Coronavirus bei Wildtieren: Dänemark tötet Millionen Nerze
Nerze gelten als Quelle mutierter Coronaviren, gegen die Impfstoffe nicht wirken werden. Nun geht die dänische Regierung dagegen vor.
Erste Corona-Infektionen bei Zuchtnerzen waren schon Mitte Juni in Nordjütland festgestellt worden. Offenbar sind Nerze besonders empfänglich für das Virus, das sich in den Käfigbatterien auch schnell ausbreitet. Über 150 Angestellte von Zuchtbetrieben wurden angesteckt und eine Nerzversion des Virus wurde auch in einem Altenpflegeheim entdeckt, in dem mehrere BewohnerInnen starben.
Die sozialdemokratische Regierung hatte seinerzeit resolut reagiert und die Tötung der Bestände in den betroffenen Nerzfarmen angeordnet. Auf Empfehlung von Veterinären, die vor Panik warnten, änderte man aber die Bestimmungen danach wieder und hoffte eine weitere Ausbreitung allein mit speziellen Schutzmaßnahmen für die Betriebe und deren Beschäftigte verhindern zu können.
Das erwies sich als Irrtum. Das Virus verbreitete sich mit großer Geschwindigkeit von Farm zu Farm. Am Dienstag vergangener Woche waren 75 Betriebe betroffen, drei Tage später 101. Nach letzten Schätzungen könnten es etwa 250 der insgesamt rund 1.100 Nerzfarmen werden, bis man mit der zeitraubenden Tötungsaktion nachkommt, bei der die jeweils 10.000 bis 20.000 Tiere eines Betriebs in fahrbaren Spezialboxen mit Kohlendioxid vergast werden. Der Staat entschädigt die Zuchtbetriebe für den Verlust.
Die Zeit drängt
Virologen drängen zur Eile. Unter den Mutationen aus den Nerzkäfigen, die man schon gefunden habe, seien zwei Varianten besonders gefährlich, weil die derzeit entwickelten Impfstoffe gegen diese nicht wirken würden. Das staatliche „Serum-Institut“ spricht von einer „potenziellen Gefahr für die Volksgesundheit“.
Mehrere linke Parlamentsparteien fordern nun gleich Nägel mit Köpfen zu machen und die sowieso umstrittene Nerzzucht endlich ganz zu verbieten. Peder Hvelplund, gesundheitspolitischer Sprecher der „Einheitsliste“: „Wir riskieren mit diesen Nerzmutationen einen resistenten Coronastamm zu bekommen. Das wäre eine Katastrophe.“
Die Sozialdemokraten und die oppositionelle Venstre, die zusammen eine Parlamentsmehrheit haben, lehnen ein Verbot aber ab. Jedenfalls noch. Landwirtschaftsminister Mogens Jensen versprach den Nerzzüchtern in ihrem Branchenblatt, dass sie „ihre Ware auch weiterhin auf dem internationalen Markt absetzen können“.
Mit jährlich rund 17 Millionen Nerzfellen gilt Dänemark als weltweit größter Produzent. Die Branche beschäftigt circa 6.000 Menschen. 2019 standen die Felle für knapp 4 Prozent der landwirtschaftlichen Exporte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
Verfassungsklage von ARD und ZDF
Karlsruhe muss die unbeliebte Entscheidung treffen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
CDU-Politiker Marco Wanderwitz
Schmerzhafter Abgang eines Standhaften