Corona und Gürtelrose: Schmerzhafte Nebenwirkung?
Gibt es einen Zusammenhang zwischen Gürtelrose und Corona – oder den Corona-Impfungen? Mediziner:innen beziehen Stellung.
Ist man erst einmal mit einem der acht verschiedenen Herpesviren infiziert, bleibt das Virus ein Leben lang im Körper. Neben dem Virus, der Lippenherpes auslöst, gibt es Herpesviren, die Windpocken und Gürtelrose bewirken. Das klingt dramatischer, als es zunächst ist. Denn die Krankheiten brechen nicht in jedem Fall aus, ein gesundes Immunsystem kann das Virus über Jahre hinweg in Schach halten.
Das ändert sich mit zunehmendem Alter, wenn das Immunsystem schwächer wird. Dann befällt das Virus unter Umständen nicht nur die Lippe, sondern andere Körperteile, und das großflächig. Dann spricht man von einer Gürtelrose, in der Fachsprache Herpes Zoster. Und die ist nicht nur gefährlich, sondern vor allem sehr schmerzhaft.
Jedes Jahr treten in Deutschland laut Robert-Koch-Institut mehr als 300.000 Gürtelrosen auf, am häufigsten bei älteren Menschen. Daher können sich Menschen ab 60 gegen Gürtelrose impfen lassen. In den vergangenen Monaten indes häuften sich Fälle von Gürtelrosen, auch bei jüngeren Menschen – und es stand die Frage im Raum, ob es hier einen Zusammenhang mit Corona geben könnte.
Bei Geimpften verdoppelt
So berichteten Medizinjournale wie das Journal of the European Academy of Dermatology and Venereology und das New England Journal of Medicine über gehäufte Herpes Zoster-Erkrankungen nach einer Corona-Impfung, insbesondere bei Menschen, die längst nicht im gefährlichen Gürtelrose-Alter sind.
Der Biologe und Medizinjournalist Thomas Müller schreibt auf der Website der Springer-Medizinredaktion, „dass geimpfte Personen ein erhöhtes Risiko für Herpes Zoster haben“, wie eine Datenanalyse zeige. Dafür hätten Wissenschaftler:innen Daten von mehr als 1 Millionen Menschen ausgewertet, die zum Zeitpunkt der Studie mindestens eine Covid-Impfung bekommen haben. Danach hätte sich die Gürtelroserate bei Geimpften innerhalb von zwei Monaten im Vergleich zu den Ungeimpften verdoppelt.
Schwaches Immunsystem
Die Mediziner:innen wiesen allerdings darauf hin, dass die Inzidenz mit insgesamt 0,2 Prozent sehr niedrig sei und in keinem Verhältnis zum Nutzen einer Impfung stehe. Die Ärzt:innen betonten ebenso, dass nicht die Impfung in jedem Fall ausschlaggebend für eine Gürtelrose sein muss, ebenso gut könnten andere Infektionen das Herpes-Virus aktivieren. Schließlich gaben auch Studien der University of California sowie das deutsche Paul-Ehrlich-Institut Entwarnung: Es gebe keine Anzeichen dafür, dass eine Corona-Impfung verstärkt Gürtelrosen auslöse.
Allerdings zeigt eine breit angelegte Studie in den USA, dass das Risiko für eine Herpes-Zoster-Erkrankung nach einer Covid-Infektion um 15 Prozent steige, insbesondere in den ersten sechs Monaten nach der Diagnose. Bei vielen Fällen zeigte sich die Gürtelrose jedoch schon eine Woche nach der Corona-Diagnose. Aber auch hier führten die Ärzt:innen dies auf das geschwächte Immunsystem zurück.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe