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Corona-Schutz an Hamburgs SchulenSchulsenator stellt auf Durchzug

In den ersten acht Wochen des Schuljahrs gab es 355 Infizierte an Hamburger Schulen. Nun sollen die Schulen alle 20 Minuten die Fenster öffnen.

Sollen nach den Herbstferien alle 20 Minuten offen stehen, ob's stürmt oder schneit: Schulfenster Foto: Christoph Schmidt/dpa

Hamburg taz | An Hamburgs Schulen soll nach den Herbstferien jede Klasse alle 20 Minuten die Fenster öffnen­ und Durchzug erzeugen. Diese Konsequenz kündigte Schulsenator Ties Rabe (SPD) am Dienstag im Rathaus an, als er Bilanz nach acht Wochen Schulbetrieb unter Coronabedingungen zog. Außerdem darf es bis Weihnachten weiterhin keine Klassenreisen geben.

Corona macht vor den Schulen nicht halt, das zeigten Rabes Zahlen: Seit dem 4. August waren 303 Schüler und 52 Beschäftigte mit dem Covid-19 infiziert. Da viele wieder genesen sind, gelten aktuell 122 Schüler und 24 Mitarbeiter als erkrankt. Bei den meisten Fällen verlief die Krankheit laut Rabe „sehr milde, oft symptomfrei“. Größere gesundheitliche Probleme der Betroffenen seien „nicht bekannt“.

Derzeit sei davon auszugehen, dass sich 80 bis 90 Prozent von ihnen außerhalb der Schule angesteckt hätten, etwa im Urlaub oder auf Feiern. Nur bei den Stadtteilschulen Heinrich-Hertz, Winterhude und möglicher Weise auch der Julius-Leber-Schule in Schnelsen hätten sich Schüler und Beschäftigte auch innerhalb der Schule infiziert, so Rabe. „Die Infektionswege werden noch erforscht.“

Doch für Rabe zeigen auch diese Zahlen, dass „Schulen nach wie vor ein sicherer Ort sind“, dort komme es „äußerst selten“ zur Ansteckung. Der Senator zeigte sich dennoch besorgt über den Anstieg der Infektionszahlen in Hamburg und anderen Städten. Gerade Schüler ab der 8. Klasse seien in ihrer Freizeit „viel zu sorglos“, nähmen die Regeln nicht ernst.

Linke fordert Lüftungskataster

Den Vorwurf der Sorglosigkeit muss der SPD-Politiker sich allerdings auch selbst anhören. Die Links-Fraktion fordert in einem Antrag, der mit der Elterninitiative „Sichere Bildung in Hamburg“ abgestimmt ist, konsequentere Maßnahmen, um die potentiell virushaltigen Aero­sole aus Innenräumen zu entfernen. So sollten zügig in allen Klassenzimmern CO2-Messgeräte installiert werden, die den Luftverbrauch anzeigen, wie vom Umweltbundesamt bereits 2008 empfohlen. Zudem sollte der Senat ein „Lüftungskataster“ für alle Klassen erstellen, in dem Raumgröße, die Fensterzahl und die Lüftungsmöglichkeiten aufgezeigt werden, um dort, wo nötig, ergänzend mobile Filtergeräte aufzustellen.

Rabe hält diese Schritte für unnötig und beruft sich dabei auf Heinz-Jörn Moriske vom Umweltbundesamt und weitere Experten. Diese hatten kürzlich bei einer Fachkonferenz der Kultusministerkonferenz den Einsatz von Filtergeräten „skeptisch“ bewertet, da deren Wirkung gegen Coronaviren nicht hinreichend erwiesen sei.

Auch CO2-Ampeln seien überflüssig, wenn regelmäßig gut gelüftet werde. Mit dem Vorschlag eines Katasters verband Rabe gar „unglaublichen Bürokratieaufwand“. Die Hausmeister der Schulen hätten längst alle Räume überprüft, und festgestellt, dass sich nur in 68 von rund 13.000 keine Fenster öffnen ließen. Die werde man schlicht nicht mehr nutzen.

Rabe musste sich am Dienstag von CDU und Linken anhören, er sei zu planlos. Sich auf ein fünfminütiges Lüften alle 20 Minuten zu verlassen, ohne Instrumente, die den Luftaustausch überprüfen, sei „in der Pandemie fahrlässig“, kritisiert die Linke Sabine Boeddinghaus. „Schulen könnten sich nach kurzem Lüften leicht in falscher Sicherheit wiegen“, gibt auch Vater Heiko Habbe von „Sichere Bildung für Hamburg“ zu bedenken. Da wäre der Einsatz der „CO2-Ampeln“ ein wertvolles Instrument.

Habbes Initiative fordert seit Wochen, dass es zur Einhaltung der Abstandsregeln vorsorglich kleinere Lerngruppen gibt und die Schüler teils Zuhause lernen. Ein solches „Hybrid-Model“­ ist laut Rabe noch nicht erforderlich. Er kündigte aber an, dass ein pädagogisches Konzept dafür­ Ende der Woche im Netz stehen wird.

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