos und Theater sind geschlossen. In der Lombardei verfügte die Region, dass alle Bars, Kneipen, Nachtlokale von 18 Uhr bis 6 Uhr schließen müssen, nur die Restaurants bleiben vorerst offen. Und die Stadt Sesto San Giovanni unweit von Mailand will auch die Shoppingmalls am nächsten Wochenende zusperren. Nur die dort befindlichen Supermärkte sollen öffnen.

Leere Züge, leergekaufte Supermärkte

Und viele Firmen zum Beispiel in Mailand forderten ihre Beschäftigten zum Heimarbeit auf. Geschäftsreisen oder Meetings werden gecancelt, bei der Allianz dürfen die Angestellten nur noch mit den Kolleg*innen auf ihrem Stockwerk konferieren. Die Folgen waren am Montagmorgen zu besichtigen. Busse und U-Bahnen fuhren fast leer durch die Stadt, ungewöhnlich leer waren auch die Vorortzüge genauso wie die Hochgeschwindigkeitszüge aus Turin oder Bologna.

In der Nähe von Lyon in Frankreich wurde ein aus Italien kommender Flixbus angehalten, weil der Fahrer hustete

Übervoll waren dagegen am Sonntag die Supermärkte gewesen. Tausende Menschen deckten sich mit Vorräten ein und am Abend waren die Regale oft genug leer gekauft.

Während Matteo Salvini von der rechtspopulistischen Lega weiter die Schließung der Grenzen fordert, droht nun die Abschottung des Restes Italiens und anderer Länder gegen die Nordregionen des Landes. So wollten die Bürgermeister der sechs Kommunen auf Ischia Urlaubern aus der Lombardei und dem Veneto den Aufenthalt auf der Insel verbieten, scheiterten damit aber an einem Veto des Präfekten.

Dagegen erließ die süditalienische Region Basilicata eine Verordnung, wonach Bürger*innen aus den beiden norditalienischen Krisenregionen, die sich in die Basilicata begeben, zu einer zweiwöchigen Quarantäne verpflichtet werden sollen.

Mauritius ließ 40 Passagiere eines Alitalia-Flugs, die aus der Lombardei und dem Veneto stammen, nicht von Bord. Sie mussten die sofortige Heimreise antreten. In der Nähe von Lyon in Frankreich wurde ein aus Italien kommender Flixbus angehalten, weil der Fahrer hustete. Er wurde zur Kontrolle ins Krankenhaus gebracht.

Dennoch heißt es vom italienischen Zivilschutz, es bestehe kein Grund zur Panik, Touristen sollten sich von Reisen ins Land nicht abhalten lassen.

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7 Kommentare

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  • Übrigens, meine Prepper-Empfehlung des Tages: Couscous und Ölsardinen. Weil Couscous (gedämpfter und wieder getrockneter Weizengries) kann man, anders als Reis und Nudeln (oder, Vorsicht beim Einkauf: Bulgur!) auch mit kaltem Wasser quellen und dann essen. Und Ölsardinen oder andere Fischkonserven halten sich ewig, sind kompakt und enthalten Eiweiß und Öl und alle Vitamine und essentiellen Fettsäuren, die man so braucht, für eine Weile. Zusammen kurz mit heißem oder länger mit kaltem Wasser aufgesetzt ist das sogar recht lecker. Solange es noch Strom und Gas gibt, ist Reis auch OK (danach kann man ihn aber nur noch werfen, genauso wie Nudeln).

    Außerdem Klopapier, jede Menge Müllbeutel (sind multipel nützlich, auch für den großen Toilettengang wenn kein Wasser mehr da sein sollte und halten sich auch ewig, wenn es nicht so schlimm kommen sollte, was ich schwer hoffe), Flüssigseife zum Händewaschen und jede Menge hochprozentigen Alkohol zum Trinken oder Tauschen gegen alles, an das man gerade nicht gedacht hat. Zahnpaste ist auch wichtig.

    Genug von all dem für 14 Tage passt in einen recht kleinen Pappkarton im Küchenschrank. Wasser ist optional, das wird eine gute Weile noch aus dem Hahn kommen und wenn man das frühzeitig in Wannen, Eimer, Kanister und Flaschen füllt (Leergut nicht ohne Not wegbringen!), ist man auf der sicheren Seite. Desinfektionstabletten gibt es übrigens im Outdoor-Store.

    Mehr braucht man nicht, wer sich für mehr als zwei Wochen versorgen will, wird einfach als letzter verhungern oder als erster ausgeraubt. Aber wer nach drei Tagen schon hungert, der hat dann womöglich ein hässliches Problem und ist unter Druck, den er sich sonst sparen könnte.

    Ach ja, Instant-Ramen vom Asiaten um die Ecke ist auch gut. Mit zwei oder drei davon pro Tag kommt man eine Weile aus, auch wenn sie einem sehr schnell zum Hals raushängen. Ein kleiner Karton davon ist der beruhigende Ausweg für die Faulen. Viel besser als gar nix.

  • Das hört sich alles sehr verrückt und übertrieben an.

    • @dumbid:

      Nö, solche Maßnahmen wären europaweit schon vor drei Wochen nötig gewesen, ohne Rücksicht auf Verluste, dann hätten wir noch eine Chance gehabt, das in den Griff zu kriegen. Jetzt ist es zu spät.

      Ab heute wird bei den wöchentlich von Hausärzten stichprobenartig eingeschickten Nasalabstrichen bei Grippeverdacht auch auf den chinesischen Schnupfen getestet. Ich tippe auf mehrere hundert bisher unerkannte Infizierte in einer Woche in Deutschland und den ersten Toten noch in dieser Woche (wahrscheinlich in Berlin oder Rhein-Ruhr).

      Wenn nicht, werde ich hier mit Begeisterung Asche auf mein Haupt streuen. Es ist zum Kotzen.

      • @Mustardman:

        Bei heise.de fand ich dazu:



        Nach seiner Darstellung habe Frankreich 100 Krankenhäuser, die für die Aufnahme von Patienten mit dem Corona-Virus vorbereitet sind und 30 Labors, die mehr als 1.000 Tests am Tag durchführen können.

        Das ist ein guter Anfang, aber bei einer nationalen Epidemie könnte das knapp werden.

      • @Mustardman:

        Weißt Du, wann und wo diese Ergebnisse veröffentlicht werden?



        Und gibt es überhaupt Schnelltests dafür und wieviele davon sind vorrätig?

        • @Zeit und Raum:

          Ach, Schnelltests: Es gibt keine Schnelltests für diesen Virus. Es gibt Testkits für Probeentnahmen (Nasen- oder Rachenabstriche), die dann in Labors eingeschickt werden und dort mit großem Aufwand getestet werden. Das sind "Real-time reverse-transcription polymerase chain reaction" Tests (rRT-PCR), die die Virus RNA so lange vervielfältigen, bis sie festgestellt werden können. Das dauert pro Test rund eineinhalb Stunden mit sündhaft teuren Geräten. Vielleicht geht das inzwischen etwas schneller, aber das sind keine einfachen Teststreifen oder so, das sind immer noch extrem aufwendige Labortests mit sehr begrenzten Kapazitäten. Ich würde mich wundern, wenn ein Labor mehr als ein paar hundert pro Tag schafft.

          Flächendeckende Schnelltests vor Ort sind schlicht nicht möglich. Deshalb hat China ja angefangen, das anhand von Lungen-CTs zu bestimmen, das ergibt nämlich bei der typischen viralen Lungenentzündung in schwereren Fällen ein schnelleres und billigeres Ergebnis. Bei leichteren Verläufen (wie bei vielen jungen und gesunden Leuten) sieht man da aber oft auch nichts, obwohl diese Leute trotzdem ansteckend sind.

          Das ist echt ein fieses Virus und obwohl ich mir sicher bin, dass man da in ein paar Monaten viel weiter sein wird, werden das unter Umständen sehr häßliche Monate werden. Wer selber in irgendeiner Weise gefährdet ist (nicht mehr ganz jung oder Vorerkrankungen oder einfach starker Raucher oder so), der sollte besser versuchen, das Ding erst gar nicht abzukriegen. Und es ist ansteckender als die Grippe oder eine klassische Erkältung, ein wenig Mühe muss man sich da schon geben, wenn das erstmal irgendwo frei herumläuft.